Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Mamablog: Wende bei Marie Kondo
Ein nicht perfekter Haushalt? Gut so!

Mehr Mut zur Unvollkommenheit: Kinder stellen den Haushalt und das Leben auf den Kopf.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Zugegeben, als Marie Kondos Aufräumtrend erstmals um die Welt ging, war auch ich fasziniert. Doch so oft ich auch von einem einwandfrei organisierten Zuhause träumte: Mehr als Kleiderschrank entrümpeln und ein paar T-Shirts rollen war nicht drin, und so richtig aufgeräumt blieb auch der Kleiderschrank nicht. Ich kam zum Schluss, dass Ordnung à la Kondo in unserem Haushalt mit Kindern ein Widerspruch bleiben sollte. Und das war okay.

Ich gebe aber auch zu, dass ich dennoch ein wenig Genugtuung verspürte, als ich las, dass die Aufräum-Ikone seit der Geburt ihres dritten Kindes nicht mehr im grossen Stil aufräumte und das Chaos nun auch in ihrem Zuhause eingezogen ist. Sie habe verstanden, dass es für sie gerade wichtiger sei, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. (Lesen Sie hierzu auch diesen Beitrag.)

Auch wenn eine Marie Kondo vermutlich ihre ganz eigene Definition von Chaos hat: Bei den News atmeten nicht nur meine schief gerollten T-Shirts in der Kommode auf. Weltweit war bei KonMari-erprobten Eltern Erleichterung zu spüren. Wenn die Kondo es nicht mehr schaffte, aufzuräumen, brauchten wir normalen Eltern uns schon gar nicht schlecht zu fühlen, wenn wir unser Chaos nicht in den Griff bekamen. Wenn sie ihr eigenes Mantra «Das Leben beginnt erst, wenn du ein aufgeräumtes Haus hast» ablegte, war sie fast eine von uns.

Ätsch, Bätsch und Schadenfreude?

Dass die Japanerin mit ihrer KonMari-Aufräumtechnik damals insbesondere den Nerv von Müttern traf, überrascht nicht. Sie machte Hoffnung auf mehr Struktur, weniger Krempel und verkörperte dabei eine für uns Normalsterblichen faszinierende Perfektion und Gelassenheit. Ihre Methode, mit der sie Millionen Bestseller verkaufte und sogar eine Netflixserie ins Leben rief, versprach eine aufgeräumte Wohnung als Schlüssel zu innerer Zufriedenheit. Und tatsächlich hat Marie Kondos Methode viele dazu inspiriert, sich kritisch mit ihren Siebensachen auseinanderzusetzen und von Ballast zu lösen. 

Man denkt sich: Endlich hat auch die Kondo eingesehen, dass es Wichtigeres gibt als aufgeräumte Schubladen.

Ihr wird aber auch so einiges vorgeworfen: Dass sie die Wegwerfgesellschaft propagiert, die Methode ausschweifend kommerzialisiert. Dass sie dabei alles so unverschämt leicht und pastellfarben aussehen lässt. Denn die ernüchternde Wahrheit ist doch: Gerade für uns Eltern ist es ein absoluter Luxus, wenn nicht gar ein Ding der Unmöglichkeit, die gesamte Wohnung systematisch zu entrümpeln und dabei jeden Gegenstand dahingehend zu prüfen, ob er uns Freude bringt, bevor wir uns für oder gegen ihn entscheiden. Um dann alles neu zu organisieren und diese Ordnung auch noch zu halten. Obendrein muss man das Privileg, sich funktionstüchtiger Dinge einfach so entledigen zu können, ja auch erst mal haben.

Darum kann ich die teilweise schadenfreudigen Reaktionen auf die News schon ein wenig verstehen. Man denkt sich: Endlich hat auch die Kondo eingesehen, dass es Wichtigeres gibt als aufgeräumte Schubladen. Und dass sich selbst die kleinen Momente, in denen man überlegen muss, wohin man nun die gelb-rot-gestreiften Strümpfe packt, anders nutzen lassen.

Schluss mit der Perfektion

Aber statt sich ins Fäustchen zu lachen, könnte man der Kondschen Wende auch Positives abgewinnen: Da steht wieder eine Frau und Mutter in der Öffentlichkeit, die bekennt, dass Mutterschaft selbst für sie herausfordernd und ernüchternd ist. Wie befreiend kann das auch für uns sein, wenn die Queen des Aufräumens ihre Perfektion niederlegt?

Vielleicht entsteht daraus ja eine neue Wertschätzung derjenigen, die ehrlich genug sind, ihr nicht perfektes Leben zu zeigen. Eine neue Welle in den sozialen Medien, wo unaufgeräumte Wohnungen der neue, realistische Standard sind. Ein neues Bewusstsein darüber, dass Planung und Organisation eines Haushalts eben auch unsichtbare Kopfarbeit sind. Oder vielleicht ist es auch einfach nur ein Grund, den Frühjahrsputz dieses Jahr etwas entspannter anzugehen. Und sich nicht zu grämen, wenn sich die Ramschschublade aufs Neue mir leeren Kugelschreibern und abgelaufenen Migros-Coupons füllt.

Was halten Sie von Marie Kondos Wende? Oder wie organisieren Sie Ihren Haushalt? Diskutieren Sie mit.