Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Entwicklungsbehörde im Fokus
Musks «Doge-Kids» sorgen für chaotische Zustände bei USAID – Demokraten protestieren

Demonstranten halten Schilder bei einer Kundgebung zur Unterstützung der USAID in der Nähe des US-Kapitols am 5. Februar 2025. Eines der Schilder trägt die Aufschrift ’Stop Giving Pres. Musk Your Power’, ein anderes ’USAID = US Strength’.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Demonstrierende kritisieren den Einfluss von Elon Musk auf USAID.
  • Mitarbeitende wurden aufgefordert, im Homeoffice zu bleiben, oder beurlaubt.
  • Junge Ingenieure haben Sicherheitsprotokolle umgangen und Datenbanken infiltriert.
  • Senator Schumer nannte Musks Gruppe eine Schattenregierung.

Zu Wochenbeginn haben sich einige Hundert Demonstranten vor dem Hauptsitz der US-Entwicklungsbehörde USAID in Washington versammelt. Mit Plakaten protestieren sie lautstark gegen die Massnahmen der Regierung unter Präsident Donald Trump – und gegen den Einfluss von Techmilliardär Elon Musk.

Der laut Schätzungen reichste Mann der Welt hat – offenbar mit Segen aus dem Weissen Haus – einen regelrechten Feldzug gegen die Behörde gestartet, die er als «Schlangennest von linksradikalen Marxisten, die Amerika hassen», bezeichnet. Am Montag erhielten USAID-Mitarbeiter dann eine E-Mail: Sie sollen im Homeoffice bleiben.

Der mutmassliche Absender, zumindest indirekt: Musk und sein «Department of Government Efficiency», kurz Doge. Bereits zuvor waren Hunderte Mitarbeiter der Behörde entlassen oder beurlaubt worden, Führungskräfte wurden freigestellt. Die USAID-Website und ihr X-Account waren plötzlich nicht mehr zugänglich.

Was hinter den verschlossenen Türen der Behörde passiert, löst Verunsicherung aus. Musk soll laut Medienberichten Zugang zu sensiblen Regierungsdaten erhalten haben – im Namen der Kürzung von Staatsausgaben. Trump begegnete dieser Sorge auf Nachfrage mit einem beschwichtigenden Achselzucken: Musk dürfe nur Informationen sammeln, um Mitarbeiter zu entlassen, wenn «wir mit ihm einverstanden sind», sagte er. Ein Dementi klingt anders.

Musk: Gebt den Doge-Kids, was sie wollen

«The Guardian» enthüllt nun, wie Musks Leute dabei vorgegangen sind. So sollen junge IT-Spezialisten und Ingenieure aggressiv in die US-Regierungsbehörde eingedrungen sein. Sie verschafften sich demnach Zugang zu sensiblen Systemen, indem sie Druck auf Regierungsbeamte ausübten und Sicherheitsprotokolle umgingen. Es soll auch zu Streitereien mit Wachmännern gekommen sein, die Musks Leuten den Zutritt zu gesperrten Bereichen verweigerten. Bis eine Nachricht von Musk kam: Gebt den Doge-Kids, was immer sie wollen.

Laut «Guardian» habe Musk mindestens drei Mal mit Sicherheitsbeamten von USAID telefoniert und diese dabei vehement aufgefordert, seinen Leuten Zugang zu privaten Daten und gesperrten Bereichen zu gewähren. Musk soll auch mit der Einschaltung der US-Marshals gedroht haben, sollten sich die Sicherheitsbeamten weigern. Nach Musks direkter Intervention wurden Sicherheitsbeamte entlassen oder beurlaubt, sodass Doge schliesslich die Kontrolle über die Behörde erlangte. «Doge ist im Grunde aufgetaucht und hat die Macht übernommen», soll ein USAID-Mitarbeiter gesagt haben. Und Senator Andy Kim aus New Jersey warnt: «Wenn die Trump-Regierung hier Erfolg hat, werden sie das auch überall sonst versuchen. Das ist erst der Anfang.»

Auf gleiche Weise beschafften sich die Leute bereits sensible Daten des Gesundheits-, Bildungs- und Finanzministeriums. Bei Letzterem wurde der Zugang jedoch nach einer Gewerkschaftsklage auf zwei Personen beschränkt.

Musks Infiltrationstruppe bestehe aus jungen Männern unter 26 Jahren mit wenig Regierungserfahrung. Unter ihnen seien unter anderem ein KI-Spezialist und ein ehemaliger Spacex-Praktikant. Senator Chuck Schumer bezeichnete die Gruppe als «eine nicht gewählte Schattenregierung … die eine feindliche Übernahme der Bundesregierung durchführt».

USAID-Mitarbeiter berichteten von einer Atmosphäre der Angst, in der unklar war, wer noch eine Stelle hatte. Die Ereignisse zeigten, wie Musk und seine Anhänger Regierungsprozesse umgehen konnten, um Kontrolle über eine Behörde mit Milliardenbudget zu erlangen.

