Ex-Kanzler als «Friedensvermittler»Schröder will es nochmals allen zeigen
Weil er trotz des Krieges zu Wladimir Putin hält, ist Gerhard Schröder in Deutschland in Ungnade gefallen – selbst in seiner SPD. Nun kämpft der Alt-Kanzler um den Rest seines Rufs und versucht sich als Vermittler im Ukraine-Konflikt.
Zehn Minuten habe es nach Gerhard Schröders Anruf im Kreml gedauert, so erzählte es das Onlinemagazin «Politico», dann habe der deutsche Alt-Bundeskanzler eine Zusage zu einem Gespräch mit Wladimir Putin in Moskau in der Tasche gehabt. Ob das stimmt oder nur eine weitere von Schröder selbst gestrickte Legende ist, lässt sich nicht überprüfen. An seinen sehr freundschaftlichen Beziehungen zum russischen Präsidenten zweifelt hingegen niemand.
Angefragt, ob er bei Putin um eine Waffenruhe in der Ukraine bitten könnte, wurde der 77-jährige Deutsche laut «Politico» von einem ukrainischen Politiker und Geschäftsmann namens Rustem Umerow. Dieser gehört ukrainischen Delegationen an, die mit den Russen seit Beginn des Krieges verhandeln. Den Kontakt zwischen Umerow und Schröder stellte Marc Walder her, CEO des Schweizer Medienunternehmens Ringier, für das der Deutsche bis vor kurzem als Berater gearbeitet hatte. Ringier ist in einem Joint Venture mit dem deutschen Axel-Springer-Verlag in Osteuropa in vielen Märkten präsent.
Schröder traf zu Gesprächen mit Umerow Anfang dieser Woche in der Türkei ein, vermittelt vom türkischen Aussenministerium. Danach willigte er offenbar in einen Versuch ein, Putin in Moskau von den ukrainischen Argumenten für eine Waffenruhe zu überzeugen. Am Mittwoch brachte ein russisches Diplomatenflugzeug Schröder nach Moskau, am Donnerstag kam es zu einem ersten Gespräch mit dem Kremlherrscher. Über dessen Erfolg oder Misserfolg wurde zunächst nichts bekannt.
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Schröder hat in der Vergangenheit immer wieder Geheimgespräche im Auftrag der deutschen Regierung geführt. Etwa 2017/2018, als er in Gesprächen mit Präsident Recep Tayyip Erdogan erwirkte, dass der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner und der Journalist Deniz Yücel aus türkischer Haft freikamen.
Diesmal handelt Schröder nicht auf Ersuchen Deutschlands, sondern auf jenes der Ukraine – offenbar in Absprache mit Präsident Wolodimir Selenski. Im Kanzleramt wie in Schröders Sozialdemokratischer Partei beteuert man jedenfalls, von dessen Plänen nichts gewusst zu haben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommentierte Schröders Reise am Rande des EU-Gipfels in Versailles mit den Worten: «Ich möchte das nicht kommentieren.»
SPD-Chef Lars Klingbeil begrüsste Schröders Vorstoss. Ob die Gespräche etwas brächten, müsse man zwar erst sehen. Klar sei aber: «Alles, was hilft, diesen grauenvollen Krieg in der Ukraine zu stoppen, ist gut.» Die Partei hatte angesichts des russischen Angriffs zuletzt enormen Druck auf Schröder ausgeübt, sich von Putin zu distanzieren und seine lukrativen Ämter bei kremlnahen russischen Energieunternehmen aufzugeben. Ein Kreisverband hat bereits ein Verfahren zu dessen Ausschluss aus der SPD beantragt. Schröder liess die Ultimaten bisher folgenlos verstreichen.
Was der Alt-Kanzler bei Putin erreichen kann, ist ungewiss. Der Gang der bisherigen Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew deutet nicht darauf hin, dass Putin bereits zu einer Waffenruhe bereit wäre. Selenski wiederum hat jede «Kapitulation» ausgeschlossen.
Manche, vor allem aus der Ferne, trauen «Gazprom-Gerd» wahre Wunder zu. Andere sind da skeptischer. Jens Siegert etwa, der frühere Leiter des Moskauer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung, der weiterhin in Moskau lebt, ätzte auf Twitter: «Schröder in Moskau. Einige haben gefordert, er solle ‹seinen Einfluss auf Putin› geltend machen. Doch diesen Einfluss gibt es nicht. Putin verachtet Leute wie Schröder, die sich von einem anderen Land kaufen lassen. Er wird mit ihm maximal spielen. Wie eine Katze mit einer Maus.»
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