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Verheerende Emissionsbilanz
Pandemie beschert Privatjets und Superjachten einen Boom

Hohe CO₂-Bilanz: Die Luxusjacht Eclipse von Milliardär Roman Abramowitsch. Hier bei Villefrance-sur-Mer an der französischen Riviera.
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Ausgerechnet bei der Weltklimakonferenz in Schottland Anfang November landeten auf den Flughäfen in Glasgow und Edinburgh zum COP26-Auftakt 118 Privatjets. Im Laufe der zweiwöchigen Veranstaltung kamen noch rund 300 weitere Maschinen hinzu. Eingeflogen wurden verschiedene Staatspräsidenten wie der britische Premierminister Boris Johnson oder Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, aber auch Prince Charles, Multimilliardär Jeff Bezos oder EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Privatjetflotte blieb nicht unbemerkt – ebenso ihr ökologischer Fussabdruck. Matt Finch von der NGO Transport&Environment (T&E) rechnete vor, dass grössere Privatjets im Schnitt pro Flugstunde zwei Tonnen CO₂ produzieren. Zum Vergleich: Ein Normalbürger verursacht pro Jahr inklusive Ferienreisen etwa 8 Tonnen.

Die britische Wochenzeitung «Mail on Sunday» kalkulierte, dass die COP26-Privatjets auf ihren Flugrouten bis zu 13’000 Tonnen CO₂ in die Atmosphäre geblasen haben. T&E-Direktor Andrew Murphy bezeichnet Privatjetflüge als «das Umweltschädlichste, was man tun kann». Und doch «fliegen superreiche Umweltverschmutzer umher, als ob es keine Klimakrise gäbe».

Privatjets im Aufwind

Eine Besserung ist nicht in Sicht: Privat- und Corporate Jets sind gefragt. Der Boom wird getrieben durch das stark reduzierte Flugnetz der internationalen Airlines, verschärfte Pandemiemassnahmen und extreme Kursgewinne an den Börsen. Laut der Luftfahrt-Consultingfirma WingX hat der Flugverkehr von Geschäftsfliegern im Monat Dezember im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um satte 33 Prozent zugenommen. Bereits im November lag die Zunahme bei rekordverdächtigen 54 Prozent.

Die meisten Starts erfolgten in Frankreich (2891), Deutschland (2595) und Grossbritannien (2482). Mit einer Zunahme von fast 22 Prozent wurden in der Schweiz im November 1298 Flugbewegungen von WingX registriert. Insgesamt verzeichnet die Firma für 2021 mehr als vier Millionen Flüge von Corporate Jets.

Wie sich das Flugverhalten mit Business-Jets und sämtlichem gewerbsmässigen Nichtlinienverkehr im Jahr 2021 in der Schweiz verändert hat, zeigen die neusten Zahlen des Flughafens Zürich.

Unternehmen und Hersteller rüsten auf: Das Schweizer Charterunternehmen Vistajet stockt seine Flotte auf 90 Maschinen auf und hat im April zwei neue Bombardier-Global-7500- und zehn Challenger-350-Jets bestellt. Der Branchenriese Netjets meldet die grösste Nachfrage seit 60 Jahren und investiert rund 2,5 Milliarden US-Dollar in 100 neue Flugzeuge.

Und die Zürcher Firma Comlux Aviation Group offeriert den nagelneuen ACJ220-Super-Business-Jet von Airbus – die erste Lieferung dürfte frühestens 2024 erfolgen. Experten schätzen den Verkaufspreis auf 80 Millionen US-Dollar.

Auch bei gebrauchten Jets und bei Ersatzteilen ist die Nachfrage enorm. Für neue Maschinen gibt es Wartezeiten von bis zu zwei Jahren. Der Präsident von Airbus Corporate Jets Benoit Defforge bestätigt eine «höhere Nachfrage als vor der Pandemie» mit «vielen Neukunden».

Firmenjets sind weitverbreitet

Privatjets garantieren Privatsphäre, eigene Abflug-Terminals und Direktverbindungen in alle Welt. Gleichzeitig sind sie Dreckschleudern und emittieren gemäss Charterfirma Flyvictor 20-mal mehr CO₂ pro Passagier als kommerzielle Grossraumflugzeuge. Zudem fliegen Privatjets ab und zu leer zurück, wenn längere Aufenthalte zu hohe Kosten für Crew, Übernachtung, Parkgebühren oder Wartung verursachen.

