Trotz Impfungen bleiben Therapien gefragtNovartis und Roche sind zurück im Rennen um Covid-Medikamente
Nach Misserfolgen mit Arzneimitteln steigen die Schweizer Pharmariesen bei kleinen Firmen ein, um bei der Entwicklung von Covid-Mitteln mitzumischen.
Impfungen gegen das Coronavirus sind der Weg aus Lockdowns und der Pandemie. Aber es braucht auch Covid-Medikamente. Denn die Durchimpfung braucht nicht nur Zeit, es wird auch weiterhin immer Menschen geben, die sich mit dem Virus anstecken werden. Im Kampf gegen Covid liefern sich deswegen neben den Impfstoffentwicklern auch die Therapieforscher ein Wettrennen.
Die beiden Basler Pharmariesen Roche und Novartis hatten dabei zunächst kein Glück. Wie alle Konzerne der Branche prüften sie als Erstes ihre vorhandenen Medikamente auf den Einsatz bei Covid-Kranken. Aber sowohl Hydroxychloroquine (Novartis) als auch Actemra (Roche) zeigten sich als wenig brauchbar. Nun setzen die Schweizer auf Einkäufe bei aussichtsreichen Kandidaten.
Denn gerade auch nach den grassierenden weltweiten Infektionszahlen sind vielversprechende Umsätze zu erwarten. «Wenn die Pandemie abflaut, kann man die Therapien als Notfallmedikament einsetzen. Das heisst auch, man könnte dafür einen höheren Preis verlangen als bei einem Massenmedikament wie noch während der Pandemie», erklärt Pharma-Analyst Olav Zilian, der für das Brokerhaus Mirabaud Securities arbeitet.
Novartis übernimmt jetzt von der australischen Biotechfirma Mesoblast die Rechte für eine potenzielle Therapie namens Remestemcel-L, die gerade bei akutem Lungenversagen erprobt wird. Das Start-up erhält insgesamt 50 Millionen Dollar sowie je nach Forschungserfolgen weitere Meilensteinzahlungen und eine Umsatzbeteiligung bei erfolgreicher Lancierung des Medikaments.
Auch bei der Schweizer Firma Molecular Partners ist Novartis im Oktober eingestiegen. Das Start-up aus Schlieren hat diesen Monat gerade mit der ersten Erprobung am Menschen mit seiner Antikörpertherapie begonnen. Die Schweiz hat das potenzielle Covid-Medikament vorreserviert: Übersteht es alle klinischen Versuche und wird es zugelassen, bekommt sie die ersten 200’000 Dosen geliefert. Das Mittel soll auch ähnlich wie eine Impfung vorbeugend wirken.
«Es ist attraktiv für Novartis, sich da zu engagieren, allein schon von der Reputation her», sagt Pharma-Analyst Zilian. Anders als Remestemcel-L, das bereits in der klinischen Studienphase III an 300 Patienten erprobt wird, ist die Antikörpertherapie aus Schlieren noch in einer ganz frühen Phase und mithin ein hochriskantes Projekt. Trotzdem hat Novartis der Firma schon jetzt eine enorme Umsatzbeteiligung im Erfolgsfall versprochen. «Eine Umsatzbeteiligung von 22 Prozent ist bei einem Einstieg in dieser Phase sehr hoch», kommentiert Zilian.
Auch Roche ist wieder im Rennen um passende Covid-Therapien: Die Basler sind mit Regeneron eine Kooperation eingegangen. Im Gegensatz zu Molecular Partners, die auf zwei bestimmte Antikörper setzen, stellt die US-Biotechfirma einen Antikörpercocktail her, der auch Trump im Oktober während seines Spitalaufenthaltes verabreicht worden war. Roche hatte im August mit Regeneron eine Kooperation geschlossen und stellt seine Anlagen für die Produktion des Medikaments zur Verfügung und übernimmt den Vertrieb ausserhalb der USA.
«Für Roche als Produktions- und Vermarktungspartner dürfte die Marge tiefer als für Regeneron ausfallen», so Zilian. Er schätzt eine Marge von 20 Prozent für Roche.
Der Umsatz könnte allerdings kleiner als gedacht ausfallen: Denn der US-Pharmakonzern Eli Lilly probt ein ähnliches Antikörpermedikament gegen Covid und steht damit in Konkurrenz zu Regeneron. Gerade diese Woche publizierte er Studienergebnisse, wonach die Arznei nur bedingt bei Covid-Kranken, die nicht im Spital liegen, eingesetzt werden kann. Das schmälert bei US-Analysten die Umsatzerwartungen – und zwar nicht nur für Eli Lilly, sondern auch schon für Regeneron.
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