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Abbau beim Detailhandelsriesen
M-Electronics weg, Micasa weg, Do it + Garden weg – Migros greift radikal durch

melectronics - Burgdorf Fachmarkt
Migros Aare schliesst Fachmärkte, wie zB. Melectronics und Do it + Garden in Burgdorf. Unterhaltungs- und Haushaltselektronik von melectronics. Melectronics (Eigenschreibweise melectronics; ursprünglich M-Electronics) ist eine Schweizer Fachmarktkette für Elektronikartikel mit rund 90 Filialen. Do it + Garden Migros ist eine Schweizer Fachmarktkette für Baumarkt- und Gartenartikel mit 38 Filialen.  Foto: Beat Mathys / Tamedia AG.
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Schon wieder kommt es zu einem grossen Aderlass beim Migros-Personal: Insgesamt gehen in der Migros-Industrie und den Migros-Fachmärkten 515 Stellen verloren.

Am meisten blutet der Elektronikhändler M-Electronics, wo hundert Stellen in den Filialen und weitere fünfzig in der Zentrale gestrichen werden. Und die Migros verkauft drei weitere Fachmärkte: Micasa, Do it + Garden, Bike World.

M-Electronics: Mehr als die Hälfte der Filialen geht an Media-Markt

Für 20 der 37 M-Electronics-Standorte hat die Migros mit Media-Markt einen Abnehmer gefunden, 17 werden geschlossen. Insgesamt gehen 150 Stellen verloren.

Nicht mehr weiterbetrieben werden die Filialen in Rapperswil SG, Bern (Marktgasse und Wankdorf), Thun (Oberland-Center), Olten SO (Sälipark), Münsingen BE, Lenzburg AG, Egerkingen SO (Gäupark), Basel (Claramarkt) und Allschwil BL (Paradies), Wetzikon ZH, Wil SG, Frauenfeld TG, St. Gallen (St. Fiden), Winterthur (Grüzepark), Abtwil SG (Säntispark) und Crissier VD.

Die zwanzig verkauften Standorte liegen laut Media-Markt «alle in überregional bedeutenden Einkaufszentren». Media-Markt übernehme 200 Mitarbeitende und Auszubildende. Damit sei das Unternehmen neu in den Kantonen Zug, Schwyz, Nidwalden, Thurgau, Schaffhausen und Jura mit eigenen Läden vertreten.

Dieser Schritt werde die Marktposition von Media-Markt «nachhaltig stärken», sagt Jan Niclas Brandt, Länderchef für die Schweiz und Österreich. Die Übernahme muss noch von der Wettbewerbskommission abgesegnet werden. Diese Hürde soll laut Media-Markt bis November genommen werden. Bis dahin werden die Filialen «nach wie vor unter M-Electronics firmieren», sagt eine Media-Markt-Sprecherin.

Micasa: Die Käufersuche wird schwierig

Neu sucht die Migros einen Käufer für ihre Möbel- und Einrichtungskette Micasa mit aktuell 36 Standorten, wenn man das Kleinformat Micasa Home dazuzählt.

Wer heute in der Schweiz Möbel kauft, landet meist bei einem der zwei Grossanbieter Ikea oder XXXLutz. Beide setzen indes auf Grossmärkte, die Micasa nicht bieten kann. Ein Sprecher von XXXLutz sagt: «Wir sind mit diesen Standorten schweizweit zufrieden und zurzeit nicht aktiv auf der Suche nach neuen Standorten über die Übernahme zusätzlicher Marken.»

Auch Coop wird wenig Lust zeigen, die Filialen zu übernehmen. Der Umsatz der Coop-Einrichtungshäuser Livique und Lumimart sank zwischen 2021 und 2023 um rund 10 Prozent. Coop-Sprecher Caspar Frey kommentiert die Möglichkeit einer Übernahme von Migros-Fachmärkten generell: «Einen Kauf der betreffenden Fachmärkte schliessen wir aus. Betreffend einzelne Standorte laufen Gespräche.»

Do it + Garden: Eingeklemmt zwischen Jumbo und Landi

Für die Bau- und Gartenmärkte von Do it + Garden werde sie «Veräusserungsprozesse starten», schreibt die Migros. Für die Kundinnen und Kunden ändere sich vorerst nichts.

Einen Käufer zu finden, wird auch hier schwierig. Coop dominiert mit Jumbo den Markt in den Agglomerationen, während Landi in ländlichen Regionen stark ist. Ob die beiden Händler Interesse an mehr als vereinzelten zusätzlichen Migros-Lagen haben, ist zweifelhaft. Ein dritter Schweizer Interessent ist nicht in Sicht, der deutsche Baumarkt Obi wiederum kommt kaum infrage, weil ihm die Do-it-Filialen zu klein sein dürften.

Bike World: Schwierige Lage – auch für potenzielle Käufer

Verkauft werden soll auch die Velo- und Velozubehörkette Bike-World. Für die Kundschaft ändere sich vorerst nichts, teilt die Migros mit. «Sämtliche Geschäfte laufen wie bisher zuverlässig weiter», verspricht sie.

