Militärputsch in BurmaDie Opposition will im Untergrund regieren
Aung San Suu Kyis Vertrauter Sa Sa fordert ein internationales Waffenembargo gegen die Generäle. Zusammen mit Parlamentariern in Burma bildet er ein Kabinett gegen die Militärjunta.
Manchmal packt den Mann die Wut, das ist deutlich zu hören, auch wenn das Gespräch über eine instabile Internetleitung immer wieder abbricht. «Die Armee hat laut Verfassung die Aufgabe, das Volk zu beschützen. Bei uns aber schiesst sie auf die Bevölkerung, sie tötet die eigenen Leute», sagt Sa Sa. Wie soll er da noch ruhig bleiben? Sa Sa sagt, die Menschen in Burma stünden jetzt da «wie Schäflein ohne Schäfer, sie sind ausgeliefert». Und wer der Wolf ist in diesem Bild, das hat er gerade ja schon deutlich gemacht.
Sa Sa ist ein Mann, auf dem nun einige Hoffnungen ruhen, zumindest unter den gewählten Parlamentariern, die das Militär zu Gejagten gemacht hat. Von Beruf ist er Mediziner, Aung San Suu Kyi wollte ihm nach dem Wahlsieg im November einen Posten in der Regierung übertragen, doch dann kamen die Generäle, bevor das Parlament zusammentreten konnte. Sie putschten im Morgengrauen des 1. Februar, seither versuchen sie mit brutalen Mitteln, die Kontrolle zu gewinnen. Sie zwingen Politiker wie Sa Sa in den Untergrund.
Aung San Suu Kyi soll weggesperrt werden
«Mutter Suu», wie Anhänger Wahlsiegerin Aung San Suu Kyi nennen, ist gefangen, genauso wie der mit ihr verbündete Präsident. Die Junta gräbt immer neue Vorwürfe gegen die beiden aus. Es ist offenkundig, dass die Armee versucht, sie auf Jahre hinaus wegzusperren.
Ein 17-köpfiges Komitee aus Abgeordneten, das sogenannte CRPH, versucht nun, das Vakuum zu füllen. Sa Sa ist dabei eine treibende Kraft. «Wir sind dabei, eine Interimsregierung zu bilden», sagt er, ein Kabinett im Untergrund. Sa Sa ist vom Komitee zum Sonderbeauftragten für die UNO berufen, ausserdem gab das Komitee bekannt, dass sie weitere Minister ernannt hätten. So soll die Abgeordnete Zin Mar Aung vorläufig das Aussenamt übernehmen. Sie suchen nach Wegen, mit der EU, den USA und mit den Nachbarländern des Asean-Verbunds zu kommunizieren, die sich am Dienstag über Video zum Krisenfall Burma beraten haben.
«Bisher waren sie nicht sehr hilfreich», sagt Sa Sa mit Blick auf die Nachbarn. «Sie müssten in aller Härte darauf bestehen, dass Aung San Suu Kyi und der Präsident freikommen», fordert er. Das wäre die wichtigste Bedingung, bevor man überhaupt mit den Generälen ins Gespräch kommen könne. Er warnte davor, Vereinbarungen mit der Junta zu treffen, obwohl sie keine Bereitschaft zeige, die vom Volk gewählten Vertreter freizulassen. An die Nachbarn appelliert er, das Kabinett des CRPH als legitim anzuerkennen, und nicht die Generäle.
«Manche von uns leben im Auto, wechseln ständig das Fahrzeug, andere leben versteckt im Badezimmer.» Wo Sa Sa sich aufhält, könne er nicht preisgeben. «Zu riskant», sagt er. Von Aung San Suu Kyi wisse er nur, dass das Militär sie offenbar ständig verlege. Die Armee fürchtet nichts mehr, als dass das Volk ihre Stimme höre oder ihr Gesicht sehe.
Beide Lager haben Botschafter
Für die Diplomatie wird der Umgang mit Burma nun äusserst kompliziert, was sich schon daran zeigt, dass die beiden offiziellen Vertreter des Landes bei den Vereinten Nationen unterschiedliche Positionen bezogen haben. Der Entsandte in Genf nimmt Weisungen der Junta entgegen, während sein Kollege in New York das Gegenteil tut. Er reckt den Drei-Finger-Gruss als Zeichen des Protests gegen das Militär in die Höhe. Hinzu kommen die Kräfte des Untergrundkabinetts, das sich als Gegenpol zur Junta positioniert.
Aaron Connelly, Südostasienexperte am International Institute for Security Studies (IISS), beschreibt in einem Blog das Dilemma des Asean-Bundes, der einerseits versucht, die Kommunikation mit dem Staat aufrechtzuerhalten, gleichzeitig aber durch Verhandlungen mit den Generälen riskiert, den Putsch zu legitimieren.
China hält zu den Generälen
Was würde die Generäle beeindrucken? Hunter Marston, der an der University of Australia über Südostasien forscht, glaubt, dass nur eine breite Koalition aus EU, USA und den Asean-Staaten deutlichen Druck auf die Armee ausüben könnte. Dass sich China daran beteiligt, gilt als unwahrscheinlich.
Sa Sa fordert ein internationales Waffenembargo. «Das wäre ein wichtiger Schritt», sagt Marston, auch wenn er nicht sehr optimistisch ist, dass es zustande kommt. Als grösste Waffenlieferanten für die Generäle benennt er Russland, China und Israel. Auch Rufe nach einer militärischen Intervention, wie sie aus Kreisen einiger Demonstranten erhoben wurden, dürften international auf wenig Resonanz stossen. Nicht einmal die Rohingya-Krise mit Hunderttausenden Vertriebenen und Verbrechen, die von den Vereinten Nationen als Völkermord gewertet wurden, führte zu einer Intervention.
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