Länderspielpause im EishockeyAbsagen, Kritik, Unmut: Warum das Nationalteam um Spieler kämpfen muss
Zum dritten Mal in diesem Winter ruht die Liga wegen Länderspielen. Die Clubs hadern mit dem Termin, der Verband geht gegen Absagen vor, und die Schweizer Gegner beschweren sich.
- Der Februar-Termin der Nationalmannschaft ist bei den Clubs unbeliebt.
- Vereine und Nationalteam stehen in einem Interessenkonflikt.
- Für das Turnier der Euro Hockey Tour haben acht Spieler krank oder verletzt abgesagt.
- Bestehen Zweifel, kann nun bei einem angeschlagenen Spieler eine Zweitmeinung beim Arzt der Nationalmannschaft eingeholt werden.
Patrick Fischer und Lars Weibel sind nicht zu beneiden. Kaum hatten der Trainer und der Direktor der Nationalmannschaft ihr Aufgebot für das dritte Turnier der Euro Hockey Tour von dieser Woche bekannt gegeben, hagelte es schon die ersten Absagen. Wegen Grippe und Verletzungen mussten sich gleich acht Spieler abmelden, darunter mit Stéphane Charlin (SCL Tigers) der beste Torhüter der National League sowie die WM-Silber-Gewinner Romain Loeffel (SCB), Tristan Scherwey (SCB) und Enzo Corvi (Davos). Stattdessen kommen nun Fabian Ritzmann (SCB), Yanick Sablatnig (Biel) und Jonas Taibel (Lakers) zu einer unverhofften Feuertaufe in der Nationalmannschaft. Fünf Debütanten umfasst Fischers Kader mittlerweile.
Natürlich gilt es, jeden Fall für sich zu betrachten. Die Thematik aber ist nicht neu. Die Nationalmannschaftspause im Februar sorgt regelmässig für Unmut. Um diese überhaupt zu ermöglichen und daneben noch der Champions League auszuweichen, erlebten etliche Teams einen «Monster-Spielplan» im Januar. Die ZSC Lions etwa bestritten fünf Partien in sieben Tagen, die SCL Tigers vier in sechs.
Das zehrt an den Kräften der Spieler – und Verletzte will so kurz vor dem Playoff niemand in Kauf nehmen. Entsprechend tricksen die Clubs schon mal und melden einen Spieler bei der Nationalmannschaft als angeschlagen ab, um ihn zu schonen. Doch letzten Februar übertrieben sie es – und das hatte Folgen.
Im Zweifelsfall wird ein Spieler aufgeboten
Wegen etlicher kurzfristiger Absagen trat die Schweiz mit ihrem bislang schwächsten, jüngsten und international unerfahrensten Aufgebot im Rahmen der Euro Hockey Tour an. Es beinhaltete sechs Debütanten und fünf Spieler, die weniger als fünf Länderspiele auf dem Konto hatten. Das Ergebnis: Schweden überfuhr die Schweiz regelrecht, zur Spielhälfte stand es bereits 0:5, am Ende 2:5. Hätten die Skandinavier nicht den Fuss vom Gas genommen, die Partie hätte in einem Debakel geendet.
Nationalmannschaftsdirektor Weibel erhielt danach eine kritische Rückmeldung von seinen Kollegen aus Schweden, Finnland und Tschechien. Denn es gilt: Die Nationalteams verpflichten sich, mit dem bestmöglichen Aufgebot zur Euro Hockey Tour anzutreten.
Also entschied das Komitee des Nationalteams, in dem auch Vertreter der Clubs sitzen, auf diese Saison hin: Wenn ein Club einen Spieler als angeschlagen abmeldet, der bis zum Meisterschaftsunterbruch spielte, kann beim Teamarzt der Nationalmannschaft eine Zweitmeinung eingeholt werden. Weibel sagt: «Es geht auch um die Chancengleichheit. Stellen immer nur dieselben Clubs Spieler zur Verfügung, ist das nicht fair.»
So ist es bereits vorgekommen, dass ein Spieler zum Nationalteam stiess, obwohl der Club ihn abmelden wollte. «Unsere medizinische Abteilung kümmert sich um ihn. Zudem kann er beim Teambuilding dabei sein», sagt Weibel. Stelle sich aber heraus, dass ein Spieler wirklich nicht einsatzfähig sei, werde er wieder nach Hause entlassen.
Rücksicht nehmen – so gut es geht
Das Problem ist, dass sich die Nationalmannschaft und die Clubs in einem Interessenkonflikt befinden. Die Clubs haben den eigenen Erfolg im Fokus, weshalb sie ihre Spieler nicht noch über Gebühr durch das Nationalteam forcieren wollen. So plädiert etwa Sven Leuenberger, Sportchef des Champions-League-Finalisten ZSC Lions, dafür, keine Spieler mehr aufzubieten, die mit ihrem Team noch in der Königsklasse engagiert sind. «Sie sammeln bereits wertvolle internationale Erfahrung. Also warum nicht anderen die Chance geben, die bislang wenig oder gar keine Erfahrung auf diesem Niveau haben?»
Leuenberger erwähnt die zusätzlichen 13 Spiele, die der ZSC auf internationaler Stufe diese Saison bestreitet. Leistungsträger wie Denis Malgin kämen dadurch schon vor dem Playoff auf rund 75 Partien und sollten an der WM im Mai noch frisch sein. Ähnlich argumentiert SCB-Sportchef Patrik Bärtschi: «Wichtig ist, dass ein Spieler nicht dreimal pro Saison aufgeboten wird – aber das ist auch nicht im Sinn der Nationalmannschaft.»
Weibel sagt, er verstehe die Schwierigkeiten der Clubs. Und Nationaltrainer Fischer versucht, so gut es geht, Rücksicht zu nehmen: Im Dezember wurde wegen des Spengler-Cups abgesehen von Sven Jung kein weiterer Davoser aufgeboten. Nun stehen mit Nicolas Baechler und Justin Sigrist lediglich zwei ZSC-Spieler im Kader.
Kein Spielraum für Diskussionen
«Wir versuchen, Junge einzubauen und, wenn es geht, die Topspieler nicht für alle Termine aufzubieten. Wir machen ein Belastungsmonitoring. Trotzdem lassen sich nicht alle Erwartungen erfüllen», sagt Weibel. Schliesslich stünden er und Fischer auch in der Pflicht. «Es gibt nur vier Termine, um das Team für die WM vorzubereiten, das ist extrem wenig. Und wenn wir oft verlieren, sind die Sponsoren und auch das Publikum enttäuscht.»
Klar ist: Eine Lösung wird es so schnell nicht geben. Die Daten für die Nationalmannschaftspausen werden vom internationalen Eishockeyverband festgelegt – entsprechend gibt es keinen Spielraum für Diskussionen. Also müssen die Clubs und die Vertreter des Nationalteams versuchen, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Im Wissen darum, dass es immer Unzufriedene geben wird.
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