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Neue Antikörper-Therapie
Schweizer Corona-Mittel dürfte vor allem alte Menschen schützen

Züchtet eine Bakterienkultur gegen das Coronavirus: Marcel Walser, Teamleiter des Covid-Projekts bei Molecular Partners, im Versuchslabor.
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Das Bundesamt für Gesundheit hat sich die Vorrechte für die ersten 200’000 Dosen eines potenziellen Covid-Medikaments einer kleinen Firma aus Schlieren gesichert. Das Besondere an dem Mittel von Molecular Partners: «Es wirkt als Therapie bei an Corona-Erkrankten, aber auch vorbeugend», wie Firmenchef Patrick Amstutz sagt. Vor allem bei alten Menschen, bei denen ein tieferer Impfschutz erwartet wird, wäre das ein wertvoller Ansatz.

Mit der ersten, kleineren klinischen Studie soll diesen Herbst begonnen werden. Nächsten Sommer könnten dann die grösseren Tests anlaufen, so Amstutz weiter. Eventuell helfen die USA oder Grossbritannien mit, diese zu finanzieren – und sichern sich auf diese Weise dann ihre Vorrechte. Das ist auch der Grund für die frühe Vorbestellung der Schweiz. «Der weltweite Wettbewerb unter den Staaten um Corona-Mittel ist immens», sagt Amstutz.

Die Schweiz zahlt per sofort einen Betrag im hohen einstelligen Millionenbereich und sichert sich zudem bis zu 3 Millionen weitere Dosierungen des Corona-Mittels. Bei der Forschung hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz Molecular Partners schon mit seinen Laboren zur Virenanalyse unterstützt. «Der Kontakt mit dem Bund war von Anfang an da, deswegen wollten wir auch, dass bei einem Erfolg die Schweiz bei den ersten Lieferungen nicht leer ausgeht», sagt Amstutz.

Therapie soll auch vorbeugend wirken

Die von dem Unternehmen mit knapp 150 Angestellten entwickelte Therapie soll das Coronavirus beim Eindringen in die menschlichen Zellen blockieren. «Unser Wirkstoff kombiniert drei verschiedene DARPin-Module gegen das Virus und war in den bisherigen präklinischen Versuchen potenter als eine Mischung aus drei verschiedenen Covid-Antikörpern – und das alles in einem einzigen DARPin-Medikament», erklärt die Strategie-Chefin der Firma, Ana Cerdeira. DARPin-Therapien sind von Zürcher Forschern entwickelte künstliche Proteine.

Die Therapie hilft deswegen auch vorbeugend. Anders als bei einem Impfstoff regt sie das menschliche Immunsystem jedoch nicht dazu an, Antikörper zu bilden. Sondern sie werden ihm verabreicht. «Genau das macht unser Mittel speziell für Ältere interessant, denn bei ihnen lässt das Immunsystem nach und eine Impfung ist deswegen weniger wirksam», sagt Cerdeira.

Interessant könnte das Medikament auch für Menschen sein, die über das Contact-Tracing wissen, dass sie Kontakt mit einem Infizierten hatten. «Hier könnte unsere Therapie auch im Nachhinein die Übertragung verhindern, da sie das Virus am Eindringen hindert», so Mendes.

Neue Geldgeber für klinische Studien

Die Aktie von Molecular Partners schnellte nach Bekanntwerden der Vorbestellungen des Bundes um rund 20 Prozent nach oben. Hauptinvestor ist Hans-Jörg Wyss, früherer Präsident des Medtech-Konzerns Synthes. Er hält knapp 10 Prozent der Firma.

Molecular Partners wurde 2004 als Spin-off der Universität Zürich gegründet und forscht an einer neuen Wirkstoffklasse: DARPin-Proteinen, die Antigene erkennen und binden können. «Der heutige Erfolg für unsere Firma ist das Resultat von 15 Jahren Forschung – wenn auch in anderen Bereichen», sagt CEO Amstutz. Das Unternehmen war hauptsächlich auf Krebstherapien ausgerichtet. Mit dem weltweiten Auftreten des neuen Coronavirus hätten die Forscher jedoch die Vorteile und die Flexibilität der DARPin-Plattform auch auf Viren ausgerichtet. «Wir haben seit März in einzelnen Teams Tag und Nacht daran gearbeitet.»

«Wir haben seit März Tag und Nacht daran gearbeitet.»

Patrick Amstutz, CEO Molecular Partners

Im Juli führte das Unternehmen eine Kapitalerhöhung von rund 80 Millionen Frank durch. Dies, um die erste klinische Studie zu finanzieren, die es noch allein durchführen will. Die Kosten dafür liegen zwischen 5 und 10 Millionen Franken. Für die folgenden grösseren und deutlich teureren klinischen Studien braucht es dann neue Geldgeber oder Partnerschaften. Entweder aus der Pharmaindustrie oder eben staatliche Konsortien aus den USA oder Grossbritannien.

«Die Gespräche hierzu laufen», sagt CEO Amstutz. Infrage komme zum Beispiel die US-Gesundheitsbehörde NIH. Sie finanziert und organisiert Tests für Pharmafirmen. Bei klinischen Tests der Phase 3 braucht es zwischen 200 und 10’000 Freiwillige, um die Wirksamkeit und Sicherheit einer Therapie zu belegen.

Auch für die potenzielle Corona-Impfung der US-Biotechfirma Moderna beginnen erst die grossen klinischen Studien, sie soll jedoch schon Anfang 2021 auf den Markt kommen. Der Bund hatte sich vergangene Woche 4,5 Millionen Dosen davon gesichert. Lonza soll den Wirkstoff dafür herstellen. Der Bund ist mit weiteren Impfstoff-Unternehmen im Gespräch. Insgesamt sind 300 Millionen Franken für die Beschaffung von Impfstoffen und Medikamenten vorgesehen.