Deftiger Schweiz-AufschlagOn-Schuhe kosten in der Schweiz bis zu 55 Prozent mehr
Nirgends sind die Preise höher als in der Schweiz – angeblich wegen der Kosten. Doch auch in Ländern mit vergleichbaren Löhnen sind die Schuhe massiv günstiger.
Der Schweizer Sportartikelhersteller On stellt seine Schuhe nicht nur günstig her, sondern verkauft sie auch so teuer wie möglich. Eine Recherche von «K-Tipp» hat gezeigt, dass sie für ihren Schuh The Roger Clubhouse Mid für die Produktion in Vietnam lediglich 17.69 Franken zahlen. In der Schweiz verkauft On den Schuh für 230 Franken.
On profitiert dabei von der hohen Zahlungsbereitschaft der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Denn die Firma verlangt hier bis zu rund 55 Prozent mehr als im Ausland. Das zeigt eine Auswertung der Preise seiner Onlineshops: Auf der US-Website des Schuhherstellers kostet der Roger Clubhouse Mid umgerechnet knapp 148 Franken – statt wie hierzulande 230.
Die Preise sind aber nicht nur in den USA tiefer. So kostet der Schuh in Deutschland 179.95 Euro, was aktuell circa 170 Franken entspricht. In Norwegen ist der Schuh mit umgerechnet 165 Franken sogar noch günstiger. Und das, obwohl der Medianlohn in Norwegen vergleichbar ist mit dem in der Schweiz, die Mehrwertsteuer auf Schuhe dort jedoch 25 Prozent beträgt.
Diese Redaktion hat die Länderunterschiede bei On bereits 2022 untersucht. Im Vergleich zu damals ist die effektive Preisdifferenz sogar noch angestiegen. Das dürfte aber in erster Linie am stärkeren Franken liegen.
Bis Redaktionsschluss war On für keine Stellungnahme zu ihrem Schweizer Preisaufschlag zu erreichen. Im Rahmen der letzten Recherche liess On verlauten, dass die Preise «von Land zu Land unterschiedlich» seien. Höhere Löhne und Vertriebskosten in Schweizer Sportfachgeschäften führten zu höheren Preisen von Laufschuhen in der Schweiz.
On in der Schweiz im Premiumsegment
Dass sich auch die Preise im Onlineshop so stark unterscheiden, rechtfertigte On damit, dass man sich an den Bedingungen der Fachgeschäfte orientiere. Dort würde nämlich der «weitaus grösste Teil» ihrer Schuhe verkauft.
Der Vergleich mit Norwegen zeigt aber, dass die hohen Preise sich nicht nur mit den hohen Schweizer Löhnen rechtfertigen lassen. Ein Grund könnte hingegen sein, dass On es in der Schweiz geschafft hat, sich im Premiumsegment zu positionieren. Das ermögliche es dem Unternehmen, höhere Preise zu verlangen, sagt ein Branchenkenner, der nicht namentlich genannt werden möchte. In anderen Staaten müsse On sich seine Marktanteile erst noch erkämpfen und versuche das über einen tieferen Preis.
Weltweit wächst On sehr stark. So vermeldete das Unternehmen im September für die ersten neun Monate von 2023 über 57 Prozent mehr Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insgesamt nahm On über 1,3 Milliarden Dollar ein, der Gewinn lag bei 106 Millionen.
Vom Erfolg von On profitiert vor allem auch die Führungsspitze der Firma. Die drei Schweizer Gründer und die beiden Geschäftsführer zahlten sich im Jahr 2022 insgesamt 19 Millionen Franken Lohn aus. Im Vorjahr verdienten die fünf sogar 83 Millionen im Rahmen des Börsengangs. Das sorgte damals für Kritik, weil das Unternehmen gleichzeitig einen Verlust von 170 Millionen Franken vermeldete. Seither schreibt On jedoch schwarze Zahlen.
Kaufkräftige Kundschaft
Daran dürften auch die neuesten Entwicklungen wenig ändern. Denn Marktforscherin Lucia Malär bezweifelt, dass Berichte von hohen Margen oder dem Schweizaufschlag dem Image von On stark schaden: «Es kann sein, dass sich vereinzelte Leute von On abwenden, weil sie sich veräppelt fühlen, aber grundsätzlich hat On nichts Verbotenes gemacht, und schliesslich haben auch Design und Marketing ihren Preis», sagt die Dozentin an der Universität Bern.
Die Kundschaft von On sei tendenziell kaufkräftig und stehe dem freien Markt und der unternehmerischen Freiheit positiv gegenüber, so die Marktforscherin. Bei ihnen überwiege wahrscheinlich das Image von On als bodenständige, innovative Schweizer Marke. «Solange sie sich in den Schuhen gut fühlen, sind sie auch bereit, 200 Franken zu bezahlen», sagt Malär.
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