Stav Jacobi und der Volleyball-KnatschSchon erwägt er die nächste Klage
Kein Aufstieg, finanzieller Verlust, Spielerinnen, die aus Nationalteams fliegen: Stav Jacobi hatte mit Volero ein schwieriges Jahr. Und will nun das finanzielle Loch gestopft sehen.
Die jüngsten Klagen, sie waren «vielleicht nur die Vorspeise». So sagt es Stav Jacobi, Präsident von Volero Zürich. Er zog gegen den Schweizer Volleyballverband vor Gericht, weil dieser letzten Winter beschloss, in dieser speziellen Saison weder Auf- noch Absteiger zu benennen.
Doch genau darauf hatte der 54-Jährige alles gesetzt, als er vor einem Jahr sein neues Projekt vorstellte. Nachdem er sein Spitzenteam aus Zürich an die Côte d’Azur verfrachtet hatte, wo es seither als Volero Le Cannet aufläuft, tat er sich in der Schweiz mit dem VBC Züri Unterland zusammen. Dessen Frauenteam spielte letzte Saison als Volero Züri Unterland in der NLB. Und tut das ab Herbst als Volero Zürich.
Ein Jahr hätte der Aufenthalt in der NLB dauern sollen, denn Zweitklassigkeit ist nichts für den Mann, dessen Club von 2005 bis 2018 13-mal Meisterschaft und Cup gewann – und einmal unwirkliche 185 Spiele in Serie. Doch es kam die Pandemie, kam der Beschluss des Verbandes, der Jacobi so enerviert. «Mutlos» findet er ihn, «andere Sportarten haben ihren Spielbetrieb fortgesetzt. Und wir? Sagen schon im Dezember, dass es keine Auf- und Absteiger geben wird.»
Finanzieller und «menschlicher» Schaden
Wohl keinen Club traf das so hart wie Volero. Es sprangen Sponsoren ab, die sich nur deshalb engagiert hatten, weil Volero mit seinen vielen starken Spielerinnen nach einer Saison hätte aufsteigen und wieder zum grossen Schweizer Frauenteam werden sollen. «Auch der menschliche Schaden ist beträchtlich», sagt Jacobi. «Bei mir sind Profispielerinnen unter Vertrag, die den Platz in ihren Nationalteams verloren haben, weil sie nicht spielten. So etwas kann man nicht wiedergutmachen.»
Jacobi versuchte, aussergerichtlich eine Einigung zu erzielen mit Swiss Volley. Vergeblich. Er zog vor Gericht – und blitzte ab. Offenbar hätte die Klage zeitnaher zum Entscheid des Verbandes erfolgen sollen. «Die Lehre daraus ist, dass wir das nächste Mal sofort klagen und erst dann eine aussergerichtliche Lösung suchen.»
Derzeit will Jacobi vor allem das finanzielle Loch gestopft sehen, das die Pandemie in die Clubkasse riss. In der Vergangenheit hat er das meist selber getan, nun ist er dazu nicht bereit. Die Situation mit Corona hat auch ihn hart getroffen. Seine Eventfirma muss er demnächst liquidieren. Das Unternehmen, für das er vornehmlich tätig und verantwortlich ist, stellt Korrosionsschutz für Metalle her. Die Hauptkunden kommen aus der Autoindustrie, diese aber darbte zuletzt. «Wir verloren Partner, mussten Leute entlassen, Betriebe schliessen. Aber dort konnte ich die Massnahmen nachvollziehen, es gab keine andere Möglichkeit. Im Sport aber hätte es diese gegeben», sagt Jacobi.
Der Verband soll seine Kosten für die Klagen tragen
Nun klopfe er erst einmal an sämtliche Türen: bei den abgesprungenen Sponsoren; bei Swiss Volley, das Corona-Geld vom Bund erhält, um es an die Clubs zu verteilen; beim Kanton Zürich, um von einem Härtefallfonds zu profitieren. «Und dann rechne ich: Schaden X minus Zuschüsse Y ergibt hoffentlich eine schwarze Null. Falls nicht, müssen wir den fehlenden Betrag bei den Verursachern einfordern», sagt Jacobi – und meint den Schweizer Verband.
«Sie sollen auch Voleros Mehraufwand decken», sagt er und lacht dann laut, obwohl er ernst meint, was er sagt: «Dazu gehören auch die Kosten, die ich hatte, um gegen den Verband zu klagen. Dieser Mehraufwand entstand nur wegen des mit der Pandemie begründeten Entscheids des Verbandes.» Dieser soll nun also quasi Voleros Klage gegen sich finanzieren.
«Entweder kämpfe ich für meine Rechte wie ein freier Bürger. Oder ich schlucke alles und werde zum Sklaven des Systems.»
Er schäme sich nicht dafür, wenn es tatsächlich so weit käme. «Fühle ich mich im Recht, werde aber ungerecht behandelt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kämpfe ich für die Rechte meines Clubs und meiner Spielerinnen wie ein freier Bürger. Oder ich schlucke alles und werde zum Sklaven des Systems.» Für seinen Club kämpft er schon lange.
Jacobi, der einst Passeur bei ZSKA Moskau war, investierte ab 2004 einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in seinen Club, um irgendwann einmal die Champions League zu gewinnen. Volero Zürich vertrat die Schweiz regelmässig auf der grössten europäischen Bühne, zur Krone reichte es aber nie.
Deshalb wagte er vor drei Jahren in Frankreich den Neuanfang, übernahm den vormaligen Partnerclub Le Cannet, mit dem er in der kommenden Saison französischer Meister werden will. So lautet sein kühnes Vorhaben. Dabei überlegte Jacobi erst noch, ob er das Engagement aufgeben will, weil er wenig Aussichten auf Erfolg sah.
Doch die lokale Regierung machte es ihm leicht. «Ich stellte Forderungen, damit ich weitermache. Nach einer halben Stunde waren sämtliche angenommen. Die Zuschüsse wurden erhöht, wir dürfen in die grössere Halle ziehen, meine Mitarbeiter aus Serbien bekommen eine dauerhafte Arbeitsbewilligung, wir erhalten zusätzliches Material und Räume», sagt Jacobi. Und, mit Seitenhieb Richtung Schweiz: «Ein Topteam in der Stadt zu haben, macht dort alle stolz und glücklich. Und finanziell ist dieser Club für mich auch keine allzu grosse Belastung.» Im Gegensatz zum NLB-Team in Zürich.
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