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Trendwende beim Referenzzinssatz
Jetzt steigen die Mieten für Wohnungen 

Folgen des gestiegenen Referenzzinssatzes: Bei vielen Mieterinnen und Mieter steht ab Oktober eine Mietzinserhöhung ins Haus. 
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Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat den Referenzzinssatz um 0,25 Punkte auf neu 1,5 Prozent angehoben. Das ist der erste Anstieg seit Einführung des schweizweiten Referenzzinssatzes im Jahr 2008. Die Folge davon: Die Mieten werden steigen. Wir beantworten dazu die wichtigsten Fragen.

Was ist der Referenzzinssatz?

Der sogenannte hypothekarische Referenzzinssatz bei Mietverhältnissen wurde im Jahr 2008 ins Leben gerufen, um die Gestaltung der Mieten landesweit zu vereinheitlichen. Die Schweizerische Nationalbank berechnet aus den Zinssätzen aller inländischen Hypothekarkredite einen Durchschnittswert, von dem der Referenzzins abhängt: Werden die Hypotheken teurer, steigt der Referenzzinssatz, werden sie günstiger, sinkt er. Das BWO teilt quartalsweise mit, ob sich der Referenzzinssatz verändert hat. Veränderungen gelten ab dem ersten Tag nach der Veröffentlichung.

Warum beeinflusst der Referenzzins die Mieten?

Schweizer Mieten sind gemäss Mietrecht mit dem Referenzzinssatz verbunden. Steigt er, darf eine Liegenschaftsverwaltung auch die Mieten anheben. 

Steigt jetzt meine Miete?

Ob eine Mieterhöhung nach Referenzzins möglich ist, hängt davon ab, auf welcher Grundlage der Mietvertrag basiert. In der Regel ist der Referenzzinssatz dort vermerkt. Falls nicht, können Mieterinnen und Mieter online zum Beispiel auf der Website des Bundesamts für Wohnungswesen die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder einer Vertragserneuerung gültigen historischen Referenzzinssätze nachschauen.

Der Mieterinnen- und Mieterverband der Deutschschweiz hat auf seiner Website zudem einen Mietzinsrechner aufgeschaltet, mit dem sich sogar unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede allfällige Ansprüche auf Mieterhöhungen kalkulieren lassen.

Grundsätzlich gilt: Basiert der aktuell gültige Vertrag auf einem Satz von 1,25 Prozent, kann die Liegenschaftsverwaltung eine Mieterhöhung durchsetzen. Das ist einerseits überall dort der Fall, wo die Mieten in den vergangenen Jahren gemäss Referenzzins konsequent gesenkt worden sind. Andererseits gilt es aber auch für all jene Verträge, die ab März 2020 abgeschlossen sind, da seit diesem Zeitpunkt der Referenzzins auf 1,25 Prozent verharrt. 

Gemäss den Immobilienexperten bei Wüest Partner und auch laut der Raiffeisen-Gruppe basieren schweizweit rund die Hälfte aller Mietverträge auf dem aktuellen Zinssatz von 1,25 Prozent.

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Da die Anpassung der Mieten an den Referenzzins keine zwingende Vorschrift ist, wurden in den vergangenen Jahren aber längst nicht alle Senkungen an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben. Umgekehrt ist jetzt davon auszugehen, dass nicht alle Mieten im Gleichschritt mit dem Referenzzins steigen. Die Erfahrungswerte dazu fehlen noch. Tendenziell dürften grosse und institutionelle Liegenschaftsverwaltungen die Mieterhöhungen rascher und konsequenter durchsetzen als private Hausbesitzer mit wenigen Wohnungen. 

Um wie viel wird die Miete steigen?

Ein Anstieg des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte gibt Vermieterinnen und Vermietern das Recht, die Mietzinse um drei Prozent zu erhöhen. 

Wann kommt die Mieterhöhung?

Die Mietzinsanpassung kann bereits auf den nächsten Kündigungstermin in Kraft treten. Vielerorts ist deshalb ab Oktober mit einer höheren Miete zu rechnen. Die Liegenschaftsverwaltung muss dies regelkonform ankündigen. Genauso wie Mieterinnen und Mieter umgekehrt beim Sinken des Zinssatzes eine formale Mietreduktion beantragen können. Musterbriefe dafür sind etwa beim Mieterverband erhältlich.

Kann ich mich gegen eine höhere Miete wehren?

Sofern die Vermieterin oder der Vermieter den höheren Referenzzinssatz durchsetzt und sich an die oben genannten Fristen und Vorgaben hält, müssen Mieterinnen und Mieter die Erhöhung akzeptieren. Sie können allenfalls die Wohnung kündigen, da die Mieterhöhung erst auf den nächsten Kündigungstermin gültig wird. 

