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Hilferuf eines Models
«Miss Burma» stellt die Junta an den Pranger

«Meine Freunde haben mir empfohlen, nicht zurück nach Burma zu kommen», sagte Han Lay in Bangkok.
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Bekannt werden wollte Han Lay durch ihre Schönheit, berühmt wird sie nun durch das, was sie zu sagen hat. Die amtierende «Miss Grand Burma» war vergangene Woche in Bangkok, um dort bei einem Schönheitswettbewerb mitzumachen, der «Miss Grand International» heisst und an dem sich auch Misses aus Brasilien, den USA, Indonesien, Guatemala und den Philippinen beteiligten.

Diese Titel wirken ja nicht nur aus der Zeit gefallen, sondern auch inflationär – so gesehen hätte der Wettbewerb keine grössere Bedeutung erlangt und wäre keine weitere Berichterstattung wert gewesen, hätte Han Lay nicht eine bemerkenswerte Rede gehalten: «In meinem Land Burma sterben so viele Menschen jeden Tag», erklärte sie. «Bitte helfen Sie Burma, wir brauchen dringend internationale Hilfe, sofort.»

Keine Plattitüden

Die 22-Jährige selbst war wenige Tage vor ihrem Auftritt noch mitgelaufen bei einer Demonstration. An dem Wochenende, an dem sie im Scheinwerferlicht stand, wuchs die Zahl der Getöteten in Burma auf mehr als 550 an. So viele Protestierende sind von Polizei und Militär umgebracht worden, seitdem sich die Junta am 1. Februar über Nacht wieder an die Macht geputscht hatte.

Üblicherweise bewegen sich Wortbeiträge bei Schönheitswettbewerben auf dem Niveau von dem, was man auch aus «Switzerland’s next Topmodel» kennt: Glaubt an euch selbst, findet euren Weg, Weltfrieden, so etwas. Han Lay aber fand es unangebracht, sich mit Plattitüden zu präsentieren, während ihre Altersgenossen in Burma von der Junta erschossen werden, weil sie sich für Demokratie einsetzen. Schon bei ihrer Anreise hatte sie sich vorgenommen, etwas zu sagen. Nach ihrer Rede hat sie keine direkten Drohungen erhalten, aber «meine Freunde haben mir empfohlen, nicht zurück nach Burma zu kommen», sagte sie der BBC.

Influencer festgenommen

In Burma werden gezielt Celebrities verfolgt. Vergangene Woche wurden mehrere Influencer und Journalisten festgenommen, die nun wegen eines Gesetzes verfolgt werden, das Reden unter Strafe stellt, die «die Absicht verfolgen, Mitglieder der Streitkräfte zur Meuterei oder zur Dienstverweigerung aufzuwiegeln». Dieser Dienst bedeutet derzeit, Landsleute festzunehmen, zusammenzuschlagen oder sie zu töten. Auch ein Freund sei umgebracht worden, erzählt Han Lay: «Er hat nicht protestiert. Er ist nur an einem Nachmittag in ein Restaurant gegangen, hat Kaffee getrunken und wurde erschossen.»

Han Lay studiert eigentlich in Yangon Psychologie und wollte Flugbegleiterin werden. Sie will nun vorerst in Thailand bleiben und teilt damit das Schicksal vieler Landsleute, die in wachsender Zahl in die Nachbarländer fliehen, um der Drangsalierung durch Polizei und Militär zu entkommen – sowie einem drohenden Bürgerkrieg.

Es ist ein wenig pikant, dass Han Lay die Bühne ausgerechnet in Thailand für ihren Hilferuf an die Welt genutzt hat, da das dortige Militär die Macht ebenfalls nicht hergeben will und gute Kontakte zur Junta in Burma pflegt. Genauso wie Indien, das sich als grösste Demokratie der Welt betrachtet, eine scharfe Verurteilung der Junta durch die UNO gemeinsam mit Staaten wie Russland und China vor zwei Wochen allerdings verhinderte.

In der Regierung in Bangkok scheint man derzeit ohnehin nervös zu werden, was die Demokratiebewegung im eigenen Land angeht – wenn sogar die Schönheitsköniginnen aufbegehren. Die «Miss Grand Thailand» hatte sich bereits vergangenen September bei den Regierenden unbeliebt gemacht. Pacharaporn Chantarapadit (22) antwortete, als sie zu den Protesten gegen die Regierung in Bangkok befragt wurde: «Wir haben das Recht, unsere Ansichten auszudrücken und zu entscheiden, was das Beste für unser Land ist.» Han Lay, die «Miss Grand Burma», hat übrigens den Wettbewerb nicht gewonnen. Aber das war in diesem Zusammenhang zweitrangig.