Unfälle im Ski-WeltcupSogar der Trainer sagt: «Ich würde meine Kinder keine Abfahrt bestreiten lassen»
Stürze und Verletzungen bleiben das Dauerthema. Bei den Speed-Rennen der Frauen werden die Starterfelder immer kleiner – auch weil gewisse Bilder abschreckende Wirkung haben.
Den Überblick hat kaum noch wer. Im Wochen-, ja fast schon im Tages-Rhythmus kommen sie, die Meldungen, wonach sich wieder ein Skifahrer gravierend verletzt hat. Meistens mit dem Zusatz: Die Saison ist futsch.
Zuletzt verunfallten etwa Alexander Schmid und AJ Ginnis, der eine Parallel-Weltmeister, der andere WM-Zweiter im Slalom. Rückkehrer Marcel Hirscher, die Schweizer Hoffnung Arnaud Boisset, Sebastian Holzmann und Guglielmo Bosca waren ihnen unfreiwillig zuvorgekommen, die Liste ist längst nicht vollständig. Das Liebespaar Shiffrin & Kilde pflegt sich gerade gegenseitig, die 99-fache Weltcupsiegerin ist schon operiert worden und wird in dieser Saison womöglich nicht mehr auf die Rennpisten zurückkehren.
Bereits in den vergangenen Wintern waren die vielen Stürze mit Verletzungsfolgen ein Dauerthema. Nicht zuletzt deshalb wird im Sicherheitsbereich der Hebel angesetzt, das Tragen von schnittfester Unterwäsche wird ab nächster Saison Pflicht, der Airbag ist es schon – umso unverständlicher mutet es an, hat der Weltskiverband FIS wegen Komfort- und anderer Beschwerden rund 40 Ausnahmen bewilligt.
Sorgen haben auch die Schweizerinnen, in St. Moritz fehlen Jasmine Flury und Noémie Kolly, die aufstrebenden Melanie Michel und Isabella Pedrazzi fallen nach Stürzen aus.
Letzte Woche erwischte es zudem zwei arrivierte Italienerinnen und im Europacup in St. Moritz gleich drei Österreicherinnen im selben Rennen. Sie erlebten einen echten Freitag, den 13. Oder eben einen Black Friday der anderen Art.
«Es ist gefährlich, das ist Fakt»
Es mag nicht der einzige Grund sein, aber auch aufgrund diverser Absenzen werden die Startfelder in den Speedrennen der Frauen immer kleiner. In der Abfahrt von Beaver Creek starteten gerade noch 44, in St. Moritz sind für die Super-Gs dank einiger angereister Riesenslalom-Spezialistinnen immerhin 57 Fahrerinnen gemeldet, was aber auch an der unteren Grenze sei, wie diverse Trainer bekräftigen.
Der Schweizer Chefcoach Beat Tschuor sagt, diese Entwicklung gebe ihm zu denken, zumal in St. Moritz je zehn Schweizerinnen, Österreicherinnen und Italienerinnen teilnehmen, «allzu viel bleibt dann nicht mehr übrig. Viele Nationen haben nur noch Einzelkämpferinnen am Start oder sind in Zweierteams unterwegs», sagt Tschuor.
Mit dem anstehenden Generationenwechsel dürften die Starterfelder nochmals kleiner werden, befürchtet der Bündner und hat eine Erklärung dafür: «Bei vielen Leuten herrscht die Meinung: Abfahrt gleich Gefahr gleich Verletzungen. Das hat vor allem auf die Eltern von Skitalenten eine abschreckende Wirkung.» Gleicher Meinung ist Alex Hödlmoser, der Speedtrainer der Amerikanerinnen. «Viele Eltern sagen ihren Kindern, sie sollen besser Slalom fahren», sagt der Salzburger, «und ich kann sie verstehen – ich würde meinen Kindern verbieten, Abfahrten zu bestreiten.» Es würden immer noch extremere Kräfte wirken, «es ist gefährlich, das ist ein Fakt».
Vor Jahresfrist übrigens gab es in St. Moritz gleich mehrere Stürze, für die Österreicherin Nina Ortlieb bedeutete das Operation Nummer 22! Die Italienerin Karoline Pichler beendete ein paar Wochen nach den Geschehnissen im Engadin ihre Karriere. Und sagte: «Gefühlt war ich häufiger im Rettungsschlitten als auf dem Podest.»
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