PR-Event für 1,5 MillionenAirbnb-Gladiatorenkämpfe im Kolosseum sorgen in Rom für Wut
Die Buchungsplattform veranstaltet im Weltkulturerbe zwei Spektakel für ausgewählte Gäste. «Wir sind hier nicht in Disneyland», heisst es aus der Politik.
- Airbnb plant im Kolosseum Gladiatorenkämpfe für Mai 2025.
- Die PR-Aktion unterstützt den Film «Gladiator 2» und soll Renovationsarbeiten ermöglichen.
- Römer kritisieren die Kommerzialisierung ihres Kulturerbes und steigende Mietpreise wegen Airbnb.
- Politiker diskutieren, ob die Veranstaltung dem kulturellen Erbe gerecht wird.
Es gibt ein paar Grundregeln aus dem alten Rom, die in Italiens Hauptstadt immer noch ihre Gültigkeit haben. Eine davon: Vor Gladiatoren sollte man sich in Acht nehmen. Früher konnte man keinesfalls sicher sein, aus einer Begegnung lebend herauszukommen. Heute handelt es sich bei den Gestalten rund um Kolosseum und Engelsburg mit Helm und Lendenschurz des Öfteren um Trickbetrüger, die Touristen Geld aus der Tasche ziehen.
Gegen solche Methoden sind die Römer mit ihrer 2000-jährigen Erfahrung in der Regel gefeit. Nun allerdings gibt es anderen Gladiatorenärger. Denn nach fast 2000 Jahren soll es in Rom wieder Kämpfe im zwischen 72 und 82 nach Christus erbauten Kolosseum geben. Organisiert werden sie ausgerechnet von Airbnb.
«Du wirst den Adrenalinrausch spüren»
Am 7. und 8. Mai 2025 haben je 8 Personen mit Begleitung die Möglichkeit, ab 21 Uhr an einem Event in der Arena teilzunehmen. Zum zwei- bis dreistündigen Programm in historischer Kulisse gehören Vorführungen von Freizeitgladiatoren, aber auch Unterricht in Kampfpraktiken für die Besucher selbst.
«Du wirst den Adrenalinrausch, den Sand zwischen deinen Fingern und das Gewicht deiner Rüstung spüren», heisst es in der Ankündigung von Airbnb. «Übe dich in der Kunst des Gladiatorenkampfes und stelle deine Fähigkeiten im Duell gegen deine Mitstreiter und Mitstreiterinnen unter Beweis.» Die Gratistickets werden ab dem 27. November verlost. Anreise und Unterkunft zahlen die Teilnehmenden selber.
Das Erlebnis ist Teil der Airbnb-Kategorie Ikonen. Seit dem Sommer bietet der Konzern exklusive Erlebnisse an, zum Beispiel eine Übernachtung im Barbiehaus oder im Musée d’Orsay. Vielfach handelt es sich dabei um PR-Aktionen für Stars oder Filme. Das ist auch in Rom der Fall. Der Event promotet den Film «Gladiator 2».
Airbnb zahlt der für das Kolosseum zuständigen staatlichen Verwaltung eine Nutzungsgebühr von 1,5 Millionen Dollar (1,33 Millionen Franken). Das Geld soll für den Unterhalt des Kolosseums verwendet werden. Der Konzern lobt das selbst als Beitrag zu «nachhaltigem Tourismus in Europa mit Blick auf dessen Kulturerbe».
«Eine entwürdigende Nutzung»
Dass ausgerechnet die als Mietentreiber verschriene Buchungsplattform die alten Kampftage im Kolosseum aufleben lässt, sorgt in der unter dem Tourismus ächzenden Hauptstadt für Wut. Rom mit seinen knapp 3 Millionen Einwohnern erwartet 2025, welches der Vatikan zum Heiligen Jahr ausgerufen hat, über 40 Millionen Gäste. Und die Gegend rund ums Kolosseum gehört zu den Vierteln, in denen praktisch keine Mietwohnungen mehr zu bekommen sind. Dafür gibt es bei Airbnb Angebote wie dieses: «Luxusunterkunft mit ikonischer Aussicht, nur wenige Gehminuten von den wichtigsten Attraktionen entfernt», 1400 Euro pro Nacht.
Die Associazione Abitanti Centro Storico, ein Zusammenschluss der Bewohner von Roms historischem Zentrum, nennt es «beschämend, wie man ohne geringste Skrupel die an Bord holt, die dazu beitragen, Geschichte und Leben der Leute zu zerstören». Massimiliano Smeriglio, der Kulturbeauftragte der Stadt Rom, bezeichnet die PR-Aktion gar als Beleidigung. Er habe Airbnb gebeten, vom Plan abzusehen, um eine «entwürdigende Nutzung unseres historisch-künstlerischen Erbes zu vermeiden.»
Auch die Präsidentin der römischen Kulturkommission, Erica Battaglia, warnt davor, die antike Kampfarena in einen Vergnügungspark zu verwandeln. «Das Kolosseum ist ein Weltkulturerbe, und man muss alles tun, um es zu schützen, aber auch, um es allen zugänglich zu machen und zu verhindern, dass es zu einem Ort des Spasses für einige wenige wird», sagte sie in einer Erklärung. Noch weiter geht Enzo Foschi, der Sekretär der in Rom regierenden Sozialdemokraten. Laut ihm will Airbnb das Kolosseum lächerlich machen. «Wir sind nicht in Disneyland, wir sind in Rom. Hin und wieder scheint das jemand zu vergessen.»
Amerikaner besetzen das römische Imperium
Dieser jemand dürfte in der italienischen Regierung sitzen. Denn die Partei der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni unterstützt die umstrittene Zusammenarbeit. Federico Mollicone, Mitglied der Fratelli d’Italia und Vorsitzender des Kulturausschusses des Unterhauses, verspricht den Touristen «eine Gladiatorenshow von hoher wissenschaftlicher Qualität, die von Beamten des Kulturministeriums koordiniert wird». Den politischen Gegnern unterstellt Mollicone «linke Vorurteile» und wirft ihnen «Hass auf die römische Tradition und Geschichte» vor.
Wie viel Airbnb von Tradition versteht, könnte Mollicone auch gleich noch klären. Bei der PR-Aktion sorgte für zusätzlichen Ärger, dass sich die Buchungsplattform in einem Tiktok-Video gleich das gesamte Römische Reich zu eigen machte. Das Filmchen in breitestem Amerikanisch ist betitelt: «This Is Our Roman Empire» («Das ist unser römisches Imperium»).
DPA/nlu
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