Wenn der gültige Vertrag hingegen auf einem Referenzzins von 1,5 Prozent oder mehr basiert, ist eine solche Mieterhöhung nicht erlaubt. In diesem Fall sollten Mieterinnen und Mieter in einem ersten Schritt rasch den Kontakt mit der Liegenschaftsverwaltung suchen und sie auf den Fehler hinweisen und eine schriftliche Bestätigung verlangen.

Im Zweifelsfall sollten Mieterinnen und Mieter nicht lange zögern, bis sie an die zuständige Schlichtungsbehörde gelangen. Denn die Frist zur Anfechtung der Mietzinserhöhung läuft nach 30 Tagen ab. Nach Ablauf dieser Frist gilt die höhere Miete als akzeptiert, selbst wenn sie missbräuchlich ist, wie Fabian Gloor, Rechtsexperte beim Mieterinnen- und Mieterverband der Deutschschweiz, erläutert. 

Warum ist die Kontrolle jetzt besonders wichtig?

Die Kontrolle und eine allfällige Intervention sind jetzt besonders wichtig, wie Gloor betont. Denn wer sich nicht wehrt, akzeptiert nicht nur eine missbräuchliche Erhöhung, sondern gleichzeitig auch einen anderen Referenzzinssatz als jener, auf dem der Mietvertrag beruht.

Im schlimmsten Fall gilt also neu für die Mieterin oder den Mieter ein tieferer Referenzzinssatz als bisher. Die Folge: Die Liegenschaftsverwaltung darf die Miete erneut erhöhen, wenn der Satz weiter steigt – selbst dann, wenn dies gemäss bisheriger Vertragsbasis nicht vorgesehen wäre. So haben Betroffene nicht nur die Mietzinssenkungen der vergangenen Jahre verschenkt. Sie müssen darüber hinaus sogar noch künftige Erhöhungen akzeptieren, die der Liegenschaftsverwaltung eigentlich gar nicht zustehen.

Kann die Miete unabhängig vom Referenzzins steigen?

Ja. Neben dem Referenzzins gibt es zwei weitere Gründe, die eine Mieterhöhung rechtfertigen. Zum einen können Hausbesitzerinnen und -besitzer die Teuerung im Umfang von bis zu 40 Prozent auf die Mieterschaft abwälzen. Berechnungsgrundlage dafür ist der Landesindex für Konsumentenpreise. Da die Inflation mit dem Ukraine-Krieg und der damit verknüpften Energiekrise stark gestiegen ist, fällt dieser Punkt derzeit durchaus ins Gewicht. 

Der zweite Punkt ist die sogenannte allgemeine Kostensteigerung. Dabei geht es um Auslagen, die der Vermieter oder die Vermieterin nicht über die Nebenkostenabrechnung weitergeben darf, sowie um Unterhaltskosten. Beispiele dafür sind Gebühren, Versicherungsprämien, Baurechtszinsen und anderes mehr. Diese Erhöhung basiert auf einer etwas komplizierteren Berechnung, bei welcher der Fünfjahresdurchschnittswert vor der letzten Mietanpassung und vor der aktuellen Änderung verglichen werden. 

Berücksichtigt man auch Teuerung und allgemeine Kostensteigerung, müssen Mieterinnen und Mieter mit einer grösseren Erhöhung rechnen. Fachleute gehen deshalb davon aus, dass die Miete jetzt in vielen Fällen um 6 bis 7 Prozent steigt, wenn der Vertrag auf einem Referenzzins von 1,25 Prozent basiert und der Satz auf 1,5 Prozent steigt. 

Geht es mit dem Referenzzins weiter bergauf?

Ja, es ist angesichts aktueller Zahlen zu den durchschnittlichen Hypothekarzinsen in den kommenden Jahren mit weiteren Zinsschritten zu rechnen. Die Credit Suisse hat soeben Prognosen zur weiteren Entwicklung des Referenzzinssatzes veröffentlicht. Die Grossbank hat drei Szenarien entworfen. Im Hauptszenario geht sie von einer Inflation aus, die sich nur langsam abschwächt. Trifft das zu, ist bereits im Dezember von einem weiteren Anstieg des Referenzzinssatzes auf 1,75 Prozent auszugehen. Der nächste Schritt auf 2,0 Prozent folgt demnach ein weiteres Jahr später.

Auch in den beiden anderen Szenarien steigt der Satz schon im Dezember dieses Jahres auf 1,75 Prozent. Danach sehen die weiteren Szenarien je nach Entwicklung von Leitzinsen und Teuerung einen höheren oder tieferen Referenzzins für Mieterinnen und Mieter vor.  

Liebe Leserinnen und Leser, sind Sie von einer Mietzinserhöhung betroffen, die Sie nicht mehr stemmen können? Was sind die Folgen? Wir interessieren uns für Ihre Geschichte! Melden Sie sich bei inland@tamedia.ch oder telefonisch unter 044 248 45 45.