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Kolumne «Dorfgeflüster»
Riesenrad statt Hamsterrad

Darüber spricht das Dorf.
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Raum und Zeit – sie strukturieren das Leben der Erwachsenen durch. Spätestens mit der ersten Uhr ändert sich das auch für Kinder. Aber für sie reicht es, die Uhr auszuziehen. Und schon haben sie die Freiheit wieder gewonnen.

«Mama, wann gehen wir aufs Riesenrad?» «Heute nicht.» «Warum nicht?» «Das Wetter.» «Du hast auch immer eine Ausrede.» Der Neunjährige griff beherzt nach meinem Handy, dessen Code er mir längst abgeluchst hat, öffnete die Wetter-App und sagte: «Morgen ist es schön. Dann gehen wir. Es ist das grösste Riesenrad der Schweiz.»

Das Riesenrad stand schon seit einigen Tagen auf dem Dorfplatz Küsnacht. Weitherum sichtbar. Beeindruckend gross. Besonders für jemanden, der lieber festen Boden unter den Füssen hat. Und Chilbi-Bahnen meidet. «Jetzt komm schon.» «Die Gondeln drehen nicht um sich selbst?» «Neeein.»

Weitherum sichtbar und beeindruckend hoch mit seinen 45 Metern – das Riesenrad auf dem Dorfplatz Küsnacht.

Da sassen wir auch schon in einer Gondel und schwebten langsam empor, höher als das Hotel am Platz, das Gemeindehaus, zum Kirchturm hinauf… der Blick weitete sich auf den tiefblauen Zürichsee, die noch immer verschneiten Glarner Alpen. Wow. Der Rundumblick drohte mir den Atem ganz zu rauben, als wir bereits wieder Richtung Boden schwebten. Und gleich wieder hoch. «Da ist die Musikschule. Und schau, der Sportplatz. Und das da hinten, ist das nicht meine Schule?»

Dank dem Riesenrad konnte vom Dorfplatz Küsnacht aus für kurze Zeit Seesicht genossen werden.

Von Runde zu Runde gelang es mir besser, die knarzigen Geräusche des Riesenrads zu ignorieren. Und mich zu entspannen. «Hast du diese Dachterrasse gesehen? Und die da drüben?» Viele kleine, mir bisher unbekannte Paradiese auf den Dächern von Küsnacht erschlossen sich uns. «Bitte bergseits aussteigen», hiess es da unverhofft.

Mit einem verträumten Lachen verliess ich die Gondel, als Letzte. Es waren fünf, vielleicht sechs Minuten gewesen. Aber ich fühlte mich Raum und Zeit enthoben. Riesenrad statt Hamsterrad – was für eine Wohltat. Der Rest der Familie war schon weg, ich musste rufen: «Gehen wir noch einmal?» Ungläubige Gesichter, freudige Zustimmung. Und noch einmal eine Auszeit. Fünf Runden lang.