Playoff-Final Zug – GenfMit Brillanz gegen die Wucht: Was diesen Final so interessant macht
Was setzt sich im Playoff-Final 2021 durch? Der EVZ und Servette stehen für zwei komplett verschiedene Eishockey-Philosophien.
Eines steht nun mit dem Zuger Erreichen des Finals schon einmal fest. Es wird 2021 erstmals seit 1998 einen Schweizer Eishockeymeister geben, der nicht Davos, ZSC, Bern oder Lugano heisst. Vor 23 Jahren war es der EVZ selbst, der seinen bislang einzigen Meistertitel holte. Gegner Servette hingegen war noch nie Champion, aber schon siebenmal Zweiter. So viel zur Statistik, die aber kaum Bedeutung hat für den Final, da mit Servette-Verteidiger Marco Maurer 2021 nur noch ein Spieler von diesen (Vize-)Meisterteams wieder dabei ist, und er fehlt den Genfern verletzt.
Interessanter als die Zahlen sind die Unterschiede zwischen den beiden Finalisten, die innerhalb der National League kaum grösser sein könnten. Sie stehen für zwei komplett verschiedene Eishockey-Philosophien, allein dies macht die Serie so interessant. Ein Jammer, dass sie wegen Termindruck rund um die WM bloss ein best of 5 und kein übliches best of 7 sein wird.
Zug: Souverän, aber rätselhaft
Es ist die spielerische Leichtigkeit des EV Zug, die bislang im Playoff zwar wohl seltener als erhofft, aber dennoch immer wieder durchschimmerte, die auf die nüchterne Wucht Servettes trifft. Wer mit den gängigen Klischees von den «weichen Welschen» daherkommt, könnte falscher nicht liegen. Wenn es schon einen Vergleich geben muss, welches der beiden Teams «härter» ist und spielt, dann haben definitiv die Genfer die Nase vorne.
Es erweist sich zunächst einmal als schwierig, aus den Playoff-Leistungen des EVZ wirklich schlau zu werden. Der Qualifikationssieger, der einen neuen Punkterekord aufstellte, kam mit Siegen gegen Bern (9. der Qualifikation) und Rapperswil-Jona (10.) in den Final. Bislang galt als gefühlt leichtester Weg in die finale Runde jener des HC Davos 2006, der dafür «bloss» Basel und die Lakers eliminieren musste, danach in Lugano aber seinen Meister fand. In den 14 Jahren seither wurden übrigens nur noch Davos, Bern oder der ZSC Meister.
Der EV Zug erledigte zwar seine Aufgaben gegen einen angeschlagenen SCB und den krassen Aussenseiter Lakers mehr oder weniger souverän, musste aber dennoch in zehn Spielen dreimal als Verlierer vom Eis. Nie hinterliess der EVZ den Eindruck, als sei er auch nur annähernd am Leistungslimit. Doch immer dann, wenn nach fragwürdigen Spielen oder Phasen Unheil drohte, vermochte Dan Tangnes’ Team umgehend zu reagieren. Das kann man arrogant nennen oder auch abgeklärt, es ist ein schmaler Grat.
Zug hat mit Leonardo Genoni immer noch den besten Goalie der Liga, der auch im Playoff 2021 vor allem gegen Bern das tat, was ihn seit Jahren auszeichnet, falls er mal einen weniger guten Abend einzieht: sofort mit einem grundsoliden Match reagieren. Es war bislang kein einfaches Playoff für Genoni, Goalies mögen es nicht, regelmässig wenig zu tun zu haben. Zug hat bislang fast gleich viele Schüsse aufs eigene Tor zugelassen wie Servette, obwohl die Genfer zwei Partien weniger bestritten auf dem Weg in den Final…
Zug hat mit Raphael Diaz auch den besten Schweizer Spielmacher in der Verteidigung sowie mit Jan Kovar den wohl smartesten Allrounder der Liga im Sturm. Mit dem Amerikaner Justin Abdelkader hat der EVZ auch einen physisch starken Stürmer im Team, der in der Wahrnehmung der breiten Eishockey-Öffentlichkeit auch mit allerlei Unfug auf sich aufmerksam machte: eine Busse wegen einer ganz schlechten Schwalbe, ein wenig ruhmreiches Abschneiden in einem kurzen Ringkampf mit Berns 10 Kilo leichterem Techniker Vincent Praplan, mehrfach unnötige Strafen wegen hohen Stocks. Oder, wofür er allerdings selbst nichts kann, die Polemik im Februar rund um seine Verpflichtung als fünften Import-Spieler Zugs mit dem EVZ-Statement, dass er ja «nur 5000 Franken» im Monat verdiene – keine smarte Aussage in Zeiten von Corona und Lohnkürzungen.
