Kolumne «Miniatur des Alltags»Mein Badtüechli – der Trampelpfad
Der Frühling war nass und kühl, doch mittlerweile ist es seit Wochen schön – und der See ist langsam auch für Gfrörli warm genug. Schade eigentlich.
Ich hätte es wissen müssen. An einem schönen Sonntagnachmittag im Frühsommer, bei 27 Grad Luft- und 21 Grad Wassertemperatur muss das Strandbad Küsnacht voll sein. Darum sind wir gar nicht erst mit dem Auto, sondern mit dem Velo hingefahren. Dennoch musste ich mich bei der Ankunft kurz in den Arm kneifen. Waren wir unversehens in Rimini gelandet? So dicht an dicht lagen die Badtüechli, steckten die Sonnenschirme, standen die Sonnenzelte, räkelten sich die Sonnenhungrigen.
Mit Mühe und Not fanden wir ein Plätzchen unweit einer noch spärlich belaubten Platane, mussten unsere Tüechli für meinen Geschmack aber ungebührlich nahe an die nächsten hinlegen. Da kaum ein Durchkommen war, trampelten ständig irgendwelche Füsse auf meinem Tüechli rum. Also ab ins Wasser. Den Strand umgingen wir tunlichst, denn dort standen die Badegäste dicht an dicht. Aber auch auf dem Steg mussten wir uns durchschlängeln, nur um dann beim Sprungbrett oder der Badeleiter anzustehen.
Wie schön war es noch vor zwei Wochen gewesen im Sträme! Als die Lufttemperatur zwar schon ähnlich hoch, aber die Wassertemperatur erst knapp 15 Grad betragen hatte. Natürlich war das Wasser kalt, für einen Gfrörli wie mich erst recht. Aber noch selten habe ich das belebende Gefühl des Eintauchens, wie es niemand besser beschrieben hat als der Schriftsteller Albert Camus in seinem Klassiker «Der Fremde», so intensiv nachempfunden wie an Pfingsten. Und nach einem Moment im Wasser war ich mir ziemlich sicher, dass das Wasser stellenweise deutlich wärmer war als 15 Grad.
Irgendwann schaffte ich es auch an diesem Sonntag, einzutauchen. Und stellte fest: Die Temperaturanzeige stimmte wahrscheinlich wiederum nur punktuell. Das durch die Bise aufgewühlte Wasser fühlte sich deutlich kühler an als die angegebenen 21 Grad. Das hatte einen Vorteil: Der Dichtestress im See war merklich kleiner als an Land. Immerhin.
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