Dennoch Unterhalten einige Unternehmen Firmenjets. Die Credit Suisse hat laut dem Newsblog «Inside Paradeplatz» diesen Sommer einen Bombardier-Luxusjet des Typs Global 7500 erworben. Kaufpreis: rund 70 Millionen Franken. Die Maschine besitzt eine Reichweite von 14’260 Kilometern, bietet Platz für 19 Personen und verbrennt 450 Gallonen Kerosin pro Flugstunde. Die fixen Betriebskosten gibt die US-Charterfirma Executive Fliteways mit rund 1,5 Millionen Dollar pro Jahr an. Das Flugzeug hält die Bank aber nicht zum eigenen Gebrauch, sondern für Kunden: «Credit Suisse hat in den letzten Jahren keinen neuen Firmenjet angeschafft für eigenen Gebrauch. Die Registrierung von Flugzeugen mit der Bank als Eigentümerin steht im Zusammenhang mit Geschäftsaktivitäten der Credit Suisse für ihre Kunden.»

Die Grossbank hält auch einen eigenen Privatjet, will aber den Flugzeugtyp nicht nennen. Verwaltungsratspräsident António Horta-​Osório sorgte Anfang Dezember bei seiner dreisten Flucht vor Schweizer Quarantänebestimmungen für Schlagzeilen. Gleich mehrere Privatjetflüge wurden damals bekannt und damit auch der CO₂-Abdruck des CS-Topmanagers: Für einen Flug von Zürich nach New York hinterlässt eine Global 7500 bei einer Flugzeit von sieben Stunden rund 38 Tonnen CO₂.

Der Pharmariese Novartis besitzt gleich drei Maschinen des Typs Falcon 7X. Ein hypothetischer Flug auf die Malediven mit diesem Jet würde rund 34 Tonnen CO₂ produzieren. Es gebe «klare Richtlinien für die Nutzung der Corporate Jets», betont ein Sprecher, die Nutzung sei «grundsätzlich dem Senior Management vorbehalten.» Die UBS hat nach Angaben eines Sprechers keinen Corporate Jet – «in der Regel reist das Senior Management auf kommerziellen Flügen». Auch Nestlé betont, man «lease» Maschinen «fürs Senior Management nur falls nötig».

Komfortabel zum nächsten Termin jetten: Novartis besitzt gleich drei Maschinen des Typs Falcon 7X.

Roche verfügt über zwei Corporate-Flugzeuge, die jeweils in der Schweiz und in den USA stationiert sind. Diese können von Mitgliedern der Konzernleitung, des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung USA bei Bedarf für Geschäftszwecke benutzt werden.

Boom bei Superjachten

Auch bei Superjachten herrsche Hochkonjunktur, berichtet das Fachmagazin «Boat International» bereits das dritte Jahr in Folge. Im letzten Sommer wurden vor der italienischen Küste 1353 Schiffe gezählt, in Frankreich 945 und in Griechenland 834.

Aktuell sind rund 1000 Schiffe im Bau – ein Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei Expeditionsjachten, die zur Königsklasse zählen, lag der Zuwachs bei bemerkenswerten 33 Prozent. Die Zahl der Werften ist seit 2019 von 151 auf 186 gestiegen. Die Branche nennt die Folgen der Pandemie wie Reise-Einschränkungen oder Quarantäne als Hauptgrund für den Höhenflug. Die eigene Jacht garantiert als Hort der Freiheit Distanz, mobiles Arbeiten und Topservice durch die Crew.

Doch der ökologische Fussabdruck ist noch gravierender als bei Privatjets: Eine Superjacht emittiert jährlich im Schnitt rund 7000 Tonnen CO₂. Richard Wilk, Professor an der Universität Indiana, hat die zehn schlimmsten Umweltsünder unter den reichsten Schiffseigentümern identifiziert: Der russische Oligarch Roman Abramowitsch bringt es mit seiner 700-Millionen-Dollar-Jacht Eclipse auf 22’240 Tonnen, hinzu kommen zusätzliche 8485 Tonnen CO₂ von seiner privaten Boeing 767.

Auf Rang 6 liegt der Unternehmer Ernesto Bertarelli, der es mit seiner 96-Meter-Superjacht Vava II auf 8160 Tonnen CO₂ bringt. Bill Gates liegt dahinter, er schafft durch seine Vielfliegerei noch 7493 Tonnen CO₂. Die Liste ist keineswegs vollständig, chinesische Milliardäre sind nicht dabei.

Update vom 26.12.2021, 11.50 Uhr: Der Artikel wurde um eine Stellungnahme der Credit Suisse ergänzt.

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