Marktanteil verlorenUmbau führt bei Migros zu Verlust im Supermarktgeschäft
Dank Migros Bank und Digitec-Galaxus schreibt der Detailhändler nach einem schwierigen Jahr dennoch Gewinn.

Die Migros hat eines ihrer turbulentesten Jahre hinter sich gebracht. Anfang 2024 verkündete die Detailhändlerin, dass sie alle ihre Fachmärkte, darunter SportX, Micasa und Melectronics, verkaufen und stattdessen stärker auf das Kerngeschäft der Supermärkte fokussieren wolle. Sie rechnete mit rund 1500 wegfallenden Stellen – dem grössten Personalabbau ihrer Geschichte.
Diese Schätzung hat sich nun als korrekt herausgestellt. Ende 2024 beschäftigte die Migros in der Schweiz 85’513 Mitarbeitende, rund 1600 weniger als noch im Vorjahresschnitt.
Dennoch bleibt die Migros die mit Abstand grösste Arbeitgeberin der Schweiz. Die direkte Konkurrentin Coop hat im Inland etwas weniger als 61’000 Angestellte. An dieser Rangfolge dürfte also auch die Abwicklung der Migros-Verkäufe nichts ändern.
Anders sieht es beim Umsatz aus. Hier liegt Coop seit einigen Jahren vorne. Bei Coop ist insbesondere das Auslandsgeschäft grösser als bei der Migros. 2024 konnte die Migros den Umsatz zwar um 1,6 Prozent auf 32,2 Milliarden Franken steigern. An die fast 35 Milliarden von Coop kommt sie damit jedoch nicht heran. Zum wachsenden Umsatz der Migros trug insbesondere das starke Wachstum des Onlinehändlers Digitec-Galaxus bei.
Im Lebensmittelhandel hat die Migros im letzten Jahr leicht Marktanteile verloren. Sechs von zehn Regionalgenossenschaften haben Umsatz verloren.
Migros erwirtschaftete einen Gruppengewinn von 419 Millionen Franken
Nach dem schwachen Vorjahr konnte die Migros den Gruppengewinn 2024 auf 419 Millionen Franken steigern. Mit 282 Millionen steuerte die Migros Bank erneut einen wesentlichen Teil zum Gewinn bei. Sie erzielte das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte.
Im genossenschaftlichen Detailhandel resultierte jedoch ein Verlust von 60 Millionen Franken. Das liegt vor allem an erneut hohen Abschreibungen aufgrund der Restrukturierungen. Auch die Preissenkungen im Gefolge der im vergangenen Herbst lancierten Tiefpreisstrategie schmälern die Erträge.
Die Erlöse aus den Unternehmensverkäufen werden erst ins Ergebnis 2025 einfliessen und dann zu einem positiven Sondereffekt führen. Die Migros-Führung schätzt diesen auf «einen tiefen dreistelligen Millionenbetrag».
Beim Start der neuen Supermarkt-Strategie vor gut einem Jahr setzte die neue Migros-Führung unter Mario Irminger ein neues Renditeziel. Dank schlankeren Strukturen und entsprechend tieferen Kosten soll die Gewinnmarge, gemessen am Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), mittelfristig auf 2,5 Prozent gesteigert werden.
Davon war die Migros im letzten Geschäftsjahr noch weit entfernt. Die Ebit-Marge lag 2024 erst bei 1,5 Prozent. Im Vorjahr waren es nur 0,9 Prozent gewesen. Seit 2011 schwankt die Rendite von Jahr zu Jahr stark, zwischen 0,7 und 6,2 Prozent. Dies im Gegensatz zur Konkurrentin Coop. Deren Gewinnmarge bewegt sich seit 2011 erstaunlich stabil zwischen 2,5 und 3 Prozent. Nicht einmal während der Lockdowns, von denen die Grossverteiler stark profitierten, stieg der Gewinn merklich an.
Das aktuelle Jahr steht nun ganz im Zeichen des Hundertjahr-Jubiläums. Dieses zelebriert die Migros mit zahlreichen Aktionen. Unter anderem sind an manchen Orten wieder die ikonischen Migros-Verkaufswagen unterwegs, und sie bietet 250’000 Tickets fürs Tourneetheater «Das Zelt» an – zum historischen Preis von 9 Franken.
Der Umbau enttäuschte viele Migros-Kunden
Ob sie damit die Gemüter der Konsumenten wieder etwas zu besänftigen mag, wird sich zeigen. Viele äusserten grossen Unmut über den Entscheid der Migros, sich von den Fachmärkten zu trennen. Auch der Entscheid, das für Migros historisch bedeutende Reiseunternehmen Hotelplan zu verkaufen oder die erfolgreich wirtschaftende Mibelle, sorgte für Unverständnis. Letztere ist die einzige Migros-Tochter, für die der Verkauf noch nicht abgeschlossen ist. Man befinde sich dabei jedoch «auf der Zielgerade» sagte Migros Chef Irminger am Dienstag an einer Medienkonferenz.
Bei Fachleuten stiess das Vorgehen der Migros jedoch durchaus auf Zuspruch. «Mein Eindruck ist, dass die Migros ohne Fachmärkte, dafür mit Fokussierung auf die starken Onlinemarken Digitec und Galaxus in diesem Wachstumsbereich dynamischer aufgestellt ist als Coop», sagte zum Beispiel der Restrukturierungsexperte Marius Fuchs von der Hochschule Luzern dieser Redaktion vor kurzem.
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