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Papablog: Krabbelbaby versus Knigge
Müssen Ihre Gäste die Schuhe ausziehen?

Vergessen Sie Knigge! «Bhalt sie aa» wird mit Baby zum No-Go.
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Mit den sinkenden Covid-Fallzahlen kommt auch wieder der Besuch. Und mit ihm die alte Frage: «Sölli Tschue abzieh?»

Dabei gibt es beidseits des Türspions Mitglieder verschiedener Denkschulen.

Unter den Gästen:

  1. Eifrige Schuhflüchter*innen – hüpfen schneller aus den Tretern als ein Legionär, der von Obelix einen Kinnhaken kassiert. Zur Begrüssung stehen sie bereits in ihren feinen Besuchssocken da.

  2. Notorische Schuhklammer*innen – bringen das Thema gar nicht auf, sondern stehen so lange schweigend, starrend oder smalltalkend vor der Tür, bis sie in Schuhen reingebeten werden.

  3. Die grosse Masse der Fragenden: «Sölli Tschue abzieh?» – Sie hoffen auf ein «Nenei, bhalt si aa», würden sich aber zügig entschuhen, falls verlangt.

Unter den Gastgeber*innen:

  1. Tolerante – brüllen schon von weitem: «Ihr könnt die Schuhe anlassen!» Sie würden dem Besuch bereits ausgezogene Schuhe eigenhändig wieder zwangsschnüren. Möglicherweise ekeln sie sich vor Socken.

  2. Feinde des Schuhs – Entweder zieht der Besuch seine ekelhaften «Strassenschuhe» selber aus, oder er wird mit einem Fingerzeig auf das am Türrahmen festlaminierte Regelwerk dazu aufgefordert.

  3. Augenzudrücker*innen – möchten, dass der Besuch die Schuhe auszieht. Wenns nicht passiert, sagen sie nichts, starren aber den ganzen Abend angewidert auf die Schuhe.

Bei dieser Vielfalt an Schuhreligionen sind Konflikte zu erwarten. Selten kommt es zum offenen Krieg, in dem Schuhe fliegen und zugeknallte Türen wieder aufgetreten werden. Ich habe aber schon von runtergeschlucktem Ärger und anschliessendem Lästern gehört.

Was ist denn nun korrekt?

In den Stil- und Kniggekolumnen der Nation ist die Frage beliebt und die Antwort immer gleich: Gäste zu bitten, ihre Schuhe auszuziehen, sei eine Frechheit und in Socken herumzulaufen sowieso würdelos.

Aber die selbsternannten Knigge-Fachleute haben halt auch einen Schuhlöffel im A…, also etwas konservativ verhockte Ansichten. Die sagen bestimmt auch: «Ausländer sind hier zu Gast, die sollen sich an unsere Regeln halten.» So könnte man es ja auch in der Schuhfrage halten, aber nein: Da darf der Besuch seine Regeln von zu Hause mitbringen.

Eroberung des Fussbodens: Ein krabbelndes Baby schleckt pro Viertelstunde gute drei Quadratmeter Parkett ab.

Sie ahnen es bereits, ich bin ein Feind des Schuhs. Strassenschuhe kommen nur über meine Leiche in die Wohnung. Dann wiederum ist es mir egal, und Sie dürfen die Schuhe gerne auch an meiner Leiche abputzen.

Kaugummi und Katzengagi

Bis vor Brechti Geburt war es mir auch lebend egal. Aber Kleinkinder verbringen ihr Dasein extrem bodennah und da macht man sich als Eltern so seine Gedanken. Wer dann noch weiss, dass ein krabbelndes Baby pro Viertelstunde gute drei Quadratmeter Parkett abschleckt, kann doch nicht mehr ernsthaft «bhalt sie aa» sagen. Bei Kniggemenschen zu Hause sieht das natürlich anders aus. Die haben keine Kinder. Kinder haben ist würdelos. Pfui. Ihh.

Nun könnte man es hier belassen. Alles wäre ganz einfach: Tschannen hat recht, die Schuhe kommen ab. Denkt doch an die Babys! Doch dann machen die Hündeler*innen wieder alles kompliziert. Also ähh … bei kleinen Hunden bis Katzengrösse gehts ja. Aber in einer Wohnung mit grossen Kötern, da behalte ich meine Schuhe lieber an. Sonst habe ich ja Hundehaare an den Socken. Pfui. Ihh.

Jaja, ich verscherze es mir grad mit allen. Aber wie handhaben Sie das – wenn das Baby über den Boden rutscht, es klingelt, und Tante Edeltraud steht in Schuhen vor der Tür, die nach Benzin und Fuchsbandwurm müffeln?