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Papablog: Kinderzeichnungen
Wohin mit all den Basteleien?

Ist das Kunst oder kann das weg? Kinder sind beim Basteln und Zeichnen enorm produktiv – und wollen alles behalten.
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«Ich bewahre niedliche Zeichnungen meiner Kinder als Erinnerung auf.» Wer sowas ohne zu schwitzen sagt, hat keine Kinder. Oder zumindest keinen Brecht. Wie ein besessener Kurator archiviert unser Kind jede Zeichnung und jedes Gebastel. Egal, ob es sich dabei um einen Bleistiftstrich auf einem Einzahlungsschein handelt oder um einen Frischkäsekarton, den er in eine Klopapierrolle gerammt hat. Seit seine Lehrerin in der Schule «freies Basteln mit Müll» eingeführt hat, leben wir zu Hause in einer Karton-Sammelstation. Kürzlich rief sie alle Eltern auf, noch mehr Abfall in der Schule abzugeben. Auf dass der Brecht ihn neu zusammengeleimt ins Hause Tschannen schleppen möge.

Definitiv Kunst, Papa! Wer kann da schon widersprechen…

Kistenweise stapelt sich die abstrakte Gebindekunst vor Wänden mit zwölf Schichten Zeichnungen. Inzwischen sind auch die Kisten bemalt. Behältnis und Inhalt wurden eins. Was können wir tun, um nicht jämmerlich unter zweieinhalb Metern Zellulose zu ersticken?

  • Klassische Inventur der Kulturgüter: Gemeinsames Aussortieren ist in der Praxis untauglich. Der Brecht findet immer einen Grund für die lebenslange Verwahrung: «Das ist so schön; das erinnert mich daran, dass ich mal 4 war; da will ich noch weiterbasteln; das hat mir Maximilian-Jason gemalt; das ist ein Üörkülüxprspftnglz!»

  • Operation Sturmhaube: Ist das Kind in der Schule, erfolgt der Zugriff. Mutter und Vater packen mit je einem Müllbeutel bewaffnet hemmungslos ein, was ihnen nicht gefällt. Obwohl die Methode mit Beuys’ Fettecke einen kunsthistorisch berühmten Präzedenzfall hat, fühlt sie sich falsch an. Nicht sehr bindungsorientiert halt.

  • Quarantäne: Die Eltern sortieren die Objekte regelmässig in einen grossen Karton. Was das Kind innerhalb eines Monats nicht vermisst, wird kremiert. Das System taugt für Spielsachen, aber nicht für Erinnerungsstücke. Möchten Sie, dass Ihr Handy alle Fotos löscht, die sie in einem Monat nicht angeschaut haben?

  • Endlich Platz: Das Kind hat zum Beispiel zwei Kartons und fünf Quadratmeter Wand zur Verfügung. Ist der Platz aufgebraucht, muss es entsorgen. Haben wir praktiziert; funktioniert nicht. Das Kind findet immer eine Gesetzeslücke. Es vergrössert die Kiste, zieht Zwischenwände hoch und notfalls greift es auch in die Gesetze der Physik ein.

  • Wurf des Verderbens: Zweimal pro Jahr werden alle Werke einer Kunstjury unterbreitet, die über die Entsorgung entscheidet. Die Kunstjury ist ein Würfel – Kind und Eltern haben je drei Vetos. Eine brachial effiziente Methode, die alle Beteiligten zwingt, ihre Vetos mit Bedacht einzusetzen. Insgesamt aber leidet die Qualität der Sammlung.

  • Grand Slam: Nach dem Zufallsprinzip treten jeweils zwei Objekte gegeneinander an. Nur eins kommt weiter. Damit nicht in der ersten Runde schon die Favoriten aufeinandertreffen, bieten sich Tableaus wie im Tennis an. Dank Wildcards kann man auch mal ein Objekt fördern, bei dem die Feder(er) besonders elegant mit der Vorhand geführt wurde. (Dieses Wortspiel ist so schlecht, das würde nicht einmal der Brecht aufbewahren.)

  • Die Joghurt-Methode: Für jedes neu entstandene Werk, handeln Eltern und Kind ein Ablaufdatum aus, das sie auf der Rückseite vermerken. An den quartalsweisen Entsorgungstagen fliegt alles raus, was abgelaufen ist. Das Kind setzt sich dabei früh mit der Vergänglichkeit seines Schaffens auseinander. Leider kam mir die Idee gerade erst jetzt.

Kennen Sie eine Methode, die funktioniert? Uns läuft die Zeit davon. Beebers malt jetzt auch.