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Meinung

Gastkommentar zur Brüssel-Reise
Das ist ein Affront gegen die Schweiz – und gegen Cassis

Nicht gut genug für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen? Bundesrat Ignazio Cassis.
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Das Endspiel um das Rahmenabkommen hat begonnen. Jeder versucht, die Schuld am Scheitern der Verhandlungen einem andern in die Schuhe zu schieben. Da wird mit harten Bandagen gekämpft. Wie durch ein Wunder landet plötzlich ein vertrauliches Kommissionsprotokoll, das Bundesrat Ignazio Cassis indirekt mit heftigen Schuldzuweisungen eindeckt, bei der SRG. Ein Schelm, wer denkt, die Kommission habe das Dokument bewusst geleakt. Dann erfolgte Cassis’ Ausbootung durch die Bundesratskollegen. Wie im Schwarzpeter-Spiel versucht man, die unliebsame Karte loszuwerden.

Bundesrat Cassis wird nun am Freitag am Spitzengespräch über das Rahmenabkommen in Brüssel nicht teilnehmen. Bis vor kurzem ging der Aussenminister davon aus, dass er als federführender Departementschef mit von der Partie sein wird. Eigentlich wäre das eine Selbstverständlichkeit. Schliesslich hatte er selbst angeregt, die Gespräche in einem letzten Rettungsversuch auf die höchste politische Ebene anzuheben.

Angeblich soll von der Leyen aus protokollarischen Gründen ein Tête-à-Tête mit dem Bundespräsidenten bevorzugen.

Doch der Gesamtbundesrat hat anders entschieden. Bundesratssprecher André Simonazzi richtete aus, auf Wunsch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen werde nur Bundespräsident Guy Parmelin nach Brüssel reisen. Angeblich soll von der Leyen aus protokollarischen Gründen ein Tête-à-Tête mit dem Bundespräsidenten bevorzugen.

Das ist ein Affront gegen die Schweiz – und gegen Bundesrat Cassis ein doppelter. Wie immer man sich zum Rahmenabkommen stellen mag, ob man den Vertrag ablehnt oder befürwortet: Der Gesamtbundesrat hätte weder auf den protokollarischen Vorwand eingehen noch den EDA-Vorsteher mit einem Ausschluss aus der Delegation desavouieren dürfen.

Die Kommissionspräsidentin ist auch kein Staatsoberhaupt, sondern die Chefin einer mächtigen Behörde.

Schauen wir mal, was an den angeblichen protokollarischen Gründen dran ist. Die EU ist kein souveräner Staat, sondern ein suprastaatliches Gebilde, allerdings eines mit viel Macht. Die Souveränität liegt jedoch bei den Mitgliedsstaaten. Die Kommissionspräsidentin ist auch kein Staatsoberhaupt, sondern die Chefin einer mächtigen Behörde, am ehesten mit einem Regierungschef vergleichbar. Die einem Staatsoberhaupt vorbehaltenen Aufgaben nimmt innerhalb der EU der Präsident des Europäischen Rates wahr.

Ein Schweizer Bundesrat hingegen ist nicht nur Departementsvorsteher, sondern auch Teil einer Kollegialbehörde und somit in die gesamte Regierungstätigkeit einbezogen. Er ist offensichtlich mehr als nur ein Fachminister, geradeso wie die EU-Kommissionspräsidentin offensichtlich weniger als ein Staatsoberhaupt ist. Da wäre Frau von der Leyen nicht viel von der Ehre abgegangen, wenn sie Herrn Cassis als Vertreter des Gesamtbundesrates empfangen hätte.

Doch der Affront hat noch eine andere Dimension. Er enthüllt einmal mehr empfindliche Schwächen der EU-Diplomatie. Im Februar erst liess sich der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell während einer Pressekonferenz in Moskau vom russischen Aussenminister vorführen. Und vor einigen Tagen gaben sich die Kommissionspräsidentin und Ratspräsident Charles Michel in Ankara eine bedenkliche Blösse in der sogenannten Sofagate-Affäre. Das war eine Demütigung, die nie hätte passieren dürfen.

Dieses Mal ist es von der Leyen, die Aussenminister Cassis einen Stuhl verweigert.

Aber die Kommissionspräsidentin ist daran nicht unschuldig, Einiges muss sie auf die eigene Kappe nehmen. Denn ihre Mitarbeiter hatten die Hausaufgaben nicht gemacht. Treffen auf höchster Ebene werden stets minutiös vorbereitet. Wie die französische Zeitung «La Libération» berichtet, hatte das türkische Aussenministerium das Sitzarrangement sehr wohl mit der EU abgesprochen. Die Kommission hatte indes niemand in die Vorausdelegation entsandt. Die Prüfung erfolgte nur durch den Europäischen Rat. Und dieser war mit dem Arrangement einverstanden. Da war entweder Nachlässigkeit oder Intrige am Werk.

Nun haben wir ein weiteres Sofagate, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Dieses Mal ist es von der Leyen, die Aussenminister Cassis einen Stuhl verweigert. Der Bundesrat hätte das Ansinnen abweisen müssen. Aber wahrscheinlich haben auch in diesem Fall interne Unstimmigkeiten geholfen, eine unwürdige Situation herbeizuführen.

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