Papablog: Samichlaus im AnmarschGeht es auch ohne Rute und Moralkeule?
Unser Papablogger würde den heutigen Tag gerne meistern, ohne erzieherische Aspekte zu betonen. Und hätte da eine Frage an die Leserschaft.

Mit der aktuellen Version des Nikolausfests, wie es für meine Kinder und in ihrem Freundeskreis begangen wird, komme ich als Atheist ziemlich gut klar. Die religiös geprägte deutsche Variante, die ich hauptsächlich kennen gelernt habe, ist schon in sich eine ziemlich weltliche Veranstaltung mit minimalen religiösen Referenzen und umso mehr weltlichem Geplänkel: Schuhe putzen und Süssigkeiten rein. Dazu eine Kleinigkeit zum Spielen oder (Vor)Lesen für die Kleinen und ein «lustig» gefalteter Geldschein für die Grossen.
Ohne Youtube wüsste ich mir bei Letzterem gar nicht zu helfen. Jedes Jahr sitze ich am 5. Dezember vor dem Bildschirm und schaue zu, wie andere Leute Fünf- oder Zehneuroscheine kunstvoll zu Hemden, Stiefeln, Fröschen oder Herzen falten.
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Hoffen und Warten auf Licht und Wärme
Mir gefällt diese Tradition. Mit Kindern durch die dunkle Jahreszeit zu kommen, wäre ohne Feste, Lichter und Geschenke viel, viel schlimmer. Während immer irgendjemand krank wird, watet man bis zum Hals in Überforderung und versucht, die gute Laune einigermassen aufrecht zu erhalten. Aber die Kinder gehen im Dunkeln zur Schule und kommen im Dunkeln zurück. Die Sonne ist weg, es gibt kein leckeres Obst und man trifft sich nicht mehr zufällig draussen. Und falls man sich doch draussen trifft, braucht man dafür unzählige Kleidungsstücke, die ständig verbummelt werden.
«Ist das Kind denn auch brav und artig gewesen?»
Eigentlich ist man nur noch am Hoffen und Warten auf Licht und Wärme und versteckt sich bis dahin in dem Satz von Hemingway, nach dem, wenn der Frühling kommt, selbst der trügerische Frühling, es keine Probleme ausser dem gibt, wo man am glücklichsten sein wird.
Deswegen Feste. Gerne auch religiöse Feste und am liebsten auch mal andere als immer nur christliche. Das wäre erstens nur fair und ist mir zweitens als Atheist auch komplett egal. Welcher Religionsanbieter die Festgelegenheit stellt, kümmert mich nicht. Nur mit den Inhalten habe ich manchmal so meine Schwierigkeiten.
Ausgerechnet im gottlosen Berlin habe ich vor Jahren mal in einer Kita eine Nikolausfeier erlebt, bei der vor den versammelten Eltern tatsächlich zunächst die Frage geklärt wurde, «ob das Kind denn auch brav und artig gewesen ist». Mit Aufzählungen darüber, was alles so im vergangenen Jahr in die eine oder andere Richtung passiert ist. Ich wusste also danach, dass der kleine Theo zwar immer seinen Teller abgeräumt hat, aber nie die Stifte abgeben wollte, obwohl mich das nichts angeht und Theo echt was Besseres verdient hat. Gruselig.
Schwarze Pädagogik, Ruten und Dämonen
Daher meine Frage: Wie läuft das bei Ihnen? Mal abgesehen, dass wir mit Blick auf den Schmutzli bei Gelegenheit noch mal über Blackfacing reden sollten: Spielen wie schwach auch immer ausgeprägte erzieherische Massnahmen bei Ihnen noch eine Rolle oder ist der 6. Dezember einfach nur eine gute Gelegenheit, um Kinder zu beschenken, leckere Sachen zu essen und sich mit der Familie zu treffen?
Mir ist natürlich klar, dass Sie hier nicht den österreichischen Krampus-Dämon auspacken. Und selbst wenn: Es würde wohl kaum so aussehen wie in früheren Zeiten, wo man sich über Abbildungen gefreut hat, auf denen Krampus Kinder mit seiner Zunge umwickelt und mit Ruten schlägt (gemeinfrei) oder unartige Buben in Ketten legt und in seine Kiepe stopft (ebenfalls gemeinfrei).
Aber interessieren tut es mich schon. Läuft der Schmutzli einfach so mit? Trägt der dem Samichlaus die Sachen? Wird die Möglichkeit zur Bestrafung wegen Unartigkeit noch von irgendeinem Erwachsenen kurz in den Raum gestellt, da dann aber auch unbenutzt stehen gelassen? Oder wird wie früher schwarze Pädagogik und eine Rute ausgepackt, um Kinder zu verängstigen? Was macht für Sie dieses Fest aus?
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