Senator: Das ist «illegale Machtausübung»

Vor allem wegen des mutmasslichen Einflusses Musks auf den Regierungsapparat haben mehrere demokratische Kongressmitglieder vor dem USAID-Gebäude kurzfristig eine Pressekonferenz einberufen. «Wir wollten aus erster Hand erfahren, was hier passiert», erklärt Senator Chris Van Hollen neben den Demonstranten. Ihm und seinen Kollegen wurde nach eigenen Angaben ebenfalls der Zugang zum Gebäude verweigert.

Gesetzgeber versammeln sich bei einer Kundgebung zur Unterstützung der US-Entwicklungsbehörde USAID nahe dem US-Kapitol in Washington, DC, um deren Schliessung zu protestieren, 5. Februar 2025.

«Während wir hier sprechen, erlaubt er Elon Musk, USAID einzunehmen», schimpft Van Hollen über Trump. Es handele sich um «illegale Machtausübung». Musk – der im Wahlkampf viel Geld an Trump gespendet habe – könne sich als «Diktator von Tesla» aufspielen, sagt er weiter. «Aber er kann nicht die US-Entwicklungsbehörde schliessen.»

Musk: Werfe USAID «in den Häcksler»

Die Demokraten betonen bei der Pressekonferenz mit Nachdruck, dass eine Umstrukturierung dieser Grössenordnung in den Zuständigkeitsbereich des Kongresses falle. Trump antwortet auf die Frage eines Reporters im Weissen Haus, ob das Parlament in den Prozess einbezogen werden müsse: «Das glaube ich nicht.»

Wen Trump definitiv einbezieht, ist Elon Musk. Er habe «das Wochenende damit verbracht, USAID in den Häcksler zu werfen», schrieb dieser auf der Plattform X. Offiziell hat Musk kein politisches Mandat – auch wenn das Weisse Haus am Montag die Distanz aufweichte und ihn plötzlich einen «Besonderen Regierungsangestellten» («Special Government Employee») nannte.

Wäre Musk offiziell Teil der Regierung, müsste er unter Umständen vom Senat bestätigt werden und strenge Ethikvorschriften einhalten – schwer vereinbar mit seinen Interessen als Chef von Tesla, Spacex und X. Der Verdacht wächst, dass der Techmilliardär diese Grenze zwischen privatem Einfluss und offizieller Regierungsverantwortung längst überschritten hat – und das ohne sich an die formalen Anforderungen zu halten.

Weisses Haus: Musk achtet selbst auf Interessenkonflikte

Das Weisse Haus versuchte in der Nacht auf Donnerstag zu beschwichtigen: Musk werde selbst darauf achten, dass es bei seinen Sparaktivitäten in der US-Regierung keine Interessenkonflikte gebe. Sollte Musk auf Verträge und Zahlungen stossen, bei denen es Interessenkonflikte geben könnte, werde er sich heraushalten, sagte Präsidentensprecherin Karoline Leavitt.

Die Entwicklungen bei USAID stehen sinnbildlich für die Wucht, mit der Trump in seine zweite Amtszeit gestartet ist: Eine Verordnung jagt die nächste, Regierungsstatements prasseln unaufhörlich auf die Öffentlichkeit ein. In den USA nennt sich das «flooding the zone» – die Informationskanäle also mit Schlagzeilen so überschwemmen, dass kaum noch zwischen wichtigen Entwicklungen und blosser Provokation unterschieden werden kann.

Personal der US-Entwicklungshilfe ab Wochenende beurlaubt

Die US-Entwicklungshilfebehörde USAID stellt vom Wochenende an weltweit einen Grossteil ihrer Mitarbeiter frei. Alle direkt angestellten Mitarbeiter seien ab Freitag, 23.59 Uhr, beurlaubt – mit Ausnahme von Beschäftigten auf unverzichtbaren Posten und in bestimmten Programmen. Wer von Ausnahmeregelungen betroffen sei, erfahre dies einen Tag vorher, schreibt die unter die kommissarische Leitung von US-Aussenminister Marco Rubio gestellte Behörde auf ihrer Webseite.

USAID kündigte nun an, für derzeit im Ausland stationiertes Personal würden innerhalb von 30 Tagen Heimflüge arrangiert. Härtefälle etwa bezüglich des Schulbesuchs von Kindern, medizinischer Bedürfnisse oder Sicherheitsbedenken würden berücksichtigt. Die Nachricht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Webseite schliesst mit den Worten: «Danke für Ihren Dienst.»

Bei der Behörde arbeiten rund 10’000 Menschen, zwei Drittel davon ausserhalb der USA. Im vergangenen Jahr wurden rund 50 Milliarden US-Dollar in Entwicklungshilfeprojekte gesteckt.

Grösster Geldgeber fällt weg

Der plötzliche Wegfall der US-Entwicklungshilfe würde schwer wiegen. Die USA gelten als das grösste Geberland weltweit. In Afrika wird für den Fall des dauerhaften Ausfalls befürchtet, dass die Zahl der Todesfälle durch vermeidbare Krankheiten massiv ansteigt. Betroffen sind zahlreiche Projekte in aller Welt, darunter der Wiederaufbau in der Ukraine sowie humanitäre Projekte in Nahost und in Afghanistan.

Mit Material der Nachrichtenagenur DPA