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Spurensuche in Inkwil
Kevin, der Knutscher? Wir haben uns im Dorf des «Jung, wild & sexy»-Stars umgehört

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In Kürze:
  • Die Reality-Show «Jung, wild & sexy» präsentiert den 23-jährigen Kevin aus Inkwil.
  • Das TV-Debüt überrascht die meisten Leute im Dorf.
  • Kevin verbringt zusammen mit Gleichaltrigen Partyferien in Kroatien.
  • Die Sendereihe erfreut sich auf der Streamingplattform Oneplus grosser Beliebtheit.

Ein Fernsehstar aus den eigenen Reihen? Viele in Inkwil reagieren nur mit einem ungläubigen Kopfschütteln. Kaum jemand im Oberaargauer Dorf, das zwischen Herzogenbuchsee und der Kantonsgrenze zu Solothurn liegt, scheint mitbekommen zu haben, dass einer der ihren gerade seine ersten Gehversuche vor laufender Kamera macht.

Genau davon handelt ein Communiqué, das auf die aktuellen Folgen von «Jung, wild & sexy» aufmerksam macht. «Inkwiler Frauenschwarm Kevin feiert sein TV-Debüt!» wirbt eine PR-Agentur für die Sendereihe aus dem Medienhaus CH-Media und: Der 23-Jährige, seit jeher in Inkwil wohnhaft, mache mit Gleichaltrigen Ferien in Kroatien und feiere «die Party seines Lebens».

Landschaftsaufnahme eines Sees inmitten von grünen Feldern und Wäldern, mit einer kleinen Gemeinde im Hintergrund unter bedecktem Himmel.

Doch an den 700 Inkwilerinnen und Inkwilern ist die Botschaft offenbar vorbeigegangen. Wo man auch nachfragt, in der Dorfbeiz und im Dorfverein, beim Gewerbe oder auch bei den Behörden, die Antwort lautet immer gleich. Kevin bei der Partyhorde von «Jung, wild & sexy»? Noch nie gehört. Wenn schon, verfolge man das doch weit harmlosere Liebeswerben bei «Bauer, ledig, sucht».

Der Nachzügler in Kroatien

Dabei hat «Jung, wild & sexy» vor 15 Jahren bei der Premiere im Schweizer Privatfernsehen mächtig Staub aufgewirbelt. Und polarisiert: Während die einen fasziniert beobachteten, wie die Jugendlichen beim Feiern die Sau rausliessen und weder vor Alkoholexzessen noch vor sexuellen Anzüglichkeiten zurückschreckten, wandten sich die anderen angewidert ab. Das Wort Volksverblödung machte die Runde.

Auch Kevin lässt nichts anbrennen, als er in der aktuellen Staffel als Nachzügler dazustösst. Dass sich die Gruppe bei seinem Eintreffen schon ein Stück weit gefunden hat, wirft ihn nicht weiter aus der Bahn. Kaum angekommen, schnappt er sich eine der jungen Frauen und gibt ihr einen langen, innigen Zungenkuss. Oder hat am Ende sie sich an seine Brust geworfen?

Wie auch immer, seither ist Kevin am Bildschirm der Knutscher vom Dienst. Diesen Ruf wird er nicht mehr los.

Kevin ohne Nachnamen

Im Vergleich zu dem, was in Kroatien weiter passiert, erscheint dieses Etikett indes noch ziemlich harmlos. Die jungen Leute scheinen ihre Ferien bei «jung, wild & sexy» unverändert ganz nach dem Motto zu verbringen: Je später der Abend und je höher der Promillepegel, desto derber das Vokabular und desto eindeutig-zweideutiger die Anmache.

Ein lächelnder Mann mit einem Spielzeug auf dem Kopf in einem farbenfroh dekorierten Raum.

Welch unschöne Folgen dies haben kann, mussten andere vor ihnen schmerzlich erfahren. So hatte in den Anfängen der Sendereihe plötzlich der eine Probleme im Lehrbetrieb und der andere im Sportverein, beide bekamen zu hören, ihr Verhalten decke sich nicht mit den Werten, die man erwarte und lebe. Der Tadel war die Kehrseite des Ruhms, den die Protagonistinnen und Protagonisten damals kurzzeitig genossen.

Ein Mann mit T-Shirt steht lächelnd in einer engen, malerischen Gasse. Im Hintergrund gehen Menschen in sommerlicher Kleidung spazieren.

Ob Kevin genau deshalb ausdrücklich darum bittet, im Zusammenhang mit «Jung, wild & sexy» nur beim Vornamen genannt zu werden? Schliesslich vergisst das Internet nie. Und weiter: Ob Kevin genau deshalb nur schriftlich und nur via Umweg über die Agentur auf Fragen antwortet? Die offizielle Begründung lautet zwar anders. Er habe im Moment so viel zu tun, dass für Interviews keine Zeit bleibe.

