Streit um Olympiabronze4-Sekunden-Krimi: Jetzt hat die rumänische Turnerin ihre Medaille
Fünf Tage nach den Olympischen Spielen ist das letzte Edelmetall bei der Gewinnerin angekommen. Am Ende dürfte aber das Schweizerische Bundesgericht darüber befinden.
Der Fall scheint abgehakt. Am Freitagabend hat die rumänische Kunstturnerin Ana Barbosu an einer Zeremonie in Bukarest die Bronzemedaille vom olympischen Bodenfinal erhalten. «Ich bin glücklich, sie endlich zu besitzen, und hoffe, Rumänien weiter auf diesem Niveau vertreten zu können», wird die 18-Jährige zitiert.
Doch beigelegt ist der Streit um diese Medaille mit der Verleihung nicht. Nicht im Geringsten. Aller Voraussicht nach wird sich das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne um den Fall kümmern müssen.
Der Reihe nach: Barbosu war im Gerätefinal am 5. August hinter Rebeca Andrade (BRA) und Simone Biles (USA) Dritte geworden und freute sich schon über Edelmetall. Die US-Delegation legte aber Rekurs ein gegen die Note von Jordan Chiles. Ein gängiges Prozedere, falls eine Turnerin oder deren Trainer das Gefühl haben, der Schwierigkeitswert sei zu tief eingestuft worden. Was in diesem Fall passiert ist: Das Kampfgericht erhöhte Chiles’ Note um ein Zehntel, was reichte, um Barbosu vom Podest zu stossen. An ihrer Stelle erhielt Chiles Bronze.
Daraufhin reagierte der rumänische Verband und belegte mittels Videoaufnahmen, dass der US-Protest zu spät erfolgt ist. Um exakt vier Sekunden – die erforderte Reaktionszeit beträgt eine Minute. Die Rumänen appellierten ans Schnellgericht des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS), der ihnen recht gab und am letzten Tag von Paris 2024 entschied, dass Barbosu aufgrund dieses Formfehlers die Medaille zustand und Chiles sie zurückgeben müsse. Die Notenkorrektur selbst wurde nicht bemängelt.
Dies wiederum liess sich USA Gymnastics nicht bieten und kündigte an, den Fall vor das Bundesgericht zu ziehen, denn: Es ist nach Schweizer Recht die nächsthöhere Instanz und weil der Sportgerichtshof seinen Sitz in Lausanne hat, ist die hiesige Justiz daür zuständig. Der CAS selbst erlaubt keine Rekurse gegen seine Entscheide. USA Gymnastics beruft sich auf Videos, die belegen sollen, dass die Trainer weniger als eine Minute benötigten, um Einspruch gegen Chiles’ Note einzulegen. Der Verband schrieb auf Social Media, an die 23-Jährige gerichtet: «Wir stehen dir bis zum Ende bei.» Noch hat Chiles ihre Medaille nicht zurückgeschickt.
Vielleicht auch deshalb ist Ana Barbosu (noch) nicht voll des Glücks. Sie könne nicht aufhören, an Chiles zu denken, sagte sie in Bukarest. «Es ist eine schwierige Situation mit so vielen Ungewissheiten. Ich hoffe, jeder versteht, dass wir nichts falsch gemacht haben und dass der olympische Geist wichtiger ist als alle Missverständnisse zwischen den Behörden.»
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