E-Post fürs SmartphoneBriefe und Rechnungen aufs Handy? Selbsttest zeigt, was die Post-App taugt
Die Post bewirbt ihren digitalen Empfangsservice für Briefe und Rechnungen. Für einen wirklichen Mehrwert müssen Kundinnen und Kunden in die Tasche greifen.
Plakate für die sogenannte E-Post prangten kürzlich auf Schweizer Werbeflächen. Im Sommer 2021 lanciert, wollte die Post mit der App ein neues Zeitalter einleiten. Ist sie doch ursprünglich in einem Bereich tätig, der mindestens ausserhalb des Paketegeschäfts immer mehr an Relevanz verliert. «Rechnungen bezahlen oder die Korrespondenz der Versicherung oder Banken digital erhalten: Das und vieles mehr ist ab heute mit einem Griff in die Hosentasche möglich», hiess es damals.
Die aktuellen Inserate für die E-Post haben mich neugierig gemacht. Denn es wäre ja schön, künftig nicht immer zum Briefkasten gehen zu müssen. Also lud ich mir kürzlich die App herunter, meldete mich an und erhielt kurz darauf per analoger Post einen Verifizierungscode für meine Adresse, den ich dann eingab, um loszulegen: Sofort wollte ich mir für die künftige digitale Zustellung alle Firmen und Ämter auswählen, die mir derzeit die Post noch klassisch zustellen.
Komplizierte Navigation
Doch wie macht man das nur? Denn auf der Startseite wird zwar der Menüpunkt «Digitaler Briefkasten» angezeigt, doch dieser ist logischerweise noch leer. Um das zu ändern, muss man auf den Menüpunkt «Mein Profil» klicken und dann weiter auf «Absender verwalten». Nicht sehr benutzerfreundlich, finde ich.
Die Post schreibt: «Wir haben sowohl positives Feedback als auch Punkte zur Optimierung der Benutzerfreundlichkeit erhalten.» Verbesserungen seien ein kontinuierlicher Prozess, «und wir sind stetig dabei, das Nutzererlebnis basierend auf dem Feedback zu optimieren».
Die möglichen Absender öffnen sich in einer alphabetisch geordneten Liste von Ämtern und Unternehmen, die beim Service mitmachen. Es sind also anscheinend nicht alle automatisch dabei. Und: Es sind, wie sich zeigt, noch nicht sehr viele. Beim Buchstaben B beispielsweise gerade einmal 17 Stück, darunter ein Blumengeschäft, eines für Brautmode und ein Biohof.
2,3 Millionen Sendungen – 1,6 Milliarden Briefe
Nur, wo sind die richtig grossen Firmen? Ich finde jedenfalls keine einzige jener Unternehmen, Versicherungen oder Behörden darunter, die mir Dokumente oder Rechnungen schicken.
Fragt man die Post, wie der Service läuft, klingt sie sehr zufrieden: «Die E-Post-App ist gut gestartet und nimmt stetig Fahrt auf. Derzeit zählen wir eine sechsstellige Nutzerzahl im Schweizer Markt.» Im vergangenen Jahr seien 2,3 Millionen Sendungen über die E-Post-Kommunikationsplattform versendet worden.
Das klingt nach viel, ist es aber noch nicht. Denn im gleichen Zeitraum haben die Pöstlerinnen und Pöstler insgesamt 1,6 Milliarden adressierte Briefe zugestellt. Vielleicht auch deshalb wurde die aktuelle Werbekampagne gestartet. Eine Antwort darauf, wie teuer diese ist, erhält man von der Post aber nicht, auch nicht auf die Frage, was die Entwicklung der App kostete.
Scanning-Service geht ins Geld
Zur Anzahl der teilnehmenden Firmen schreibt die Post: «Zu den Firmenkunden gehören beispielsweise Vaudoise, Die Mobiliar, die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern oder des Kantons Bern.» Weitere Firmen und Behörden würden laufend dazustossen. Trotzdem: Zum jetzigen Stand bringt mir die App für die Postzustellung wenig.
Doch die E-Post-App bietet selbst eine Lösung an, wie sie sich wirklich nützlich machen kann: Ein sogenannter Scanning-Service für 9.90 Franken im Monat wird darauf beworben. Es kommt mir vor, als sei die E-Post-App nur die Basisfunktion, während mir eigentlich die Pro-Funktion schmackhaft gemacht wird. Denn mit dem Scanning-Service erhält man alle Post garantiert digital.
Für den Erhalt einer Rechnung zahlen?
Ist die Post also in Wahrheit mal wieder auf der Suche nach einer neuen Einnahmequelle? Der Staatsbetrieb schreibt dazu: «Der Preis von 9.90 Franken deckt im Wesentlichen die Kosten für das Scanncenter, die Aufbewahrung und das Porto und orientiert sich an den Marktpreisen.» Derzeit würden etwa 5 Prozent der E-Post-Nutzer diesen Service nutzen.
Mir jedenfalls erschliesst sich dieser Preis nicht, denn wieso für den Erhalt einer Rechnung auch noch Geld bezahlen? Und monatlich 9.90 Franken nur aus Bequemlichkeit auszugeben, das kommt mir dann doch etwas dekadent vor. Vorerst lösche ich die App also wieder. Und gebe der Post noch etwas Zeit.
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