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Nach Suchaktion im Fluss
Prominente Journalistin erst vermisst, dann lebend gefunden

Dr. Alexandra Foederl-Schmid Journalistin in der ARD-Talkshow hart aber fair am 16.10.2017 in Berlin Thema der Sendung: Starke Kandidaten, starke Wahlergebnisse - Warnruf für Angela Merkel *** Dr Alexandra Foederl Schmid journalist on ARD talk show hart aber fair on 16 10 2017 in Berlin Topic of the show Strong candidates, strong election results Warning call for Angela Merkel Copyright: xEventpressxRolandx
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Kaum noch jemand hatte damit gerechnet. Doch Freitag kurz vor Mittag meldete die österreichische «Kronen-Zeitung», dass die bekannte Journalistin Alexandra Föderl-Schmid unter einer Flussbrücke bei der oberösterreichischen Stadt Braunau von der Polizei gefunden worden sei. Stark unterkühlt. Aber lebend. Sie sei sofort in den Reanimationsraum des Spitals Braunau gebracht worden. Die oberösterreichische Polizei bestätigte wenig später die Meldung. 

Am Donnerstagnachmittag war eine Frau als vermisst gemeldet worden. Kurz danach wurde ihr Name bekannt: Alexandra Föderl-Schmid, stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung». Vorausgegangen war dem Verschwinden eine wochenlange Berichterstattung über angebliche Plagiate der Journalistin.

Ausgewiesene Nahostexpertin

Die 53-jährige Oberösterreicherin ist mit dieser Redaktion eng verbunden, ihre Artikel erscheinen auch in den Tamedia-Publikationen. Nach dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 schrieb sie aus München und vor Ort aus Israel zahlreiche Analysen und Reportagen. Die ausgewiesene Nahostexpertin analysierte mehrmals im Podcast «Apropos» die Lage in Israel und beantwortete Fragen der Leserschaft in einem Videogespräch

Laut deutschen Medienberichten ging die Polizei schnell von Suizid oder Suizidversuch aus. Das Auto der Journalistin stand nahe dem Flussufer auf einem Parkplatz, darin soll ein Abschiedsbrief gefunden worden sein. Ebenfalls auf einen Abschied deutete ein Mail, das Föderl-Schmid am Donnerstag gegen 5 Uhr morgens an den österreichischen Kommunikationswissenschaftler und «Plagiatsjäger» Stefan Weber mit Kopie an die Chefredaktion der «Süddeutschen Zeitung» schickte und das danach in den sozialen Medien auftauchte. Darin schrieb sie, dass sie viel «über Medien, Mechanismen, Menschen und Geschäfte» gelernt habe: «Zumindest diese Jagd ist vorbei.» 

Am 18. Dezember hatte das deutsche Branchenportal «Medieninsider» Föderl-Schmid vorgeworfen, unsauber gearbeitet zu haben. In drei Artikeln über Israel nach dem  7. Oktober hatte das Portal Passagen gefunden, die in ähnlicher Form schon in anderen Publikationen erschienen waren. 

Anfang Woche berichtete das politisch weit rechts stehende Portal «Nius» des früheren «Bild»-Chefredaktors Julian Reichelt in grossen Buchstaben von einem angeblichen «Plagiats-Skandal». Dieser würde weitere journalistische Texte sowie Föderl-Schmids 1996 veröffentlichte Dissertation betreffen. Das Portal hatte Stefan Weber engagiert, um die Texte zu prüfen. 

Heftige Attacken

Daraufhin bat Alexandra Föderl-Schmid selber die Universität Salzburg, ihre Dissertation zu untersuchen. Die «Süddeutsche Zeitung» kündigte an, die journalistischen Texte von einer externen Kommission untersuchen zu lassen. Föderl-Schmid zog sich bis zum Abschluss der Untersuchungen aus dem Tagesgeschäft zurück. In den sozialen Medien, vor allem auf X, war die Journalistin heftigen und teilweise sehr persönlichen Attacken ausgesetzt.

In mehreren österreichischen Medien wurde Föderl-Schmid zuletzt gegen die Plagiatsvorwürfe verteidigt. So schrieb etwa die bekannte Journalistin Barbara Toth in der linken Wiener Stadtzeitung «Falter» von einer «verdienstvollen Arbeit mit wenigen ärgerlichen Ungenauigkeiten». Der Chefredaktor der steirischen «Kleinen Zeitung» schrieb vom «Rufmord» an einer Kollegin.

Stefan Weber kündigte hingegen auf seiner Website eine Fortsetzung seiner Plagiatsjagd an: Er werde nun über 7000 Artikel von Föderl-Schmid untersuchen, und schon erste Stichproben seien «alarmierend». Weber, ein früherer Studiumskollege von Föderl-Schmid, kündigt an, er werde «trotz aller Angriffe linker Publizisten» seine Arbeit «mit Leidenschaft» fortsetzen. Weber räumte aber selber ein, er sei aufgrund eines Konflikts mit Föderl-Schmids damaligem Betreuer an der Universität befangen.

Webers Ankündigung wurde noch vor der Meldung über das Verschwinden von Föderl-Schmid geschrieben. Aber auch nach dem Drama war sie auf seinem Blog immer noch online. 

ABD0046_20240208 - WIEN - ÖSTERREICH: ++ ARCHIVBILD ++ ZU APA0354 VOM 8.2.2024 - Im Inn, an der Grenze zwischen Österreich und Bayern, hat am Donnerstag, 8. Februar 2024, eine großangelegte Suchaktion stattgefunden. Bei der Vermissten handle es sich um eine 53-jährige, in München wohnhafte Frau, wurde der APA von der zuständigen Münchener Polizei am Abend bestätigt. Im Bild: Alexandra Föderl-Schmid im Rahmen einer Podiumsdiskussion am Mittwoch, 26. April 2023, im Parlament in Wien. (ARCHIVBILD VOM 26.4.2023) - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Alexandra Föderl-Schmid stammt aus einem kleinen Dorf im österreichischen Mühlviertel und studierte Publizistik in Salzburg. Nach dem Studium ging Föderl-Schmid zur Tageszeitung «Der Standard», wurde Korrespondentin in Brüssel und mit nur 36 Jahren Chefredaktorin. Kollegen und Kolleginnen aus dieser Zeit loben ihre Führungsqualitäten und ihren Fleiss. 2017 wechselte sie zur «Süddeutschen Zeitung» als Israel-Korrespondentin und fiel auch dort durch ihre enorme Schaffenskraft auf. Kaum ein Tag verging ohne einen neuen Bericht, eine Analyse, einen Kommentar aus Tel Aviv.

2020 stellte die «Süddeutsche» ihr Führungsteam neu auf, holte Judith Wittwer von Tamedia in die Chefredaktion nach München und machte Föderl-Schmid zur Stellvertreterin. Auch in dieser Management-Funktion schrieb sie weiter, unermüdlich, vor allem über Israel und die Palästinenser. 

Die «Süddeutsche Zeitung» zeigt sich in einer kurzen Meldung auf ihrer Homepage «erleichtert und froh», dass die Vermisste gefunden wurde. Redaktion und Verlag bedanken sich bei der Polizei und allen Helfern bei der Suche, wollen sich darüber hinaus aber aus Rücksicht auf Föderl-Schmid und ihre Familie vorerst nicht zu dem Fall äussern.