Antworten zum ArbeitsrechtMuss ich in den Ferien für die Chefin erreichbar sein?
Roger Rudolph, Professor für Arbeits- und Privatrecht, sagt, welche Rechte und Pflichten Angestellte haben, was Arbeitgeber verlangen dürfen – und was nicht.
Kann mein Arbeitgeber verlangen, dass ich in den Ferien erreichbar bin?
Das hängt von Ihrer Position und Stellung ab. Wenn Sie zum Beispiel eine Kaderfunktion innehaben oder an einem dringlichen Projekt mitwirken, ist das Einfordern einer Erreichbarkeit für dringliche Fälle zulässig. Ansonsten aber gilt der Grundsatz, dass Sie während der Ferien weder ständig erreichbar sein noch geschäftliche E-Mails abarbeiten müssen.
Meine Chefin ruft mich in den Ferien an, um Fragen zu klären. Kann ich mich wehren?
Auch hier kommt es auf den Einzelfall an: Wenn Sie zum Beispiel eine leitende Tätigkeit ausüben oder wenn eine dringliche Pendenz Ihre Intervention erfordert, ist dies im Sinne einer Ausnahme zulässig. Hingegen müssen Sie sich nicht dauernd Anrufe oder E-Mails gefallen lassen.
Mein Chef gibt mir vor, wann ich meine Ferien zu nehmen habe. Geht das?
Nach dem Gesetz ist es der Arbeitgeber, der den Zeitpunkt der Ferien bestimmt. Er hat dabei aber auf die Wünsche des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, soweit dies mit den Interessen des Betriebes vereinbar ist. Was das genau heisst, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Wenn Sie beispielsweise schulpflichtige Kinder haben, können Sie darum ersuchen, dass Sie Ihre Ferien möglichst während der Schulferien beziehen können. Auf der anderen Seite ist das Unternehmen berechtigt, im Sommer zum Beispiel zwei Wochen Betriebsferien anzuordnen. (Mehr dazu das Interview mit Tech-Chefin – «Chefs dürfen niemals Mails verschicken, während sie Ferien haben»)
Habe ich als Elternteil eine bevorzugte Stellung bei der Wahl der Ferienzeit?
Nein, es gibt keine Rangordnung. Indirekt können Sie aber profitieren, weil der Arbeitgeber bei der Festlegung auf die Schulferien Rücksicht nehmen sollte, soweit sich dies mit den betrieblichen Bedürfnissen vereinbaren lässt.
Bekomme ich meine Ferientage zurück, wenn ich während der Ferien krank werde?
Ja, grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Feriennachgewährung, wenn man während der Ferien erkrankt. Vorausgesetzt ist aber eine gewisse Intensität der Erkrankung, sodass der Erholungswert der Ferien tatsächlich infrage gestellt ist. Vorübergehendes Unwohlsein, gelegentliches Kopfweh oder ein leichtes Kratzen im Hals reichen dazu nicht aus, wohl aber eine hartnäckige Grippe, die Sie tagelang ans Bett fesselt. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung mindestens zwei bis drei Tage dauern muss. Im Zweifelsfall oder wenn Sie Probleme mit der Chefin erwarten, sollten Sie sich die Ferienunfähigkeit durch ein ärztliches Zeugnis bestätigen lassen.
Kann mir mein Chef die Arbeit einer Kollegin, die in den Ferien ist, übertragen?
Ja, das ist möglich. Allerdings darf Sie die Arbeitgeberin nicht überfordern, beispielsweise durch Anordnung von tagelanger Überstundenarbeit, die Sie erschöpft. Ausserdem muss es sich um zumutbare Arbeit handeln, das heisst um solche, die Ihrem Tätigkeitsprofil gerecht wird.
Ich bin entlassen worden. Darf ich meine Ferien trotzdem beziehen?
Auch hier kommt es auf die konkreten Umstände an. Der Grundsatz ist, dass die Ferien noch während der Anstellung bezogen werden können. Sie können sich also auf diesen Standpunkt stellen. Es gibt aber Ausnahmen, insbesondere, wenn Ihre Tätigkeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist. Dann müssen Sie hinnehmen, dass Ihre Ferien finanziell abgegolten werden.
Ich wurde freigestellt. Muss mir meine Arbeitgeberin die übrigen Ferientage gewähren?
Klar ist zunächst, dass auch während der Freistellung der Feriensaldo anwächst. Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten ist hingegen, ob und in welchem Umfang Ferien während Freistellung als bezogen gelten und damit am Vertragsende nicht mehr ausbezahlt werden müssen. Dies hängt wesentlich vom Verhältnis zwischen Ferien und Freistellungszeit ab. Je länger die Freistellungszeit ist, umso mehr Ferien können von der Arbeitgeberin als bezogen betrachtet werden. Das Arbeitsgericht Zürich geht als Faustregel davon aus, dass ein Drittel der Freistellungstage als Ferienbezug angerechnet werden kann, mit Abweichungen im Einzelfall. Bei einer dreimonatigen Kündigungsfrist bedeutet dies, dass rund 21,75 Ferientage als bezogen gelten, nämlich die durchschnittlich auf einen Monat entfallenden Arbeitstage.
Mein Arbeitgeber fordert mich zehn Tage vor meinen Ferien auf, sie zu verschieben, um für einen erkrankten Kollegen einzuspringen. Muss er für die entstandenen Kosten aufkommen?
Ja. Zulässig ist eine kurzfristige Ferienverschiebung ohnehin nur in dringlichen Fällen. Ausserdem muss der Arbeitgeber die entstandenen Aufwendungen wie zum Beispiel nicht mehr stornierbare Reise- oder Hotelkosten übernehmen.
Ich bin 14 und könnte während der Schulferien an einem Glacestand jobben. Darf ich das?
Grundsätzlich dürften Jugendliche erst ab dem vollendeten 15. Altersjahr beschäftigt werden. Für leichte Arbeiten sieht das Gesetz aber eine Ausnahme vor. In diesem Fall dürfen Jugendliche schon ab dem 13. Altersjahr beschäftigt werden.
Mein Flug in die Ferien wurde kurzfristig abgesagt. Kann ich zurück an den Arbeitsplatz?
Sie sollten dies auf jeden Fall unverzüglich mit der Arbeitgeberin besprechen, da diese vielleicht schon Vorkehrungen für die Zeit während Ihrer Abwesenheit getroffen hat, um Sie zu ersetzen. In den meisten Fällen bieten die Arbeitgeber Hand zu einer einvernehmlichen Lösung.
Ich rücke in die Sommer-RS ein. Darf mir mein Chef darum das Ferienguthaben kürzen?
Ja, allerdings profitieren Sie von einer Schonfrist. Das heisst: Erst wenn Sie im betreffenden Dienstjahr volle zwei Monate fehlen, darf der Jahresferienanspruch um ein Zwölftel gekürzt werden, nach drei Monaten um ein weiteres Zwölftel und so weiter. Die Kürzung tritt also nicht sofort ein.
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