800 Milliarden SicherheitspaketEuropa rüstet massiv auf – die Schweiz könnte gleich doppelt profitieren
Die EU verlangt von Staaten, die gemeinsam mit ihr aufrüsten wollen, ein Abkommen zu unterschreiben. Schweizer Sicherheitspolitiker zeigen sich offen dafür: Kritik kommt einzig von der SVP.

Die Europäische Union (EU) will ihre Verteidigung massiv stärken und plant, dafür 800 Milliarden Euro zu mobilisieren. Das Geld soll durch gelockerte Schuldenregeln und EU-Kredite zusammenkommen. Davon könnte auch die Schweiz profitieren – sowohl als Lieferantin als auch als Bestellerin.
Ein zentraler Vorteil: Wenn die Schweiz gemeinsam mit EU-Staaten Rüstungsgüter einkauft, könnten Mengenrabatte winken und Bestellungen schneller abgewickelt werden. Möglich wäre das jedoch nur mit einem neuen Sicherheits- und Verteidigungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, wie SRF berichtet. Sechs Nicht-EU-Länder haben diesen Vertrag bereits unterschrieben, darunter sind Japan, Norwegen und Albanien. Mit Grossbritannien sei ein Abkommen derzeit in Planung.
Ein solches Abkommen würde nicht nur den Einkauf erleichtern, sondern auch die Beteiligung der Schweizer Rüstungsindustrie an EU-Aufträgen ausweiten. Derzeit darf die Schweiz maximal ein Drittel der Bestellungen abdecken. Mit einem Abkommen könnte dieser Anteil steigen. Politiker erhoffen sich dadurch einen Wachstumsschub für die heimische Rüstungsindustrie.
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Fraglich bleibt, ob EU-Staaten überhaupt in der Schweiz bestellen würden. Der deutsche Botschafter Michael Flügger sagte erst kürzlich vor Schweizer Parlamentariern, Deutschland werde in Zukunft kaum noch Rüstungsgüter in der Schweiz bestellen. Grund dafür sei, dass das Kriegsmaterialgesetz die Schweiz zu einem unzuverlässigen Partner mache.
Das Parlament hat Mitte des vergangenen Jahres eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes angeregt. Mit einer als Abweichungskompetenz bezeichneten Regelung soll der Bundesrat bei ausserordentlichen Umständen von den gesetzlich verankerten Bewilligungskriterien abweichen können. Im vergangenen Februar hat der Bundesrat eine entsprechende Botschaft verabschiedet.
SVP warnt vor schleichendem Verlust der Neutralität
Politisch stösst die Idee auf breite Zustimmung. Priska Seiler Graf (SP), Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, will das Thema in der Kommission voranbringen: «Ich würde es sehr begrüssen, wenn das einen Schritt weitergehen würde», sagt sie gegenüber SRF. Auch FDP, GLP und Mitte-Partei zeigen sich offen.
FDP-Nationalrat Heinz Theiler nennt das Abkommen «sehr sinnvoll», und Reto Nause (Mitte) betont, es gehe dabei um Beschaffungen und nicht darum, ein Bündnis einzugehen. «Wir sind neutral und bleiben neutral.»
Kritik kommt einzig von der SVP. Für Nationalrat Mauro Tuena ist ein solches Rüstungsabkommen mit der EU nicht mit der Neutralität vereinbar. Zudem befürchtet er, dass die Mengenrabatte kaum ins Gewicht fallen würden. «Man spricht immer von gemeinsamen Beschaffungen, dabei bleibt es aber nicht.»
Trotz dieser Bedenken zeigen sich Sicherheitspolitiker parteiübergreifend überraschend offen für ein Sicherheitsabkommen mit der EU. Die Debatte dürfte jedoch erst an Fahrt aufnehmen.
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