Immobilien-Gruppe ist pleiteSigna stellt Antrag auf Insolvenz – was das für Globus heisst
René Benkos Holding ist zahlungsunfähig. Was passiert jetzt als Nächstes? Und wie stehen die Globus-Immobilien finanziell da?
Die Rettungsversuche in letzter Minute sind gescheitert. Die Signa Holding des österreichischen Immobilien-Tycoons René Benko hat am Mittwoch angekündigt, dass sie in Wien einen Antrag auf die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung einbringen wird. Damit will die Holding, welche die Hälfte von Globus besitzt, «die weiteren Massnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs umsetzen», wie es in der Mitteilung des Unternehmens heisst. Am Mittwochabend gaben dann die Verantwortlichen des Schweizer Signa-Teils bekannt, dass die Firma liquidiert werden soll.
Was geschieht als Nächstes?
Nimmt das Gericht den Antrag an, muss der vom Gericht bestellte Sanierungsverwalter einen Plan zur Sanierung der Signa-Gruppe ausarbeiten, dem die Gläubiger zustimmen müssen. Die Frist dafür beträgt 90 Tage.
Beim Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung handelt es sich laut dem österreichischen Gläubigerschutzverein Kreditschutzverband 1870 um die mildeste Form der Insolvenz, die nach österreichischem Gesetz vorgesehen ist, und bei dem der Sanierungsverwalter nicht in die Geschäfte des Unternehmens eingreift. Die bisherige Geschäftsführung bleibt im Amt. Sämtliche Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten oder Mietern werden jedoch erst einmal gestoppt.
Für die Gläubigerinnen und Gläubiger wird das Verfahren durchaus schmerzhaft. Gesetzlich gilt in Österreich, dass die Signa Holding ihnen zusagen muss, dass sie ihnen innerhalb von zwei Jahren 30 Prozent ihres Geldes zurückzahlen wird. Sie könnten am Ende des Sanierungsverfahrens also 70 Prozent ihrer Investitionen verlieren.
Kommt es innerhalb der drei Monate nicht zu einer Einigung, dann muss der Immobilienkonzern unter Umständen doch Konkurs anmelden. Wie hoch der Schuldenschnitt ist, den die Signa Holding anbietet, ist noch unklar. Noch offen ist ebenfalls, welche Rolle Benko selbst in dem Sanierungsverfahren zukommt; der Immobilienkonzern hat eine entsprechende Frage bislang nicht beantwortet.
Allein in Österreich ist die Signa Holding selbst an 36 Gesellschaften beteiligt.
Eine solche Einigung innerhalb der gesetzlichen Frist zu erzielen, dürfte jedoch schwierig sein. Bei der Signa Holding handelt es sich um ein äusserst undurchsichtiges Geflecht von mehreren Hundert Firmen, die neben Österreich auch in Deutschland, der Schweiz oder Luxemburg domiziliert sind. Hier muss sich der Sanierungsverwalter erst einmal einen Durchblick verschaffen.
Bei einer Struktur, die alles andere als transparent angelegt wurde, eine Herkulesaufgabe. Laut dem KSV 1870 ist die Signa Holding selbst direkt in Österreich an 36 Gesellschaften beteiligt. Für nicht ausgeschlossen hält es der Verband, dass mit dem Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung auch versucht werden könnte, auf Zeit zu spielen und erst einmal ohne externen Sachverwalter weiterzumachen.
Was heisst das für Globus?
Am Mittwochabend teilt der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Signa Retail Selection AG mit, wie die Schweizer Signa-Gesellschaft vom Entscheid in Österreich betroffen ist. Die Firma wird beim zuständigen Gericht eine Nachlasstundung beantragen, ums das Geschäft von der österreichischen Muttergesellschaft abzukoppeln und geordnet zu liquidieren.
Das operative Geschäft von Globus sei durch dieses Verfahren nicht berührt. Mit diesem Schritt soll verhindert werden, dass die schweizerische Signa Retail Selection AG in Abhängigkeit des Insolvenzverfahrens der österreichischen Muttergesellschaft gerät, heisst es in der Mitteilung.
Christian Wenger, Verwaltungsrats-Präsident der Signa Retail Selection AG sagt dazu: «Dieser Schritt ermöglicht es dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit dem Sachwalter das Geschäft eigenverantwortlich und unabhängig von den Insolvenzen der restlichen Signa Gruppe geordnet und transparent abzuwickeln.»
