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Onlinehandel mit Lebensmitteln
Migros Online droht hinter Coop.ch zurückzufallen

Im Logistikzentrum von Migros Online in Pratteln BL: Eine Mitarbeiterin stellt eine Kundenbestellung zusammen.
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Im Onlinehandel mit Lebensmitteln ist die Migros seit Jahren die klare Schweizer Marktführerin. Doch die neusten Zahlen zeigen: Das Esswarengeschäft von Migros Online stagniert – und dies, obwohl ihm eine florierende Zukunft vorausgesagt wird.

Im vergangenen Jahr ist der Marktanteil von Migros Online gemäss Zahlen der Beratungsfirma Carpathium um 2 Prozentpunkte geschrumpft. Er ist damit, gemessen an den gesamten Umsätzen im Schweizer Lebensmittel-Onlinehandel, sogar unter die 50-Prozent-Marke gefallen.

Aufgeholt hat insbesondere die Konkurrentin Coop.ch. Ihr Marktanteil ist innert Jahresfrist um 1,9 Prozent gestiegen. Dies nicht nur auf Kosten von Migros Online, sondern noch stärker zulasten von Farmy.ch. Das Hofladen-Start-up erwirtschaftete im vergangenen Jahr rund eine Million Franken weniger Umsatz als noch im Vorjahr, das entspricht einem Minus von 0,3 Prozentpunkten. 

Farmy musste deshalb seine Wachstumspläne anpassen. Das Unternehmen will nun möglichst rasch profitabel werden und hat im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres 30 Prozent der Mitarbeitenden entlassen.

Bei Migros Online ist der Rückgang viel geringer, vor allem im Vergleich zum Gesamtvolumen. Dennoch wird die Stagnation im Lebensmittel-Onlinehandel zunehmend zum Problem. Hauptkonkurrentin Coop.ch hat in den vergangenen Jahren aufgeholt, ihr Umsatz hat sich inzwischen demjenigen von Migros Online angeglichen.

Wenn Coop.ch weiterhin in diesem Ausmass zulegt, wird die bisherige Nummer zwei in puncto Umsatz schon nächstes Jahr Migros Online überholen. 

Grosse Investitionen in Logistik und Marketing

Die Migros versucht schon länger, Gegensteuer zu geben. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat sie die frühere Marke Le Shop eingestampft und ihren Lebensmittel-Webshop unter Migros Online neu lanciert.

An der Spitze soll jetzt die neue Geschäftsführerin Katrin Tschannen für ein schnelleres Tempo beim Wachstum sorgen. Zudem baut der orange Riese in Regensdorf ZH ein neues Logistikzentrum. Es soll das grösste Migros-Logistikzentrum in der Schweiz werden und im Jahr 2026 in Betrieb gehen. Auch die Logistikstandorte in Pratteln BL und Bremgarten AG werden modernisiert. Das heisst: vor allem automatisiert.  

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Einpacken und direkt zu den Kunden liefern: Im Jahr 2020 stampfte die Migros ihre Marke Le Shop ein. 
Katrin Tschannen ist Chefin von Migros Online. 
In Regensdorf ZH entsteht ein neues Verteilzentrum. Migros Online will hier rund 300 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Derweil hat auch Coop viel investiert, insbesondere in Marketingaktionen. Dies dürfte mit ein Grund dafür sein, dass Coop.ch bei Reputationsumfragen zugelegt hat. Laut der neusten «Brand Indicator Switzerland»-Studie hat Coop.ch bei der Beliebtheit einen Sprung nach vorne gemacht und ist jetzt Nummer eins im Onlinehandel – sogar vor Digitec Galaxus, dem klaren Platzhirsch. Migros Online liegt nur auf Platz fünf.

Dass Coop.ch so gut läuft, könnte mit dem starken Wein- und Spirituosen-Angebot zusammenhängen, vermutet David Morant, Detailhandelsexperte von Carpathia. Zudem habe Coop eine eigene Lieferflotte. So kann sie im Vergleich zu Migros Online Lieferslots anbieten, die den Kundenbedürfnissen besser entsprechen.

Auch beim Service ist sie einen Schritt voraus, sprich: Coop.ch liefert direkt ins Kellerabteil oder bis in die Küche. Migros Online lässt ihre Lieferungen durch die Post durchführen, diese deponiert die Lieferungen am gewünschten Ort oder übergibt sie der Kundin oder dem Kunden, falls sie oder er zu Hause ist. Beide liefern auch in den fünften Stock, wenn das Haus keinen Lift hat.*

Nahrungsmittel machen knapp 4 Prozent am gesamten Schweizer Lebensmittel-Onlinehandel aus.

Ein weiterer Knackpunkt für die Migros ist My Migros, der personalisierte Online-Supermarkt. Dabei wird der Einkauf am Liefertag frisch von der regionalen Migros-Filiale zusammengestellt und zur Wohnungstür geliefert. Dieses Angebot entwickelt sich gut, mitunter auf Kosten von Migros Online. My Migros wurde intern von der Migros-Genossenschaft Aare lanciert, die für die Kantone Bern, Aargau und Solothurn zuständig ist.

Im vergangenen Jahr erzielte My Migros gemäss Carpathia-Schätzung 37 Millionen Franken Umsatz, das sind 4 Millionen mehr als im Vorjahr. Das erstaunt, denn der Gesamtmarkt ist nach dem Corona-Höhepunkt im vergangenen Jahr nur noch langsam gewachsen, von 661 Millionen Franken auf 684 Millionen Franken (plus 3,5 Prozent). 

Offen ist, wie lange die Migros My Migros eigenständig weiterführen wird. «Das gute Ergebnis 2022 hat die Argumente der Migros Aare wohl gestärkt, von einem Zusammenschluss mit Migros Online vorerst abzusehen», sagt Experte Morant. Er vermutet, dass Migros Online bei einer Integration von My Migros jedoch von attraktiveren Lieferbedingungen und personalisierten Empfehlungen profitieren würde.

So könnte die Migros im Onlinehandel mit Lebensmittel dieses Jahr wieder wachsen und den Vorsprung auf Coop halten. 

Investitionen sind strategisch wichtig

Die Migros, die am Dienstag ihre Jahreszahlen vorlegt, will sich diesbezüglich nicht in die Karten blicken lassen. My Migros von der Migros Aare sei in einer Testphase. Die beiden Online-Supermärkte der Migros würden sich ideal ergänzen, sagt eine Sprecherin. «Wie es weitergeht, hängt vom Verlauf der Testphase ab.»

Noch wird experimentiert. Denn das Geschäft mit im Internet bestellten Lebensmitteln ist eine Nische. Insgesamt machen Nahrungsmittel nur 3,6 Prozent am gesamten Schweizer Onlinehandel aus. Aus Gesamtkostensicht seien heute wohl weder Migros Online noch Konkurrentin Coop.ch profitabel, sagt David Morant von Carpathia.

Investitionen in den Onlinehandel seien aber aus Firmensicht strategisch wichtig, um langfristig den Wandel hin zum vermehrten Einkaufen im Internet nicht zu verpassen.

Diese Stelle haben wir am 30.3. angepasst, denn sie war missverständlich formuliert. Sowohl Coop.ch als auch Migros Online liefern Bestellungen in den fünften Stock. Zudem beträgt der Anteil Nahrungsmittel am Schweizer Onlinehandel laut den neusten GfK-Zahlen 3,6 Prozent (nicht 1,6 Prozent). Dies haben wir nachträglich korrigiert.