Der Velo-Fachhandel ist in einer schwierigen Lage, in der Schweiz und darüber hinaus. Gemäss dem Fachmedium Ride-MTB.com sind die Lager übervoll, während sich die Kassen leeren. Das würden auch die grossen Bike-World-Filialen spüren. Darum sei fraglich, wer in dieser Lage diese Verkaufsflächen übernehmen soll, wer expandieren will oder überhaupt noch kann.

Obi: Zurück zur Muttergesellschaft?

Ebenfalls eine neue «Zukunftsoption» sucht die Migros für ihre Obi-Fachmärkte, die sie als Franchisenehmerin betreibt. Die zehn Standorte in der Schweiz würden vorerst bestehen bleiben, so die Migros.

Das Mutterunternehmen von Obi in Deutschland will sich nicht zur Option äussern, die Schweizer Filialen von der Migros zu übernehmen und in Eigenregie zu führen. Man wolle sich «hierzu zum aktuellen Zeitpunkt nicht äussern», lässt die Medienstelle in Köln verlauten.

Sport X: Decathlon und Ochsner Sport in den Startlöchern

Der im Februar gestartete Verkauf des Fachmarktes Sport X sei auf Kurs und noch im Gang, schreibt die Migros. Ein Kandidat ist der französische Händler Decathlon, der in der Schweiz auf Expansionskurs ist. Auch Ochsner Sport – Teil der deutschen Deichmann-Gruppe – könnte Filialen übernehmen. Um Überschneidungen bei den Standorten zu vermeiden, ist der Verkauf einzelner Standorte von Sport X an beide Unternehmen denkbar.

Delica und Chocolat Frey: Weniger Präsenz im Ausland

Die Migros-Industrie baut 365 Stellen in ihren Gesellschaften ab – 100 durch natürliche Fluktuation, wie das Unternehmen meldet. Beim Kaffeehersteller Delica werden 190 Stellen in der Schweiz gestrichen und weitere rund 65 Stellen in Deutschland.

Chocolat Frey und Delica geben den Export von Schokolade und Kaffee unter Migros-Markennamen auf und sollen sich auf die Produktion von Eigenmarken für Dritte konzentrieren.

Elsa schliesst zwei Käsereien in der Zentralschweiz

Eine weitere Stellenstreichung erfolgt bei der Milchverarbeiterin Elsa beziehungsweise deren Tochterfirma Schwyzer Milchhuus in der Zentralschweiz. Die Betriebe Rothenturm und Brunnen werden im ersten Quartal 2025 eingestellt. Am dritten Standort in Engiberg SZ bleibe die Molkerei in Betrieb, die Käseproduktion hingegen werde auf Ende Jahr ebenfalls eingestellt.

Durch die geplanten Schliessungen kommt es zum Abbau von 45 Arbeitsplätzen. Die freisinnige Schwyzer Volkswirtschaftsdirektorin Petra Steimen-Rickenbacher bedauert die Standortschliessungen dieses Schwyzer Traditionsunternehmens «ausserordentlich». Zentral sei nun, «dass die betroffenen Mitarbeitenden bei der Suche nach einer neuen Stelle innerhalb oder ausserhalb der Migros bestmöglich unterstützt werden».

Entlassene erhalten Sozialplan mit Zusatzleistungen

Die Migros-Mitarbeitenden, die ihre Stelle verlieren, sollen dem einheitlichen Sozialplan unterstellt werden, den die Migros im Mai vorgestellt hat. Dieser sieht unter anderem «grosszügige Regelungen für langjährige und ältere Mitarbeitende» vor, wie die Migros verlauten liess. Zudem werden die Gekündigten bei Weiterbildungen und Aufwendungen für längere Arbeitswege unterstützt.

Am Mittwoch erfährt das betroffene Personal in den Produktionsbetrieben der Migros in Einzelgesprächen, wer die Stelle verliert. Die Angestellten der Migros-Industrie werden ab 8 Uhr in einem Livestream über das neue Betriebsmodell des Unternehmens informiert. Um 10 Uhr folgt ein Livegespräch mit dem obersten Migros-Chef Mario Irminger und Matthias Wunderlin, dem Chef der Industriebetriebe.

Hintergrund des Abbaus ist das Programm «Refit», mit dem die Migros-Führung ihre Industriebetriebe auf mehr Kosteneffizienz trimmen möchte. Das Ziel: bis 2026 eine Senkung der Kosten «zugunsten Preis-Leistung» hinzubekommen. Das zeigen Dokumente der Migros, die dieser Redaktion vorliegen.

Dazu soll der 2017 formierte Geschäftszweig M-Industrie als «integrierter Produzent» im Konzern verankert werden, so das Konzeptpapier der Migros. Für das laufende Jahr sieht dieses eine «Rollenklärung» vor.