Der Kumpel aus der Schweiz

Einblicke in sein Leben und seine Motivation, vor die Kamera zu treten, geben die Zeilen alleweil. Im Grunde genommen ist die Sache banal: Ihn lockten die Ferientage in Kroatien sowie die Aussicht, diese gemeinsam mit seinem Kumpel Sandro verbringen zu können, der ebenfalls mit von der Partie ist.

Zwei junge Männer lachen bei Nacht in einer städtischen Umgebung, im Hintergrund sind Müllcontainer und Lichter einer Stadt zu sehen.

Allerdings nicht nur. Ihn habe auch die Erfahrung gereizt, statt nur immer zuzuschauen einmal selber mitzumachen. «Das war spannend und crazy». Gleichzeitig gesteht Kevin ein, dass das Zusammenleben mit so verschiedenen Leuten schwierig werden kann. Die anderen seien zwar alle «sehr lieb und korrekt», wegen ihrer «Mödeli» gebe es aber auch Spannungen. Ob er ein zweites Mal teilnehmen würde, lässt er deshalb offen. «Ich gehe ja auch nicht in die Ferien, um die ganze Zeit Stress zu haben.»

Ein Mann in einem dunklen Hemd steht nachts vor einer beleuchteten Stadt am Wasser. Im Hintergrund sind Lichter und schwach sichtbare Boote auf dem Wasser.

Keine Rolle bei diesen Überlegungen spielt sein Umfeld. Alle hätten sehr positiv reagiert, die Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen auf der Arbeit genauso wie die Eltern, schreibt Kevin. Letztere fänden es sogar «eher cool, dass ich dabei bin». Klar im Nachhinein gebe es die eine oder andere Situation, bei der «man selber auch schmunzeln muss und sich denkt: ‹Warum habe ich das gemacht?›». Den ominösen Kuss zum Auftakt etwa sieht er heute kritisch.

Die Wurzeln von «Jung, wild und sexy»

Das tönt abgeklärt und deckt sich mit dem, was Edzard Schade feststellt. Der Forscher, der an der Fachhochschule Graubünden lehrt, beobachtet die Schweizer Medienlandschaft seit Jahren, und er fährt fort: Wer heute bei «Jung, wild & und sexy» mitmacht, kann mit den Folgen medialer Präsenz umgehen. Tiktok, Instagram und Co. bieten ständig Gelegenheit zum Üben – zum Start der Sendereihe vor 15 Jahren dagegen war Social Media noch weitgehend unbekannt und die feierfreudige Jugend entsprechend unerfahren.

Schade stellt «Jung, wild & sexy» in eine Reihe mit «Big Brother», jener Show aus den 1990er-Jahren also, die in unzähligen Varianten den Alltag in einer Container-WG dokumentiert. «Big Brother» begründete mit dem Reality-TV eine neue Sendegattung, die sich bis heute grosser Beliebtheit erfreut. Sie tut dies quer durch alle Schichten und gerade bei den Frauen, die 60 Prozent des Publikums stellen. Das stetige Beobachten und die Frage, wer wann welche Grenze überschreitet, üben laut Umfragen einen ungebrochenen Reiz aus.

Mit «Jung, wild und sexy» positioniere CH-Media sich mit einem spezifisch auf jüngere Leute zugeschnittenen Konzept auf dem Markt, sagt Schade noch. Das sei bemerkenswert, weil die massiven Umbrüche bei den Sehgewohnheiten in diesem Segment besonders spürbar seien.

Inkwil regt sich doch noch

Weniger lineares Fernsehen mit fixem Programm und mehr Streaming im Abo lautet die Devise – die Verantwortlichen nehmen den Trend insofern auf, als sie «Jung, wild & sexy» intern vom frei zugänglichen Sender 3+ in den bezahlpflichtigen Streamingdienst Oneplus verschoben haben. Mit Erfolg offenbar: Die Sendereihe spreche vor allem «ein junges, digital affines Publikum» an und sei aktuell «das meistgesehene Format auf Oneplus», schreibt die PR-Agentur auf Nachfrage.

Willkommen in Inkwil Schild vor grüner Landschaft mit Inkwilersee im Hintergrund. Foto: Beat Mathys / Tamedia AG.

In einer Zeit, in der bei jungen Leuten das Ausgehen an Bedeutung verloren hat und das Reisen dafür umso gefragter ist, hat sich «Jung, wild & sexy» auch inhaltlich gewandelt. Vor laufender Kamera gefeiert wird heute nicht mehr wie noch vor 15 Jahren im Schweizer Nachtleben, sondern auf einer Partymeile irgendwo im Ausland.

Zurück in den Oberaargau, zurück nach Inkwil, wo Kevin plötzlich doch noch Interesse zu wecken scheint. Zumindest ein bisschen, wie ein junger Mann aus dem Dorf beobachtet: «Zu erwähnen ist», schreibt er in einer Mail an die Redaktion, «dass nun doch einige davon Wind bekommen haben, dass er in der Serie mitmacht».

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