«Central Group beabsichtigt, all ihre europäischen Luxusgeschäfte, einschliesslich Globus, zu unterstützen.»
Die thailändische Central Group, die wie Signa je 50 Prozent an Globus hält, hat ihr Engagement bei Globus am Mittwochvormittag erneut bekräftigt. «Unabhängig von der Position unseres Joint-Venture-Partners beabsichtigt Central Group, all ihre europäischen Luxusgeschäfte, einschliesslich Globus, zu unterstützen», äusserte sie sich gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.
Central Group werde sicherstellen, dass sie die «notwendige Unterstützung erhalten, um ihren Betrieb wie gewohnt weiterführen zu können». Die Gruppe hob hervor, ein «langfristiger Eigentümer und Investor für all ihre Geschäfte» zu sein. Nach einer geplanten Übernahme des Globus-Geschäft klingt das jedoch bisher nicht.
Bereits vor einer Woche hatte das Unternehmen, hinter dem die schwerreiche Familie Chirathivat steht, in einem verbalen Bekenntnis dem Schweizer Warenhaus den Rücken gestärkt.
Benko hatte Globus zusammen mit der Central-Gruppe im Jahr 2020 von der Migros übernommen. Zum Deal gehörten sowohl die Warenhausaktivitäten als auch acht Globus-Immobilien an bester Lage.
Dass eine Mehrheitsbeteiligung der Thailänder an Globus durchaus möglich wäre, zeigt das Beispiel Selfridges: Die Central Group hatte die Mehrheit am Luxuskaufhaus in Grossbritannien übernommen, an dem sie ebenfalls gemeinsam mit der Signa beteiligt ist.
Was bedeutet die Insolvenz für die Banken?
In der Schweiz ist vor allem Julius Bär wegen unverhältnismässig hoher Kredite an Signa in die Schlagzeilen geraten. 606 Millionen Franken hat die Privatbank in drei Tranchen verschiedenen Gesellschaften des verschachtelten Konsortiums geliehen. Zumindest bei einer dieser Tranchen war schon seit dem Frühjahr bekannt, dass es damit Probleme gibt.
Welche Verluste Julius Bär tatsächlich damit drohen, hängt von den Sicherheiten ab, die sie für die Kredite genommen hat. Zumindest teilweise dürften diese nicht mehr viel wert sein. Die Bank hat bereits Rückstellungen in Höhe von 70 Millionen Franken.
Anlegerinnen und Anleger sind trotzdem der Meinung, dass das Risiko für Julius Bär gering ist. Nachdem sie in den letzten Tagen gut 18 Prozent an Wert verloren hat, hat sie am Mittwochnachmittag wieder leicht gewonnen.
Die Credit Suisse sowie zehn Kantonalbanken gehören ebenfalls zu den Geldgebern von Benko. So etwa die Basler Kantonalbank, die das Globus-Provisorium in Basel an der Freien Strasse mit 7 Millionen Franken finanziert hat, wie aus der Bilanz der entsprechenden Gesellschaft hervorgeht.
Wie stehen die Globus-Immobilien finanziell da?
Auch im Immobilienbereich hätten sich in den letzten Monaten externe Faktoren negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt, schreibt die Signa. «Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine aussergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Masse sichergestellt werden, sodass die Signa Holding GmbH ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beantragt.»
Im Fall, dass auch Globus in Schieflage gerate, hätten die Banken zwar die Immobilien als Sicherheit, wie viel diese aber effektiv wert sind, wird sich zeigen. Im Fall der Globus-Liegenschaft an der Zürcher Bahnhofstrasse wird das Gebäude mit 757 Millionen Franken bewertet, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Dieser Wert wurde über die Jahre allerdings immer wieder herabgesetzt, wie die Abschlüsse zeigen, die im luxemburgischen Handelsregister einsehbar sind: 2022 waren es 759 Millionen und 2021 sogar 761 Millionen.
Auch wenn das Geschäft bei den Schweizer Luxuswarenhäusern läuft, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringt die neue Ausgangslage Unsicherheit mit sich. Diese Unsicherheit ist nun bereits zu den Händlern übergeschwappt, die Globus beliefern. Seit gut zwei Wochen würden ausländische Händler das Luxushaus nur noch gegen Vorkasse beliefern, sagt eine Person, die mit den Vorgängen vertraut ist. Globus gewähre aber keine Vorkasse, somit lieferten einige nun bereits nicht mehr. Globus nimmt dazu keine Stellung.
Fehler gefunden?Jetzt melden.