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Rahmenabkommen mit der EU
Der Bundesrat wappnet sich für einen Sitzkrieg mit Brüssel

«Der Bundesrat ist bereit»: Am Freitag fliegt Bundespräsident Guy Parmelin in die EU-Zentrale, um herauszufinden, ob es noch Hoffnung gibt für das Rahmenabkommen.

Der EU-Poker mutiert zum Krimi. 48 Stunden vor dem Aufeinandertreffen von Bundespräsident Guy Parmelin und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat der Bundesrat sich am Mittwoch ein letztes Mal über sein vertracktestes Dossier gebeugt.

Mit welcher Botschaft reist Guy Parmelin nach Brüssel? Welche Perspektiven gibt es für das bilaterale Verhältnis mit dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz? Was ist vom Gipfel der beiden Präsidenten zu erwarten: ein Verhandlungsabbruch – oder ein Durchbruch?

«Der Bundesrat ist bereit»

Wie immer bei diesem Dossier fanden die Beratungen im Bundesrat unter unüblich hoher Geheimhaltung statt. Wie immer gab sich Bundesratssprecher André Simonazzi anschliessend äusserst zugeknöpft. Nur in einem Punkt wich der Vizekanzler ab von seinem Europa-Standardskript, das er seit Monaten wie ein Mantra wiederholt. «Der Bundesrat ist bereit, falls es das ist, was sie wissen wollen», sagte Simonazzi.

Es wirkte wie eine Selbstvergewisserung: Wenn wir nur selbst ganz fest daran glauben, dann gibt es einen Weg.

Verschiedene Äusserungen von Berner Insidern deuteten am Mittwoch aber darauf hin, dass der Bundesrat noch immer keine klaren Vorstellungen von diesem Weg hat. Die wenigen verfügbaren Informationen aus dem Bundeshaus lassen den Schluss zu, dass Parmelins Besuch in Brüssel eher eine Erkundungsreise sein wird als eine Vollstreckungsmission.

Auf Letzteres hoffen die vielen Kritiker des Abkommens, die den Bundesrat seit Wochen kommunikativ vor sich hertreiben. Der Bundesrat müsse am Freitag in Brüssel «die Übung nun endlich abbrechen», schrieb am Mittwoch die finanzplatznahe «Allianz Kompass Europa» in einem Communiqué: «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.»

Keiner will den entscheidenden Zug machen

Dass Parmelin tatsächlich mit einem solchen Mandat nach Brüssel reist – dafür gab es nach der Bundesratssitzung keinen Hinweis. Im Gegenteil. Es sieht danach aus, als würden sich Bern und Brüssel auf einen Sitzkrieg oder ein Chicken Game einstellen. Eine Phase des Belauerns, in der keine Seite den ersten Zug machen will.

Eine bundesratsnahe Person sagt, der Bundesrat wolle den «Schwarzen Peter» nicht. Der «Schwarze Peter», das ist in dieser Lesart die politische Verantwortung für einen Verhandlungsabbruch. Wenn schon, dann soll Brüssel dem Abkommen den Stecker ziehen.

Doch auch die EU-Kommission wolle das nicht, vermeldet die SRG-Onlineplattform swissinfo.ch am Mittwoch. Unter Berufung auf EU- Diplomaten und «mehrere Dokumente» hiess es dort, die EU sei bereit zu neuen politischen Verhandlungsrunden und zu «wesentlichen Zugeständnissen». Entscheidend sei aber, dass Ursula von der Leyen am Freitag den grundsätzlichen Willen des Bundesrats spüre, das Rahmenabkommen mit einigen Anpassungen zu übernehmen. Falls dies der Fall sei, könne das Treffen vom Freitag den Auftakt bilden zu einer neuen Runde von weiteren Verhandlungen.

Die doppelte Botschaft der EU

Seit Tagen gibt es aus Brüssel Informationslecks wie diese, die über Schweizer Medien den Weg nach Bern finden. Der Tenor dieser Brüsseler Verlautbarungen ist immer der gleiche: Die EU ist kompromissbereit, der Bundesrat weiss nicht, was er will.

Damit sendet die EU eine doppelte Botschaft nach Bern – es ist eine Mischung von Friedensangebot und Schuldzuweisung für den Fall, dass es im bilateralen Verhältnis zur Eskalation kommt. Auch Brüssel will den «Schwarzen Peter» auf keinen Fall.

Somit erscheint es als plausibel, dass Parmelins Besuch in Brüssel keinen Schlusspunkt hinter die unendliche Geschichte des Rahmenabkommens setzt, sondern dass Bern und Brüssel am Freitag nach fünfzehn Monaten Funkstille auf politischer Ebene wieder ins Gespräch kommen. Nicht mehr. Nicht weniger.

Wo neue Verhandlungen hinführen könnten, ist indes noch nicht abzusehen. Der Bundesrat möchte das Rahmenabkommen, das eigentlich seit November 2018 fertig verhandelt ist, in drei Punkten nachbessern. Erstens möchte er das heutige Niveau des Lohnschutzes absichern. Zweitens will der Bundesrat Garantien, dass historisch gewachsene Formen von Staatssubventionen (z.B. Kantonalbanken) nicht vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt werden können. Drittens fürchtet sich der Bundesrat vor einer Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie, welche EU-Ausländern in der Schweiz den Zugang zur Sozialhilfe erleichtern würde.

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