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Meinung

Kolumne «Miniatur des Alltags»
In der Genderfalle

Das jahrhundertealte binäre Rollenmodell stösst überall an Grenzen und scheint doch unumstösslich – zumindest noch.
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Mann, Frau, Trans, Queer, Non-binär: Mensch ist Mensch. Das ist meine feste Überzeugung. Und trotzdem bin ich neulich blindlings in die Genderfalle getappt.

Und das kam so: Im Fitnesscenter meines Vertrauens werden derzeit die Sanitäranlagen saniert. Aus unerfindlichen Gründen wurden hierzu nun die Frauen- und die Männergarderoben miteinander getauscht. Um allfälligen, peinlichen Fehltritten vorzubeugen, haben die Verantwortlichen die Änderung mit diversen Plakaten und farbigen Pfeilen signalisiert.

Nun hat aber sicher jeder und jede von uns schon einmal zu spüren bekommen, wie stark die Macht der Gewohnheit sein kann. Entsprechend erstaunte es mich auch nicht, als an jenem Abend eine Person hinter mir in die Umkleide huschte, die ich als Mann deutete.

Da sich neben mir noch zwei weitere Frauen zwischen den Schränken und Bänken im Raum aufhielten, war ich der festen Überzeugung, er würde seinen Fauxpas alsbald realisieren und das Weite suchen. Doch weit gefehlt.

Als sich die Person seelenruhig eine Reihe hinter mir niederliess, massregelte ich mich sogleich selber im Geiste. Wieder einmal hatte ich, die stets so für Offenheit plädiert, innert Sekunden über jemenschen geurteilt.

Während ich mich innerlich gerade noch dazu ermahnte, weniger Vorurteile zu haben, passierte es: Im Augenwinkel registrierte ich, wie die Person hinter mir inzwischen ein knallpinkes Trainingsshirt übergestreift hatte. Damengarderobe, pinkfarbenes Shirt, definitiv stimmig, etwas in dieser Art sendeten die Synapsen in dem Moment wohl an mein Hirn. Jedenfalls war die Sache nun abgeschlossen für mich. Und ich wendete mich wieder meiner eigenen, abgekämpften und verschwitzten Wenigkeit zu, als…

«Oh mein Gott, bin ich falsch!?» Erschrocken, aber auch etwas verwirrt, dass niemand etwas gesagt hatte, blickte der bärtige Herr in Fussballshorts und dem pinkfarbenen Juventus-Turin-Leibchen in die Runde. Und ich schämte mich – zu Recht.