Zugang zu Sterbehilfe für alleZürcher Regierung lehnt Sterbehilfe-Initiative ab
Die Initiative von Dignitas und Exit ist dem Zürcher Regierungsrat zu extrem. Er lehnt sie ab, präsentiert aber einen Gegenvorschlag.
![Nahaufnahme einer Hand, die sanft die Hand einer älteren Person hält, symbolisiert Sterbehilfe.](https://cdn.unitycms.io/images/2vNPtVztaru82h36RGSuzK.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=BF1qF5xw410)
Der Zürcher Regierungsrat lehnt die Volksinitiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen» ab. Im Titel der Initiative würden zwar nur Alters- und Pflegeheime genannt, der Initiativtext gehe aber deutlich weiter, führt die Zürcher Regierung in einer Medienmitteilung vom Freitag aus.
Sie sei zu extrem und widerspreche dem Auftrag der Spitäler, den Patientinnen und Patienten in einem geschützten Umfeld die optimale medizinische und pflegerische Versorgung zu bieten, wird die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) in der Medienmitteilung zitiert.
Spitäler dienten im Unterschied zu Alters- und Pflegeheimen der Gesundheitserhaltung und -wiederherstellung und behandelten nicht primär Personen am Lebensende, heisst es weiter.
Die Initiative aber wolle es den Menschen ermöglichen, dort zu sterben, wo sie ihre letzte Lebensphase verbracht, sich umsorgt und zu Hause gefühlt haben, schreibt die Regierung. Letzteres treffe auf Spitäler und ambulante Einrichtungen grundsätzlich nicht oder nicht in gleicher Weise zu wie auf Heime.
Widerspruch zur Palliative Care befürchtet
Die Regierung befürchtet auch, dass die Ermöglichung der Sterbehilfe in Spitälern im Widerspruch zur Palliative Care stehen könnte. Und: Ältere Patienten könnten sich unter Druck gesetzt fühlen, Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen, um Angehörige oder das Gesundheitssystem nicht zu belasten, schreibt die Regierung.
Noch grössere Risiken sieht der Regierungsrat aber bei Patientinnen und Patienten in psychiatrischen Einrichtungen, die tendenziell suizidgefährdeter seien und deren Urteilsfähigkeit auch stets situativ beurteilt werden müsse. Und Justizvollzugseinrichtungen seien erst recht keine Institutionen, in denen sich mehrheitlich Personen am Lebensende aufhielten. Der Staat habe eine besondere Schutzpflicht gegenüber Inhaftierten, hält die Regierung fest.
Regierungsrätlicher Gegenvorschlag
Grundsätzlich aber befürwortet der Regierungsrat die Sterbehilfe in allen Alters- und Pflegeheimen. Deshalb präsentiert er einen entsprechenden Gegenvorschlag, der vorsieht, dass Heime eigenständig drüber entscheiden können, ob sie Suizidhilfe in ihren Räumlichkeiten zulassen wollen oder nicht.
Die Regierung ist der Ansicht, dass die Pflicht, Sterbehilfeorganisationen Zugang zu gewähren, die Glaubens- und Gewissensfreiheit «nicht unverhältnismässig» einschränke. Heime müssten dadurch nicht aktiv am assistierten Suizid mitwirken, sondern lediglich externen Organisationen den Zutritt ermöglichen oder sie tolerieren.
Kantonsratsentscheid «korrigieren»
Das Komitee «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen» hatte die Initiative Mitte 2023 lanciert. Mit der Initiative wollen sie einen «per Zufallsmehr» im Oktober 2022 getroffenen Entscheid des Kantonsrats korrigieren. Mit 81 zu 80 Stimmen entschied das Parlament damals, eine entsprechende Verpflichtung für alle Alters- und Pflegeheime wieder zu streichen.
Aktuell gilt, dass lediglich Heime, die von einer Gemeinde betrieben werden, Freitodbegleitungen ermöglichen müssen. Private Heime oder Auftragnehmer von Gemeinden dürfen dies ablehnen. Bewohnerinnen und Bewohner dieser Heime, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchten, müssen dies also ausserhalb des Heims tun.
Die Initiative wolle sicherstellen, dass Menschen, die selbstbestimmt sterben wollen, ihr Zuhause dazu nicht mehr verlassen müssen, argumentiert das Initiativkomitee. Darin befinden sich neben Politikerinnen und Politikern auch Prominente wie Viktor Giacobbo sowie der Publizist und Kolumnist Karl Lüönd aus Winterthur.
SDA/lop
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