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Grosser Stellenabbau
Migros entlässt 150 Angestellte und streicht die Lebensmittel­ampel

Der Migros Hauptsitz am Limmatplatz, aufgenommen am Freitag, 2. Februar 2024 in Zuerich. Der Detailhandelskonzern Migros sucht neue Besitzer für die Reisetochter Hotelplan, die Kosmetik- und Hygienetochter Mibelle sowie für Melectronics und SportX. Das fuehrt zu einem grossen Stellenabbau. Die aktuelle Fokussierung werde bei der Migros Gruppe zu einem Abbau von bis zu 1500 Vollzeitstellen fuehren, heisst es in einer Mitteilung vom Freitag. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
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Heute zwischen 11 und 12 Uhr herrscht endlich Klarheit. Dann werden die Angestellten der Migros, die vom Stellenabbau betroffen sind, zum Gespräch geladen. Vor Ort soll auch ein Care-Team im Einsatz sein, sagt eine gut unterrichtete Quelle. Insgesamt sind 145 Stellen betroffen, 92 Personen erhalten eine Vertragsänderung. 151 Arbeitsplätze fallen dem Umbau zum Opfer. Alle Gekündigten werden ab dem 17. Juni freigestellt. Die Migros macht vorwärts – der grösste Stellenabbau in ihrer Geschichte hat begonnen.

Am Dienstagvormittag informierte Peter Diethelm, Chef der Supermarkt AG, am Hauptsitz in Zürich über den aktuellen Stand der neuen Konzerneinheit. 300 Angestellte konnten am Limmatplatz dabei sein, für alle anderen stand ein Livestream zur Verfügung. Für den kommenden Freitagnachmittag werden Mitarbeitende, die weiterhin beschäftigt werden, zu Infoveranstaltungen der jeweiligen Direktionen eingeladen.

Vom Stellenabbau besonders stark betroffen sind Marketing und Kommunikation: 82 der insgesamt 220 Stellen fallen weg. Das zeigt ein Dokument, das dieser Redaktion vorliegt. 18 Stellen sind es im Bereich Near und Non-Food und 15 im Lebensmittelbereich. Bei den Stabsfunktionen und der Leitung der Supermarkt AG fallen 8 von insgesamt 60 Stellen weg.

Marketing, Logistik und Informatik betroffen

Der Stellenabbau und damit der grösste Einschnitt für die Belegschaft ist bereits bekannt. «Wir wollen einfacher und schneller werden, darauf haben wir die neue Organisation ausgerichtet», liess sich Diethelm in einer Medienmitteilung zitieren. Durch die dafür notwendige Neuausrichtung sei ein Abbau leider unvermeidlich. Dieser erfolgt am Standort Limmatplatz in Zürich.

Betroffen sind die Bereiche Marketing, Logistik und Informatik. «Mir ist bewusst, dass eine Kündigung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belastend und schmerzhaft ist. Es trifft viele geschätzte und auch langjährige Kolleginnen und Kollegen», sagte Diethelm in der Mitteilung.

Die Entlassungen bei der Supermarkt AG sind erst der Anfang. Insgesamt sollen 1500 Stellen wegfallen, wie die Migros bereits im Februar ankündigte.

Der CEO Migros Supermarkt AG, Peter Diethelm waehrend einer Medienkonferenz des Migros Genossenschaftsbundes zur Neuorganisation ihres Supermarktgeschaefts am Freitag, 29. Juni 2023 in Zuerich. (KEYSTONE/Urs Flueeler).

Informiert wurde aber auch über weitere Änderungen im Zuge der Neuausrichtung der Supermarkt AG. Umgesetzt würden die Anpassungen auf den 1. Juli 2024.

So kommt es mit dem geplanten Verkauf von M-Electronics zu Veränderungen in rund 50 grösseren Supermarkt-Filialen der Migros: An diesen Standorten soll das Angebot von M-Electronics auf ein Basissortiment reduziert werden, das aber weiterhin Alltagsprodukte umfassen soll, wie zum Beispiel Körper- und Zahnpflege, Küchengeräte, Kaffeemaschinen oder Uhren, Batterien, Druckerpatronen.

Nährwertkennzeichnung rechnet sich nicht

Zu einer weiteren Änderung kommt es bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln im Sortiment der Migros, wie diese Redaktion bereits im März berichtete: Die Lebensmittelampel Nutri-Score wird nicht weitergeführt und schrittweise von den Migros-Produkten entfernt. Die Erfahrungen seit der Einführung vor drei Jahren hätten gezeigt, dass der Nutzen im Verhältnis zu den hohen Kosten zu gering sei, schreibt die Migros. Die Nährwertkennzeichnung ist freiwillig.

Ebenfalls eingestellt wird der Essenslieferdienst Foodnow der Regionalgenossenschaft Aare. Und dies schon Ende Mai. 2020 hatte die Migros damit angefangen, den Markt für schnelle und einfache Essenslieferungen zu testen. Gerechnet hat sich das bis heute nicht.

Und zu einem Wechsel kommt es in der Leitung der Direktion Frische der Supermarkt AG: Im Juli wird Miriam Richter von Sandra Stöckli übernehmen, die sich «aus persönlichen Gründen» entschieden hat, die Leitung abzugeben und die Migros per Ende August zu verlassen, wie es in der Mitteilung heisst. Die strategische Beschaffung und die Büros der Migros in Asien würden direkt Peter Diethelm unterstellt.

Laut einer internen Quelle sollen zudem die Abteilungen Food und Frische zu einer Direktion zusammengelegt werden.

Erstmals einheitlicher Sozialplan

In den nächsten Wochen werden weitere Migros-Tochterfirmen Entlassungen aussprechen müssen. Besonders betroffen sind laut gut unterrichteten Quellen die M-Industriebetriebe, aber auch im Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) und in den Genossenschaften wird es zu Stellenstreichungen kommen.

Bei allen Kündigungen kommt erstmals ein einheitlicher Sozialplan zum Zug, der für fast alle Tochterfirmen in der komplexen Migros-Struktur gilt – also für die zehn Migros-Genossenschaften, den MGB, die Fachmarkt AG, die M-Industrie, die Verteilbetrieb AG sowie für die Supermarkt AG.

Dieser Sozialplan wird rückwirkend auf den 1. Mai 2024 eingesetzt. Er bringe für alle betroffenen Mitarbeitenden eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den bisherigen Sozialplänen der einzelnen Genossenschaften und Migros-Firmen, teilte der MGB am Mittwoch mit.

Der Kaufmännische Verband Schweiz (KFMV), einer der drei nationalen Sozialpartner der Migros, ist zufrieden mit dem Ergebnis. Es handle sich um «gute Konditionen». «Im Rahmen des Möglichen habe ich ein gutes Gefühl», sagt Michel Lang, Leiter Sozialpartnerschaft beim KFMV.

Besonders grossen Wert wurde darauf gelegt, Anschlussmöglichkeiten für über 50-Jährige zu suchen, ausserdem werden Weiterbildungen finanziell unterstützt und teilweise auch Kosten für einen längeren Arbeitsweg bei einer neuen Stelle übernommen.