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Dritte Schweizer Medaille in Paris
«Das ist Arbeit, kein Wunder» – Roman Mityukov schwimmt zu Olympiabronze

NANTERRE, FRANCE - AUGUST 01: Roman Mityukov of Team Switzerland celebrates after winning bronze in the Men's 200m Backstroke Final on day six of the Olympic Games Paris 2024 at Paris La Defense Arena on August 01, 2024 in Nanterre, France. (Photo by Maddie Meyer/Getty Images)
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Er hatte kaum geschlafen in der Nacht zuvor und sich so viele Gedanken gemacht – was wäre wenn? Was, wenn doch nicht? Und auch: Wenn es nur endlich vorbei wäre!

Jetzt ist «es» vorbei und Roman Mityukov, der 24-jährige Genfer, sagt: «Es ist unglaublich!» Dritter ist er geworden über 200 m Rücken, hat an seinen zweiten Spielen in der dauerlauten La-Défense-Arena eine Bronzemedaille gewonnen und seinen Traum verwirklicht. Er hat ein Rennen gezeigt, wie er es sich tausend Mal vorgestellt hat, er hatte eine Strategie – und sie ist aufgegangen. Mityukov hat sich wie immer als Schnellster ins Wasser gewuchtet, hat dann seine Kräfte optimal eingeteilt, und als er als Fünfter nach drei von vier Längen wendete, da sei noch ein wenig Jus vorhanden gewesen, um zuzulegen, sagte er danach. 

«Die Zeit ist egal, das Podest ist wichtig»

In 1:54,85 Minuten verbesserte Mityukov den eigenen Schweizer Rekord um eine knappe halbe Sekunde, so viel Reserve hatte er auch auf Platz 4, und Silber verpasste er um nur drei Hundertstel. Aber davon war jetzt keine Rede, in der Mixed-Zone, in der Athleten und Journalisten aufeinandertreffen, sagte er: «Diese Zeit, das ist alles Arbeit, da ist kein Wunder dahinter. Und die Zeit ist egal, das Podest ist wichtig.» Es habe sich alles ausbezahlt, alle Trainings, alle Kilometer in den letzten Jahren. «Ich bin sehr stolz auf mich.» Das war nicht nur er, von hinten stürmte in Riesenschritten Jérémy Desplanches heran, sein Clubkollege, der ihn umarmte, aber weiter musste, weil für ihn noch der Halbfinal anstand.

Die Anspannung war für Mityukov, je näher der Wettkampf gekommen war, maximal geworden, «es war ein schrecklicher Tag». Und dann, als es losging, entlud sich für ihn alles. Die ganzen drei Jahre seit den Spielen in Tokio. Jeden Tag seither habe er mindestens zwanzig Minuten an Paris gedacht, das ferne Ziel, das im Training trotzdem täglich so nahe war. «Jetzt bin ich so erleichtert, jetzt kann ich mein Leben wieder in Ruhe leben», sagte er. 

Vierte Medaille der Schwimmer an Olympia

Mityukovs Bronzemedaille ist erst die vierte für den Schweizer Schwimmsport an Olympia nach jenen von Etienne Dagon (200 m Brust, 1984), Jérémy Desplanches (200 m Lagen, 2021) und Noè Ponti, der ebenfalls 2021 in Japan auf dem Podest gestanden hatte. 

Und klar, nie war ein Schweizer Rückenschwimmer so erfolgreich wie Mityukov, der in Genf als Sohn russischer Eltern aufgewachsen ist, die vor dreissig Jahren in die Schweiz gekommen waren. Irgendwann war dem Jungen eingefallen, dass er sich um den Schweizer Pass bemühen musste, wenn er mit dem Junioren-Nationalteam unterwegs sein wollte. Es zeichnete sich damals im Sog von Desplanches Erfolgen schon ab, dass da ein hochtalentiertes Schwimmer-Quartett verteilt auf die ganze Schweiz heranwächst: Ponti im Tessin, Antonio Djakovic in Uster, Thierry Bollin in Bern und eben Mityukov in der Westschweiz. Jetzt sind sie alle in Paris an den Spielen, keiner ist älter als 24, zwei haben schon eine Olympiamedaille, und die anderen ebenfalls noch viel Potenzial. 

Bronze medallist Switzerland's Roman Mityukov poses after the men's 200m backstroke swimming event during the Paris 2024 Olympic Games at the Paris La Defense Arena in Nanterre, west of Paris, on August 1, 2024. (Photo by François-Xavier MARIT / AFP)

Mityukovs Leistung steht auch dafür, in welch hervorragendem Umfeld er bei Genève Natation mit seinem Trainer Clément Bailly trainieren kann. Bereits an den Spielen in Tokio hatte er im Final gestanden und war Sechster geworden. Seine Chancen hat er sich schon ausgerechnet, vor allem nach dem Halbfinal, als drei seiner Konkurrenten entweder die Finalqualifikation verpassten oder disqualifiziert wurden. 

Jetzt die Medaille, im September den Master

Er ist einer, bei dem man immmer das Gefühl hat, dass er auf ganz leisen Sohlen, aber mit riesigen Schritten, daherkommt. Als Silbergewinner der diesjährigen WM und als Bronzegewinner der letztjährigen WM war er angetreten, alle wussten also um seine Stärken. Mityukov, der sich selber als introvertiert beschreibt, und diesen Eindruck nach seinem Coup aber überhaupt nicht macht, ist in allem der Mann der Effizienz. Das Jus-Studium für die Olympischen Spiele um ein Jahr unterbrechen? «Ah non! Da würde ich ein Jahr verlieren», hat er im Vorfeld gesagt. So denken die wenigsten. Die meisten gewichten einen Olympiastart höher, alles andere kann nachgeholt werden. Mitykov schafft beides nebeneinander: Bronze Anfang August, Masterprüfungen im September. Geht ja zeitlich alles wunderbar auf! 

Es ist eine neue Qualität für Swiss Swimming, auf dieser globalen Stufe gleich an mehreren Finalabenden in Folge vertreten zu sein. Vor Mityukkov war es am Mittwochabend Ponti über 200 m Schmetterling gewesen. Dass er sich so klar für diesen Final hatte qualifizieren können, kam eher überraschend, die halbe Distanz (von Freitag und Samstag) ist seine Paradedisziplin. Und wie er dann in seiner riesigen weissen Wolke, eine extra angefertigte Jacke seines Sponsors, in die Halle marschierte, signalisierte: Ich bin bereit. In 1:54,14 Minuten schwamm er zum zweiten Mal in Paris Schweizer Rekord, wurde Fünfter und sagte: «Enttäuscht? Überhaupt nicht. Das letzte Mal war ich Zehnter und nicht im Final. Ich bin zufrieden.» Das war auch Mityukov. Mehr als das sogar.