Ein letzter ZinsschrittThomas Jordan senkt den Leitzins um 0,25 Prozent
Der scheidende Nationalbankpräsident verzichtet auf einen grossen Zinsschritt von 0,5 Prozent – stellt aber baldige weitere Senkungen in Aussicht. Das sind die Gründe.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkt den Leitzins erneut – um 0,25 Prozentpunkte. Er liegt nun bei 1 nach zuvor 1,25 Prozent. Der Inflationsdruck in der Schweiz sei nochmals deutlich zurückgegangen, erklärt die Nationalbank. Mit der Senkung des Leitzinses trage sie dem Rechnung.
Und die SNB spurt schon mal vor: In den nächsten Quartalen «könnten weitere Zinssenkungen erforderlich werden», um die Preisstabilität zu gewährleisten, heisst es im Communiqué. Diese Formulierung ist ein starkes Anzeichen dafür, dass die SNB im Dezember den Leitzins erneut senken wird: auf 0,75 Prozent.
Als die SNB im Juni und im März bereits einmal die Zinsen gesenkt hatte, hielt sie lediglich fest, dass sie die Geldpolitik «wenn nötig» erneut anpassen werde. Dass die Nationalbank jetzt explizit weitere Senkungen erwähnt, wertet der Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank als «Paukenschlag». Es könne kaum Zweifel geben, dass die SNB im März abermals die Zinsen senken wird.
Die heutige Lagebeurteilung ist die letzte des scheidenden Präsidenten Thomas Jordan. Eine Zinssenkung galt dabei als ausgemachte Sache. Die meisten Experten hatten eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte erwartet. Ein Überraschungscoup um 0,5 Prozentpunkte galt aber nicht als ausgeschlossen.
Dies lag nicht zuletzt an der US-Notenbank, die letzte Woche damit überrascht hatte und die Zinswende mit einem grossen Schritt eingeläutet hatte. Jordan und seine Kollegen haben sich aber dadurch nicht aus dem Konzept bringen lassen. Sie haben die Zinswende als eine der ersten grossen Notenbanken bereits im Frühling eingeleitet und die Zinsen seither kontinuierlich gesenkt.
Starker Franken mildert die Teuerung ab
Im Vergleich zur letzten Lagebeurteilung rechnet die Nationalbank neu mit einer schwächeren Inflation. Im Juni veranschlagte sie für 2025 eine Teuerung von 1,1 Prozent, nun prognostiziert sie eine Teuerung von 0,6 Prozent.
Als Gründe dafür nennt die SNB einerseits den starken Franken. Dieser hat sich gegenüber dem Euro in den vergangenen drei Monaten leicht aufgewertet. Aber auch der tiefere Erdölpreis und die für Januar angekündigten Strompreissenkungen dürften laut der SNB die Teuerung nach unten drücken.
Aber auch der Rückgang der Inflation im Ausland und die generell schwache Wirtschaftsentwicklung dürften dazu beigetragen haben, dass die Nationalbank mit einer milderen Teuerung rechnet. Diese dürfte sich gemäss der Prognose über die kommenden Jahre im unteren Bereich des Zielbandes von 0 bis 2 Prozent bewegen. Das unterstreicht, dass sich die Schweizer Währungshüter anders als zu Jahresbeginn keine Sorgen mehr machen, dass die Preise zu stark steigen könnten. Wenn schon, dann geht die Entwicklung eher ins Gegenteil.
Probleme in der Industrie
Neben der tieferen Inflation gilt der Aufwertungsdruck beim Franken als wichtiger Treiber hinter dem SNB-Entscheid. «Durch eine Zinssenkung will die SNB die Zinsdifferenz gegenüber der Eurozone wieder vergrössern und den Franken somit abschwächen», sagt der Migrosbank-Ökonom Valentino Guggia.
Von einem schwächeren Franken könnten die exportorientierten Branchen profitieren. Insbesondere die Industrie dürfte daran interessiert sein. Sie leidet zurzeit darunter, dass die Weltkonjunktur weiter nicht richtig in Fahrt kommt und die Nachfrage aus wichtigen Märkten wie Deutschland schwach ist.
Nicht zuletzt deshalb dürfte das Wachstum in der Schweiz eher verhalten ausfallen, schreibt die Nationalbank. Für das laufende Jahr bleibt sie bei ihrer bisherigen Einschätzung und prognostiziert ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von rund 1 Prozent. Für 2025 rechnet sie mit einem Wachstum von 1,5 Prozent. Diese Prognose unterliege aber bedeutender Unsicherheit, wobei die Entwicklungen im Ausland das Hauptrisiko darstellten.
Jordans letzte Pressekonferenz
Zum Schluss seiner letzten Pressekonferenz dankte Präsident Thomas Jordan der Schweizer Bevölkerung für ihr Vertrauen in die Nationalbank. «Es war ein grosses Privileg und eine Ehre, dass ich die Nationalbank über eine lange Zeit führen durfte», so Jordan, der seit 2012 an der Spitze der Nationalbank steht und auf eine erfolgreiche Karriere als Notenbanker zurückblicken kann.
Seinen Platz nimmt ab dem 1. Oktober Martin Schlegel ein. Der 48-jährige Ökonom ist seit 2003 in Diensten der Nationalbank und sitzt seit zwei Jahren im Direktorium. Dort sitzt neben dem künftigen Vizepräsidenten Antoine Martin auch Petra Tschudin. Sie steigt neu ins dreiköpfige Führungsgremium auf.
Angereichert mit Material der Nachrichtenagentur SDA.
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