Fünf Antworten zum Skigebiet-DealSawiris träumt von St. Moritz, und die US-Investoren wollen «mehr Erlebnis»
Die Entwicklung des Schweizer Skigebiets wird künftig auch aus den USA gesteuert. Was bedeutet das?
Es ist ein Paukenschlag in der Tourismuswelt: Samih Sawiris verkauft Teile seines Imperiums in Andermatt. Das sind die Hintergründe.
Was ist passiert?
Vail Resorts ist ein Riese im Skimarkt. Nun kaufen sich die Amerikaner in Andermatt ein. Sie übernehmen 55 Prozent der Andermatt-Sedrun Sport AG. Das Unternehmen ist eine Tochterfirma von Samih Sawiris’ Andermatt Swiss Alps AG und betreibt die Skigebiete Gemsstock, Nätschen-Gütsch-Schneehüenerstock und Sedrun-Oberalp. 40 Prozent der Aktien bleiben in der Hand von Sawiris. Ebenfalls bleibt bei Andermatt Swiss Alps alles so wie bisher. Die Firma wird weiterhin zu einem grossen Teil direkt und indirekt von Samih Sawiris gehalten. Über die Andermatt Swiss Alps hat Sawiris seit seinem Einstieg in Andermatt das Skigebiet entwickelt.
Was hat Sawiris in Andermatt aufgebaut?
Aus einem ehemaligen Militärgelände hat der ägyptische Geschäftsmann ein touristisches Resort gemacht, das in der Schweiz seinesgleichen sucht. Die Anlage umfasst 6 Hotels, 42 Apartmenthäuser, einen grossen Golfplatz mit 18 Löchern sowie ein modernisiertes Skigebiet. Hinzu kommen Geschäfte und ein Sport- und Freizeitzentrum mit Eissporthalle sowie Hallenbad. Aushängeschild ist das 5-Stern-Hotel The Chedi mit seinen 190 Quadratmeter grossen Grand-Deluxe-Suiten. Mit der Zusammenführung der beiden Skigebiete Sedrun und Andermatt vergrösserte sich das Resort noch einmal deutlich.
Was planen die Amerikaner in Andermatt?
Was bereits klar ist: Die Amerikaner von Vail Resorts stecken 150 Millionen Franken in neue Bahnen, Gastroangebote und Beschneiungsanlagen und in Immobilien. «Es geht darum, das Erlebnis am Berg zu verbessern», sagt Patricia Campbell, strategische Beraterin von Vail Resorts. Nun müssten Details geklärt werden. Welche Bahnen genau neu gebaut beziehungsweise modernisiert werden sollen, ist damit noch unklar. Die Verantwortlichen bekräftigten an einer Pressekonferenz, dass auch Sedrun von den Millionen profitieren soll.
Denkbar sind zwei grosse Investitionen: eine komplette Erneuerung der in die Jahre gekommenen Seilbahn auf den Gemsstock und der Bau einer neuen Bahn vom Bahnhof Göschenen direkt auf den Gütsch.
Das Ziel sei, dass Andermatt zu einem Gebiet mit internationalem Ansehen werde, hiess es an einer Pressekonferenz. Die Vergleichsgrösse nannte Sawiris gleich selbst: St. Moritz und Zermatt.
Mit Vail Resorts übernimmt ein Schwergewicht in der Branche in Andermatt. Die Dimensionen von Vail Resorts sind gigantisch. 40 Destinationen gehören direkt dem Unternehmen, oder es ist zumindest daran beteiligt. Darunter klingende Namen wie Park City, Beaver Creek oder Whistler, das grösste Skigebiet in Nordamerika. 2021 machte das Unternehmen 1,9 Milliarden Dollar Umsatz und beschäftigte über 7000 Mitarbeitende.
Was heisst das für die Gäste?
Was die Pläne von Vail Resorts konkret bedeuten, ist noch unklar. Neue Lifte, modernisierte Anlagen und Beschneiungsanlagen dürften aber den Gästen konkreten Mehrwert bringen.
Ob diese Verbesserungen mit einer Erhöhung der Preise einhergehen, ist eine entscheidende Frage. Denn Vail Resorts bietet in ihren Skigebieten im Verhältnis exorbitante Preise an. Wollte jemand heute spontan ein Ticket für das Skigebiet Vail kaufen, kostete dies für einen Tag 239 Dollar. Zum Vergleich: Ein Ticket in Andermatt-Sedrun kostet 79 Franken.
Die Preise in der Schweiz dürften kaum das US-Niveau erreichen. Es sei aber geplant, Andermatt in den Epic-Skipass aufzunehmen, sagt Vail-Resorts-Finanzchef Michael Barkin. So soll das Schweizer Skigebiet Touristen aus Nordamerika zugänglich gemacht werden.
Der Epic-Pass bietet uneingeschränkten Zugang zu allen Vail-Skiresorts in Nordamerika für eine Saison und kostet 841 Dollar im Jahr.
Was passiert mit anderen Projekten von Sawiris in der Schweiz?
Dazu wurde erst einmal nichts bekannt. Da es sich bei der Übernahme um einen Einkauf beim Betreiber des Skigebiets handelt, ist anzunehmen, dass alle anderen Projekte normal weiterlaufen. Also auch das umstrittene Hafenprojekt am Urnersee, bei dem Sawiris erst im Februar zurückkrebsen musste. Und einen geplanten Hafen in Flüelen als Vorhaben ersatzlos strich. Gegen das Projekt gab es starke Opposition aus der ansässigen Bevölkerung.
In der Region ist zudem geplant, dass der Bahnhof Göschenen bei Andermatt zur Verkehrsdrehscheibe wird. Dabei geht es darum, Andermatt besser an den öffentlichen Verkehr anzubinden. Teil des Projekts ist die oben erwähnte neue Seilbahn direkt vom Bahnhof auf den Gütsch ob Andermatt. Tagestouristen hätten damit eine direkte Seilbahn ins Skigebiet. Die Umsetzung wird allerdings noch dauern. Momentan laufen Abklärungen über die Dimension des Vorhabens, ab 2030 soll dann die Realisierung an die Hand genommen werden.
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