Kolumne «Miniatur des Alltags»«Deppiche» zum Einkuscheln
Selbst wenn alle Deutsch reden, bedeutet dies noch nicht, dass alle die gleiche Sprache sprechen.
Wir waren eine Gruppe fröhlicher Frauen, die sich an diesem Maitag auf Wanderschaft begeben hatte, um den Geburtstag einer Freundin zu feiern. Der Himmel zeigte sich wolkenverhangen und grau, doch immerhin blieben wir bei unserem Marsch vor Regenschauern verschont.
Am Ziel angekommen, nahmen wir trotz des kühlen Wetters auf der Terrasse des Ausflugslokals Platz – das Geburtstagskind wollte die schöne Aussicht geniessen. Dankbar nahmen wir deshalb das Angebot des Kellners an, der uns warme Decken offerierte. Die Zeit verging, doch der Kellner mit den versprochenen Kuscheldecken blieb weg.
Eine der Frauen nahm die Sache darum selber in die Hand und marschierte zielstrebig ins Lokal hinein. Nach einer Weile kam sie zurück – mit einem Stapel langer, bunter Flickenteppiche auf dem Arm. Der Anblick der Läufer amüsierte uns: Diese Stofflappen sollten uns warm halten? Wir witzelten, dass die Teile im Sommer wohl als Hundedecken dienen würden, und wickelten uns, so gut es ging, darin ein. Irgendwann fröstelten wir allerdings dermassen, dass wir uns ans Aufbrechen machten.
Just in diesem Moment erschien der verschollene Kellner mit einem Berg Kuscheldecken. Es sei ihm leider komplett untergegangen, uns die versprochenen Sachen zu bringen.
Nun waren wir verwirrt: Weshalb nur hatte unsere Kollegin an der Theke die kalten Baumwollteppiche erhalten, wenn es doch offenbar warme Kuscheldecken gab? «Was hast du denn gefragt?», wollten wir von ihr wissen. Die gebürtige Schwäbin erklärte seelenruhig: «Jo i hab einfach gfragt, ob sie Debbiche hätten, so heisst das bei uns im Schwabenland!»
Wir mussten alle herzlich lachen und verstanden nun, weshalb wir uns in «Debbiche» statt in Kuscheldecken hatten hüllen müssen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.