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Was indes im ganzen Klamauk unterging: EVZ-Trainer Tangnes hat mit Abdelkader exakt erhalten, was er sich erhoffte: Physische Präsenz im Slot, das ist jene unauffällige Härte, die Coachs lieben. Und einen Stürmer der hässlichen Tore: Schon sechsmal traf Abdelkader im Playoff, nie schön oder spektakulär, aber stets dank der Präsenz vor dem Tor. Abdelkader tut dem EVZ gut, denn wenn der Club seit Jahren sich einen Vorwurf anhören musste, dann diesen: zu viele Stürmer, die zum Schönspielen neigen. Die ZSC Lions beklagten im Halbfinal Mühe, den Raum vor dem Servette-Tor zu beherrschen. Wird Abdelkader den Weg dorthin finden? Die Antwort auf diese Frage wird eine entscheidende Rolle im Final spielen.
Die Genfer Wucht
Die Servettiens werden Zugs Spiel ihre ganze Wucht entgegenstemmen. Man könnte ihr Playoff-Eishockey «oldschool» schimpfen. Doch weil simpel und rau in diesem Falle erfolgreich und effizient ist, würde das in Genf niemanden kümmern. Servette schaffte es bereits im Halbfinal gegen allerdings arg dezimierte Zürcher vorzüglich, das Tempo aus dem ZSC-Spiel zu nehmen und den Raum vor beiden Toren zu kontrollieren. In der Offensive pflügen sich vor allem Stürmer wie Eric Fehr oder Daniel Winnik wuchtig wie Traktoren ihren Weg vors Tor.
Mit Tanner Richard wissen die Genfer auch einen Prototyp des Playoff-Stürmers in ihren Reihen: Einen Bully-Spezialisten, der nicht nur skort, sondern sich auch in Schüsse wirft. Rod/Richard/Vermin ist das wohl beste Schweizer Sturm-Trio des NL-Playoffs 2021. Und so wie der EVZ mit Abdelkader auch über ein Gegenstück zu seinem typischen Spiel verfügt, haben die Genfer Linus Omark: einen Künstler, der mit dem Puck Dinge tun kann, die Normalsterblichen unter den Spielern schon nur beim Gedanken daran Kopfschmerzen bereiten.
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Aber vor allem: Genf weiss mit Henrik Tömmernes den potenziellen MVP des Playoffs in seinen Reihen – den derzeit verheissungsvollsten Anwärter auf die Auszeichnung des wertvollsten Spielers. Er ist für Servette das, was sein weitaus berühmterer schwedischer Landsmann Victor Hedman, der beste Verteidiger der Welt, bei NHL-Champion Tampa ist: der Alleskönner in der Abwehr. Tömmernes tat den ZSC Lions sowohl in der Defensive als auch in der Offensive weh, er ist gar Servettes Topskorer. Zug wird seinen Einfluss irgendwie limitieren müssen.
Übrigens, eine Randbemerkung, die hoffentlich keine Rolle spielen wird: Sollte der Final wegen Corona-Fällen abgebrochen werden müssen, würde gemäss Spezialregeln automatisch der EVZ zum Meister erklärt.
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