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Interview mit Postpräsident
«Solange die Leute die A-Post wollen, bieten wir diese an»

SonntagsGespräch mit Post-Präsident Christian Levrat. Foto: Beat Mathys / Tamedia AG.
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Herr Levrat, Sie forderten am Donnerstag an der Bilanzmedienkonferenz mehr Spielraum von der Politik für das Postgeschäft. Etwa, um die A-Post abzuschaffen?

Es geht darum, dass die Politik uns die Freiheit gibt, auf die Bedürfnisse der Kunden rasch zu reagieren. Indem uns mehr Handlungsspielraum im Bereich der Logistik erteilt wird. Oder dadurch, dass notwendige Impulse – beispielsweise beim elektronischen Patientendossier, bei E-Voting oder bei der E-Post – gegeben werden. Die Frage ist: Hat die Post die Freiheit, rasch genug auf die Erwartungen der Kunden zu reagieren? Sowohl bei der Anpassung ihrer Dienstleistungen im physischen Bereich wie beim Ausbau eines digitalen Angebots? Kurzfristig bis mittelfristig gibt es ein klares Kundenbedürfnis für eine A-Post und die Zustellung von Zeitungen. Für die Zeit danach brauchen wir die Freiheit, unser Angebot von den realen Entwicklungen am Markt abhängig zu machen.

Sie sprechen von «kurz- bis mittelfristig». Langfristig ist die A-Post also verhandelbar?

Fakt ist, dass in der Schweiz die Briefmengen rückläufig sind. Das Tempo dieses Rückgangs beschleunigt sich jährlich und ist im Ausland sogar grösser. Solange die Kunden die A-Post wollen, werden wir diese anbieten. Ich gehe davon aus, dass wir in Zukunft jeden Tag zustellen werden – sei es Briefe, Pakete, Werbung und Zeitungen. Der Trend wird aber in Richtung «mehr Pakete, weniger Briefe» gehen.

Ihr Dienstherr Albert Rösti liebäugelt jedoch mit einer solchen Massnahme. Inwiefern bieten Sie Hand dazu?

Es gilt, zu unterscheiden zwischen dem kommerziellen Angebot der Post und den Vorgaben des Bundes als Gesetzgeber. Die Diskussionen über Art und Umfang der Grundversorgung sind durchaus legitim. Sie geben vor, was die Post im Minimum anbieten muss. Egal, wie die Entwicklung am Markt ist. Unsere Aufgabe ist, unseren Leistungskatalog näher an die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft anzupassen. Die Kundschaft bestimmt, welche Dienstleistungen die Post anbietet – und das über die Grundversorgung hinaus. Genau hier benötigen wir Flexibilität, um rasch genug reagieren zu können.

Sie verlangen vor allem wegen der Digitalisierung eine längere Leine von der Politik: Was bedeutet es, das Filialnetz digitaler zu machen?

Es bedeutet, dass wir die Nähe zur Bevölkerung aufrechterhalten wollen. Diese Nähe ist unser Wettbewerbsvorteil. Die Art und Weise des Zugangs für die Kundschaft ist aber ein anderes Thema. Es wird ein Mix aus eigenbetriebenen Filialen, Filialen mit Partnern, Lösungen wie unseren My-Post24-Automaten genauso wie digitalen Angeboten sein.

Wie gross wird der Anteil der Filialen sein, welche die Post in den nächsten zehn Jahren aufgibt?

Wir planen zunächst für die kommenden vier Jahre, also für die Periode von 2025 bis 2028. Die Diskussionen über die Filialen sind am Laufen, deshalb kann ich darüber noch nichts sagen. Langfristig ist aber vorgesehen, die Zahl der Servicepunkte zu erhöhen. Damit gemeint sind Zugangspunkte wie «My Post Services», die Abholstellen für Pakete bei Tankstellen und in Bahnhöfen oder unsere Paketautomaten. Ausschlaggebend dafür ist die Nachfrage. Wir wollen keine Angebote forcieren, die an den Bedürfnissen der Kunden vorbeigehen. Unser Ziel ist es, alle Ansprüche aus der Bevölkerung abzudecken.

