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Olympiasiegerin Chiara Leone
Der turbulente Weg zur Goldmedaille

epa11517887 Gold medalist Chiara Leone of Switzerland 
poses during the medal ceremony for the 50m Rifle 3 Positions Women event of the Shooting competitions in the Paris 2024 Olympic Games at the Shooting centre in Chateauroux, France, 02 August 2024.  EPA/VASSIL DONEV
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Doch, sie sei durchaus nervös gewesen. Wer genau hinschaue, sehe nämlich, dass sich das Korn ein bisschen mehr bewege. So erzählt es Chiara Leone am Freitagmittag. Hinter ihr liegt ein Wettkampf, der ihr Leben verändern wird. Denn ab jetzt ist die 26-Jährige nicht mehr einfach eine sehr gute Schützin, sie ist nun Olympiasiegerin im 50 m Dreistellungskampf. Womit nach 2021 und Nina Christen wiederum eine Schweizerin in der Königsdisziplin triumphiert.

Bereits in der Qualifikation hatte Leone mit Rang 3 aufhorchen lassen – und dafür gesorgt, dass trotz dem Out von Christen eine Schweizerin um die Medaillen schiessen kann. Dann startet die Fricktalerin im Final richtig durch. Mit ihrem letzten Schuss, einer 10,8, trifft sie praktisch ins Zentrum – eine 10,9 wäre ein Volltreffer. Worauf sie die Faust ballt und jubelt – die ganze Anspannung fällt in diesem Moment von ihr. Leone setzt sich am Ende mit dem Olympiarekord von 464,4 Punkten gegen die Amerikanerin Sagen Maddalena (463 Punkte) durch. Die Chinesin Zhang Qiongyue wird Dritte mit 452,9 Punkten.

«Olympiasiegerin, das klingt unglaublich. Fantastisch. Ein riesiger Traum, der in Erfüllung geht», hält Leone fest. Vergessen ist das Probeschiessen, bei dem sie keine einzige 10 hinbekam. Das hätte manche Athletin aus dem Konzept bringen können. Sie aber blieb cool. «Ich wusste: Ich brauche einfach noch Zeit.»

Am Montag hatte bereits die Jurassierin Audrey Gogniat im Luftgewehr über 10 m Bronze gewonnen. Leones Gold ist nun die 25. Olympische Medaille im Schiessen für die Schweiz. Schiessen ist damit neben Rad die erfolgreichste Schweizer Sommer-Sportart.

Die Selektion sorgte für Aufruhr

Dass sie mit Druck umgehen kann, bewies Leone bereits in den Monaten vor Paris, weil die interne Selektion äusserst umkämpft war. Drei Athletinnen drängten sich für die zwei Tickets im Dreistellungskampf auf: Olympiasiegerin Christen, Leone und Emely Jäggi. Letztere ist erst 15 und holte im Weltcup und an der EM bereits Podestplätze. Doch die Selektionäre wollten die junge Solothurnerin nicht zu grossem Druck aussetzen und setzten auf die Erfahrung von Christen und Leone.

Das sorgte in der Szene für Aufruhr. Worauf Leistungssportchef Daniel Burger die Entscheidung in einem Interview auf der Verbandswebsite verteidigte: «Wir haben drei Athletinnen auf Weltklasseniveau. Es war eine sehr intensive Diskussion im Selektionsgremium, bei der wir alle möglichen Szenarien mehrmals durchgespielt haben.»

Die vergessene Tasche

Leone punktete vor allem mit ihrem Auftritt an der EM Ende Mai in Osijek, bei der sie zeigte, dass sie auf den Punkt liefern kann. Es war ihre letzte Möglichkeit, einen Quotenplatz für Olympia zu sichern. Und sie tat dies mit Gold in überragender Manier. «Unter diesem Druck lieferte sie eine herausragende Darbietung ab, bei der sie die Qualifikation gewann und den Final überlegen für sich entschied. Der Vorsprung in der Qualifikation mit drei Punkten auf Rang zwei ist im Schiesssport eine Weltreise», sagte Burger. «Überhaupt hat sie in diesem Jahr konstant hervorragende Leistungen abgeliefert. Ihre Professionalität ist auf einem unglaublich hohen Niveau, was besonders bei den Olympischen Spielen entscheidend ist. Da kommt Gewaltiges auf die Athletinnen zu.»

Switzerland's Chiara Leone competes in the 50 Rifle 3 Positions women's Final during the Paris 2024 Olympic Games at Chateauroux Shooting Centre on August 2, 2024. (Photo by ALAIN JOCARD / AFP)

Sie habe einfach möglichst viele Gründe liefern müssen, um sich für die Spiele zu qualifizieren, so simpel beschrieb Leone die umkämpfte Selektion vor wenigen Tagen bei einem Medientreffen. Wobei sie dieser durchaus Positives abgewinnt: «Wenn ich gegen diese Athletinnen mithalten kann, kann ich auch zum Kreis der Medaillenanwärterinnen zählen. Das ist eine grosse Motivation, im Training Vollgas zu geben.»

Einen wesentlichen Anteil an dieser Goldmedaille haben übrigens Leones Eltern. Denn: Ihre Schiesstasche blieb bei der Abreise an die EM in der Schweiz liegen – ausgerechnet bei diesem Wettkampf der letzten Chance für das Olympia-Ticket. Ein Missverständnis sei es gewesen, sagte sie damals gegenüber dem «Blick». So bat sie ihre Eltern darum, ihr die Tasche mit Schiesskleidern und Anbauteilen für das Gewehr ins 1100 Kilometer entfernte Osijek zu bringen. Gefragt – getan: 14 Stunden später überreichten die Eltern ihrer Tochter die Tasche. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Und nach der Goldmedaille erzählt Leone noch das: «Ich habe während der Reise nach Paris dreimal kontrolliert, ob ich wirklich alles dabeihabe.» Und sie hatte alles dabei.