Abgang der ChefredaktorinSally Buzbee wirft bei der «Washington Post» hin
Die «Washington Post» plant eine umfassende Umstrukturierung, nun muss wenige Monate vor der US-Wahl die Chefredaktorin ihren Platz räumen.
Seit 2021 stand Sally Buzbee an der Spitze der «Washington Post». Nun verkündete die US-Tageszeitung, dass Buzbee ihren Posten als Chefredaktorin räume. Bis zur anstehenden Präsidentschaftswahl im November soll Matt Murray, ehemaliger Chef des «Wall Street Journal», den Posten füllen. Danach wird Robert Winnett die Stelle übernehmen, bislang war dieser als Vizechef des britischen «Telegraph» tätig. (Lesen Sie hier den Artikel über die Rolle der Frauen im US-Journalismus).
Angesichts der wenigen Monate bis zum Wahltag kommt die personelle Neuaufstellung überraschend. Unter der Führung Buzbees gewann die Washington Post mehrere Pulitzerpreise, allein drei in diesem Jahr. Sie war die erste Frau an der Spitze der Zeitung. In US-Medien heisst es, sie habe ihren Posten im Rahmen interner Umstrukturierungen räumen müssen. Will Lewis, seit Januar Geschäftsführer der Zeitung, habe auf diesen Schritt bestanden, so die «New York Times». Mit Murray und Winnett hat er sich nun zwei Ex-Kollegen ins eigene Haus geholt.
Redaktion zeichnet ein anderes Bild
Aus der Ankündigung der «Washington Post» geht hervor, dass die Zeitung plant, einen neuen Teil der Redaktion aufzubauen, der sich insbesondere mit Bezahlangeboten abseits des traditionellen Journalismus befasst. Vor allem Verbraucherthemen und Social-Media-Angebote sollen dort beheimatet werden und die klassische Nachrichtenredaktion sowie den Meinungsteil ergänzen. In der Ankündigung bezeichnete Lewis die abberufene Chefredaktorin als «unglaubliche Führungspersönlichkeit», die man «schmerzlich vermisse».
Die Redaktion der «Washington Post» veröffentlichte in Reaktion auf den Schritt allerdings eine eigene Berichterstattung, die ein anderes Bild zeichnet. Zwischen Buzbee und der Geschäftsführung habe es gekracht, die Chefredaktorin habe wohl angesichts der Präsidentschaftswahlen um einen Aufschub der Umstrukturierungen gebeten. Zudem sei sie mit ihrer Rolle im neuen Gebilde der Zeitung nicht ganz zufrieden gewesen.
Nur noch weisse Männer in Führungspositionen
Lewis sei vom Eigentümer der Zeitung, dem Amazon-Gründer Jeff Bezos, eingesetzt worden, um gegen Abonnementkündigungen und einen finanziellen Verlust von 77 Millionen Dollar im vergangenen Jahr anzukämpfen, daher habe der Geschäftsführer wohl mit seinen Plänen nicht warten wollen. Angesichts dieser Umstände hätten sich Buzbee und Lewis darauf geeinigt, dass es besser wäre, wenn die Chefredaktorin ihren Posten verlasse, so die Darstellung der Redaktion. In einer Fragerunde im Anschluss an die Bekanntmachung sei der Personalwechsel kritisch aufgenommen worden.
Durch den Abgang Buzbees seien nun nur noch weisse Männer in den wichtigsten Führungspositionen, habe ein Redaktionsmitglied beanstandet und zudem bemerkt: «Es fühlt sich an, als hätten Sie zwei Ihrer Kumpel ausgesucht, um dabei zu helfen die ‹Post› zu leiten.»
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