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Geldberater zu deutschen Aktien
Viele haus­gemachte Probleme drücken das Wachstum in Deutschland

Ein Arbeiter bei Lux-Werft in Köln verwendet ein Schneidbrenner-Werkzeug, um Metallplatten für den Bau eines Katamarans zu bearbeiten.
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«Kaufe bei Kanonendonner», heisst ein Investoren-Sprichwort. Meiner Meinung nach herrscht im Moment in Deutschland «Kanonendonner». Soll man nun deutsche Aktien kaufen? R. F.

Glücklicherweise gibt es in Deutschland im wörtlichen Sinn keinen Kanonendonner, aber ich gebe Ihnen recht, dass Deutschland gleich in mehrfacher Hinsicht in einer tiefen Krise steckt. Politisch bewegt sich unser Nachbarland in einer Sackgasse, nun, da der SPD-Kanzler Olaf Scholz mit seiner Ampel-Koalition mit den Grünen und der FDP gescheitert ist und am 23. Februar vorgezogene Neuwahlen stattfinden. Die CDU/CSU dürfte zwar am meisten Stimmen holen, aber auch die AfD wird zulegen und wohl besser als die SPD abschneiden.

Da Kanzlerkandidat Friedrich Merz eine Koalition mit der AfD ablehnt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es wieder zu einer Grossen Koalition CSU/CDU und SPD kommt. Grundlegende Reformen und einen Bürokratieabbau, den die deutsche Wirtschaft dringend nötig hätte, sind kaum möglich.

Gesellschaftlich ist das Land tief gespalten, und wirtschaftlich findet Deutschland nicht aus dem Tief heraus. Dabei wäre dies auch für viele Zulieferer aus der Schweiz eine gute Nachricht. Deutschland steckt in der längsten Rezession der Geschichte der Bundesrepublik und blickt auf drei lange Jahre ohne wirkliches Wachstum zurück. Auch die Aussichten für das laufende Jahr bleiben verhalten.

Als stark exportabhängiges Land, wie es die Schweiz auch ist, leidet Deutschland unter einer schwachen Nachfrage aus dem Nachbarland Frankreich und besonders aus China.

Die Deutschen sind wieder ärmer geworden

Viele Faktoren, welche die deutsche Wirtschaft bremsen, sind hausgemacht: so die wachsende Bürokratie und die Energiekrise sowie die brüske Umstellung der für das Land wichtigen Autoindustrie auf Elektromobilität, obwohl Konkurrenten aus den USA und China gerade bei Elektroautos die Nase vorn haben.

Keine grossen Impulse darf die deutsche Wirtschaft zudem aus dem Privatkonsum erwarten, zumal die Teuerung im Dezember zum dritten Mal in Folge zugelegt hatte und um 2,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lag. Auf das Gesamtjahr gesehen war die Inflation 2024 um 2,2 Prozent gestiegen. Die Deutschen sind wieder ärmer geworden.

Wenn Sie nun bei dieser Gemengelage erwägen, im grösseren Stil deutsche Aktien zu kaufen, sollten Sie zwei Aspekte mitberücksichtigen.

Erstens: Für einen nachhaltigen Kursfortschritt bei den Aktien müssten die Unternehmensgewinne deutlich steigen. Allerdings frage ich mich, welches denn angesichts der verhaltenen Konjunkturaussichten, der anhaltenden Inflation und der anspruchsvollen politischen Konstellation die starken Treiber für die deutschen Aktien sein sollen.

Zweitens: Für einen Aktienkauf selbst in Krisenlagen – was das von Ihnen angesprochene Sprichwort vom Kanonendonner symbolisch andeutet – würde eine tiefe Bewertung sprechen. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, mit denen deutsche Unternehmen konfrontiert sind, halte ich die meisten deutschen Aktien nicht wirklich für günstig bewertet – erst recht nicht, falls der neue US-Präsident Donald Trump gegenüber der EU und damit auch gegenüber Deutschland hohe Zölle erlässt.

Das würde es deutschen Firmen erschweren, ihre Produkte in den gut laufenden US-Markt zu exportieren. Deutsche Aktien gehören in ein international breit diversifiziertes Depot, aber ich sehe keinen Grund, warum man sie jetzt unbedingt übergewichten sollte, zumal auch der Euro zum Franken weiter schwach tendieren dürfte.