Was heisst das für das Personal?

Ein massiver Stellenabbau steht derzeit nicht im Vordergrund. Vielmehr ist unsere Hauptsorge, genügend Angestellte zu finden. Bis 2030 verlässt uns ein Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem wegen Pensionierungen. Neue Fachkräfte zu finden, stellt die Post vor Herausforderungen. Wir müssen weiter als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Ich kann aber nicht ausschliessen, dass es punktuell zu Anpassungen beim Personalbestand kommt.

Apropos Digitalisierung: Wann wird aus Ihrer Sicht der Papierbrief komplett verschwinden?

Das wird er nicht. Und es ist kein Szenario, auf das wir uns einstellen. Die Post arbeitet bewusst an hybriden Angeboten. Das heisst, wir werden in Zukunft physische und digitale Produkte anbieten. Das beste Beispiel dafür ist die E-Post: Kunden können wählen, ob sie ihre Geschäftskorrespondenz in Papierform oder elektronisch zugestellt erhalten wollen.

Anhand von E-Post sehen wir aber, worauf die Digitalisierung hinausläuft. Der analoge Briefkasten ist gratis, ein elektronischer hingegen kostet. Wird die Kundschaft in Zukunft für ihren Briefkasten in digitaler Form bezahlen müssen?

Nein, der Kunde bezahlt nicht für den digitalen Briefkasten. Wenn Firmen uns Ihre Korrespondenz digital übergeben, dann werden sie dem Empfänger gratis zugestellt. Er zahlt eine kleine Gebühr. Das ist lediglich der Fall, wenn der Empfänger von uns verlangt, dass wir seine Papierpost scannen und sie ihm dann elektronisch zustellen. Es ist ein Angebot, das jetzt schon erfolgreich am Markt ist.

Anhaltende Kritik aus dem bürgerlichen Lager gibt es dafür, dass die Post die Privatwirtschaft konkurriert. Mit der Lancierung eines eigenen Mobilfunkangebots im Februar bringen Sie diese Stimmen ja nicht wirklich zum Verstummen.

Die Ausgangslage ist relativ klar: Wir dürfen uns nur am freien Markt bewegen, wenn wir dafür eine rechtliche Grundlage haben. Diese besteht für den Bereich Kommunikation und Logistik. Wir sind sogar gezwungen, innovative Produkte in diesen beiden Bereichen anzubieten. Wir befinden uns mit Post Mobile also völlig in einem rechtskonformen Rahmen. Kommt hinzu, dass wir ja nicht als Netzbetreiber auftreten. Wir nutzen vielmehr die Infrastruktur von Salt und beleben mit einem eigenen Mobilfunkangebot den Wettbewerb.

Die Politik hält den Druck aufrecht: Der Nationalrat hat am Mittwoch bereits einen zweiten Vorstoss angenommen, wonach der Bundesrat künftig Zukäufe der Post absegnen muss. Warum lassen Sie es auf einen derartigen Einmischungsgrad der Politik ankommen?

Die Kritik kommt mir etwas zu ideologisch daher. Wenn ich Parlamentarierinnen und Parlamentarier frage, wo genau die Post ausserhalb ihres Service-public-Auftrags tätig ist, erhalte ich keine konkreten Beispiele genannt. Wenn wir Firmen kaufen, geschieht dies in erster Linie, um unsere eigenen Dienstleistungen zu stärken, um die Digitalisierung unseres Angebotes zu beschleunigen oder um unsere Logistik zu sichern. Wir wildern also nicht um jeden Preis in fremden Geschäftsbereichen, um den Betriebsgewinn zu steigern. Dieses Bild ist falsch.