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Topjob in der Geldpolitik
Sie könnte die erste Chefin der Bundesbank werden – und wird bereits angefeindet

Versucht immer wieder, zwischen den Polen zu vermitteln: Isabel Schnabel, Vorstandsmitglied der Europäischen Zentralbank. 
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Stühlerücken in Frankfurt: Der bisherige Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, kündigte vergangene Woche seinen Rücktritt auf Ende Jahr an. Nun laufen die Spekulationen heiss, wer ihm nachfolgen könnte. Ein Name fällt dabei besonders oft: Isabel Schnabel.

Die 50-jährige Ökonomin, die mit einem Berufskollegen verheiratete ist und drei Töchter hat, kann einen beeindruckenden Werdegang vorweisen. Nach einer Lehre bei der Deutschen Bank, einem Volkswirtschaftsstudium, einer Doktorarbeit über Finanzkrisen und einer Professur in Mainz wurde sie 2014 in den Rat der sogenannten Wirtschaftsweisen berufen – ein renommiertes Beratergremium der deutschen Regierung. Fünf Jahre später hievte sie der damalige Finanzminister und aller Voraussicht nach nächste deutsche Kanzler Olaf Scholz ins Führungsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB).

Wer künftig die Bundesbank führt und damit eine wichtige Stimme innerhalb der EZB hat, ist auch für die Schweiz von grosser Bedeutung. Denn die Schweizerische Nationalbank (SNB) lehnt ihre Geldpolitik eng an jene der Europäer an. Zudem ist es kein Geheimnis, dass sich Nationalbankchef Thomas Jordan besonders gut mit dem scheidenden Weidmann verstanden hat.

Heftigste Kritik im eigenen Land

Eine mögliche Bundesbankchefin Isabel Schnabel sorgt allerdings nicht überall für Begeisterung. «Vor dieser Frau müssen deutsche Sparer zittern», titelte das deutsche Boulevardblatt «Bild» mit Verweis auf ihre Chancen als Weidmann-Nachfolgerin. Die Publikation stellt sie als Inflationstreiberin dar.

Der Bericht dürfte auch eine Retourkutsche dafür sein, dass Schnabel in einem Vortrag die Berichterstattung der Zeitung zur Teuerung hart kritisierte und sie als Angstmacherei bezeichnete, ohne allerdings «Bild» beim Namen zu nennen.

So ging die deutsche «Bild»-Zeitung Isabel Schnabel an. 

Doch es geht um mehr. In weiten Teilen der deutschen Bevölkerung ist die expansive Geldpolitik der EZB unbeliebt. Als Teil der Führung des Instituts wird Schnabel dafür mitverantwortlich gemacht. Die Vorstellung, dass Jens Weidmann als wichtigster Kritiker dieser Politik durch Schnabel ersetzt werden könnte, wäre deshalb für viele Deutsche schwer zu schlucken.

Gerecht wird ihr das nicht. Schnabel vertritt kein Dogma. Sie versucht, Brücken zu bauen. Bereits 2018, noch vor ihrer EZB-Zeit, hat sie mit anderen deutschen und französischen Ökonominnen und Ökonomen Vorschläge präsentiert, wie die unterschiedlichen Vorstellungen zur Wirtschaftspolitik in der Eurozone vereint werden könnten.

Und innerhalb der EZB-Führung soll sie die Kritiker des 1,85 Billionen Euro schweren Covid-Krise-Anleiheprogramms mit ins Boot geholt haben, indem sie als Kompromiss vorschlug, dass diese Summe nur als Maximalvolumen anzusehen sei, das nicht zwingend erreicht werden müsse.

Weitere Aufstiegschancen

Für den Vorwurf, sie würde eine erhöhte Inflation akzeptieren, gibt es jedenfalls keinen Hinweis. Dass die Teuerung jüngst angestiegen sei, sei als Ausdruck des Aufschwungs zu werten und damit ein Zeichen für eine positive Entwicklung, erklärte sie jüngst.

Ob Schnabel letztlich tatsächlich zur Nachfolgerin von Weidmann erkoren wird, dürfte auch vom Ausgang der Koalitionsverhandlungen abhängen. Sollte die FDP die Leitung des Finanzministeriums erhalten, dürften ihre Chancen schwinden. Die Partei gilt als besonders kritisch gegenüber der gegenwärtigen Politik der EZB.

Sollte Schnabel es an die Spitze der Bundesbank schaffen, eröffnen sich ihr dann weitere Aufstiegschancen. Denn in dem Fall hätte sie gute Chancen, 2027 die Leitung der EZB von der Französin Christine Lagarde zu erben, deren Amtszeit dann endet. Und noch nie in der Geschichte der EZB hat Deutschland den Führungsposten besetzt, obwohl Deutschland mit Abstand die grösste Wirtschaft der Eurozone ist.