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Ermittlungen gegen 77 Personen
Formaler Entscheid zu Benko-Auslieferung wohl vor Weihnachten

ABD0049_20240522 - WIEN - ÖSTERREICH: Signa-Gründer Rene Benko am Mittwoch, 22. Mai 2024, anl. des COFAG-U-Ausschusses im Parlament in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
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Nach der Erlassung eines Haftbefehls gegen Signa-Gründer René Benko durch die Staatsanwaltschaft Trient im Zuge von Ermittlungen gegen insgesamt 77 Personen muss der einstige Multimilliardär weiter weder Festnahme noch Auslieferung befürchten. Formal muss über das «Ersuchen» der Italiener aber noch vom Haft- und Rechtsschutzrichter am Landesgericht Innsbruck entschieden werden. Dies dürfte voraussichtlich noch vor Weihnachten passieren, erfuhr die Nachrichtenagentur APA am Mittwoch.

Benko werde jedenfalls im Rahmen des angelaufenen «Übergabeverfahrens» nun zu einer Stellungnahme aufgefordert, sagte Landesgerichtssprecherin Birgit Fink zur APA. Da wohl zu erwarten ist, dass der Tiroler sich nicht freiwillig südlich des Brenners in Haft begibt, wird der Haftbefehl in Österreich nicht vollstreckt werden.

Es bestehe schliesslich eine im Verfassungsrang stehende Bestimmung, dass österreichische Staatsbürger wegen mutmasslicher Delikte, wegen derer gegen sie auch im Inland ermittelt werden kann, nicht ausgeliefert werden dürfen, betonte Fink.

Staatsanwaltschaft Innsbruck am Zug

Nach der richterlichen Entscheidung ist wiederum die Innsbrucker Staatsanwaltschaft am Zug, die dann prüfen muss, inwieweit ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen den insolventen Unternehmer wegen der gegen ihn in Italien erhobenen Vorwürfe eröffnet wird. Dies erklärte der Sprecher der Anklagebehörde, Hansjörg Mayr, der APA. Benko war am Dienstag vom Tiroler Landeskriminalamt einvernommen worden und blieb daraufhin auf freiem Fuss.

Die Staatsanwaltschaft Trient verdächtigt Benko, «Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung» zu sein, die mit dem Ziel gegründet wurde, Konzessionen und Genehmigungen zu erlangen, um daraus ungerechtfertigte Gewinne zu erzielen. Unter den zahlreichen Verdächtigen befanden sich auch fünf Südtiroler. Die Verbrechen der Korruption, kriminellen Vereinigung, Betrugs und Verletzung des Amtsgeheimnisses in Trient, Bozen, Verona, Brescia, Mailand, Pavia und Rom standen im Raum.

Benko habe an der Spitze der kriminellen Vereinigung mithilfe des Bozner Steuerberaters Heinz Peter Hager und des Unternehmers Paolo Signoretti aus der Stadt Rovereto gehandelt, hiess es aus der Trentiner Staatsanwaltschaft. Hager ist auch Vorstandschef der nach Benkos Tochter benannten Laura Privatstiftung.

Ermittlungen gegen 77 Personen

Insgesamt wird gegen 77 Personen ermittelt, darunter fünf Südtiroler. Acht Personen wurden unter Hausarrest gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Korruption, krimineller Vereinigung, Betrug und Verletzung des Amtsgeheimnisses in Trient, Bozen, Verona, Brescia, Mailand, Pavia und Rom.

Laut den Ermittlern sollen die beteiligten Unternehmer öffentliche Aufträge durch die Gewährung von Gefälligkeiten, Geschenken und Geldzahlungen an Beamte und Verwaltungsmitarbeiter erschlichen haben. Die Ermittlungen gehen weiter. Für alle Beteiligen gilt die Unschuldsvermutung.

Im Fokus der Ermittlungen: Das sich im Bau befindliche Shoppingcenter Waltherpark in Bozen im März 2024.

Die Personen, gegen die ermittelt wird, sollen zum Teil Beschlüsse der öffentlichen Verwaltung beeinflusst haben, insbesondere im Bereich der Bauspekulation in Trentino-Südtirol. Unter den Verdächtigen befindet sich der ehemalige Bürgermeister der Trentiner Gemeinde Dro und der ehemalige Senator Vittorio Fravezzi, der nach Angaben der Ermittler mit «Drohungen und Einschüchterungen» versucht habe, seine Pläne durchzusetzen, hiess es aus Trentiner Justizkreisen laut Medienangaben.

Grosse Beträge für den Erwerb von Flächen

Die Ermittlungen ergaben, dass die Verdächtigten über grosse Beträge für den Erwerb von Flächen für Grossprojekte wie der Bozner Waltherpark verfügten, der nach der Insolvenz der Signa-Gesellschaften von der Scholler-Gruppe aufgekauft wurde, und ein Hotel im Trentiner Arco. Gebäuderenovierungen oder Bauten wurden – so die Ermittler – «unter offener Missachtung der Regeln» geplant.

Gegen sieben der neun unter Hausarrest gestellten Personen verhängte der ermittelnde Staatsanwalt Enrico Borrelli ein einjähriges Verbot der Berufsausübung oder Geschäftstätigkeit. Die Bürgermeisterin von Riva del Garda, Cristina Santi (Lega), wurde von ihrem Amt als Stadtchefin suspendiert.

Verkauf an privates Unternehmen

Ermittelt wird auch gegen den derzeitigen Bürgermeister von Arco, Alessandro Betta, und das ehemalige Provinzratsmitglied Luca Zeni. Beide gehören den Trentiner Sozialdemokraten an.

Zu den Verdächtigten gehört auch der Stadtrat und ehemalige Bürgermeisterkandidat von Trient für die Mitte-Rechts-Koalition, Andrea Merler, ein Rechtsanwalt und Vizepräsident von «Patrimonio del Trentino spa», einer Gesellschaft, die sich der Entwicklung und Realisierung neuer Immobilienprojekte zugunsten verschiedener öffentlicher Einrichtungen widmet. Merler wird unter anderem vorgeworfen, den Verkauf eines Grundstücks der öffentlichen Hand an ein privates Unternehmen gegen eine angebliche Belohnung von zirka 10'000 Euro ermöglicht zu haben.

SDA/oli