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Dokfilm enthüllt neue Pleiten und Pannen
So verursachte das Migros-Management Millionenverluste

Migros Hochhaus am Limmatplatz beleuchtet bei Nacht, Februar 2024.
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In Kürze:
  • Ein neuer Dokfilm des Schweizer Fernsehens zeigt Beispiele für Millionenverluste der Migros.
  • Ein fehlgeschlagenes Abenteuer in den USA führte zur Schliessung der Schokoladenfabrik Sweetworks.
  • Das Logistikzentrum Schönbühl der Migros Aare stehe zum Teil leer.
  • «Elfspurigkeiten» in der Struktur hätten viele Migros-Fachmärkte unrentabel gemacht.

Ein neuer Dokfilm des Schweizer Fernsehens zeigt, wie das Migros-Management mit Fehlinvestitionen Millionenverluste für den Konzern verursacht hat. Neben Bekanntem kommt auch Brisantes zum Vorschein.

Fehlinvestitionen im Ausland

2014 kaufte die Migros in Buffalo im US-Staat New York den Schokoladenhersteller Sweetworks für 36 Millionen Franken. Die Idee: der erfolgreichen Konkurrentin Lindt Marktanteil im Riesenmarkt der USA abzuknabbern.

Die Expansion scheiterte, die Migros musste Sweetworks 2023 schliessen und 160 Angestellte entlassen. Das blamable Ergebnis des Amerika-Abenteuers kommunizierte die Migros nicht.

Als Grund für den Flop gibt der damalige Migros-Verantwortliche für das Projekt Christoph Schmassmann an, zu wenig Geld fürs Marketing erhalten zu haben. Ausserdem sei nicht in neue Maschinen investiert worden. Die damalige Betriebsleiterin Leanne Khoury meint, die Migros sei naiv gewesen. Die US-Konsumenten hätten einen anderen Geschmack als die Schweizer.

Innerhalb von vier Jahren halbierte sich deshalb der Umsatz von Sweetworks, und der Gewinn sei dahingeschmolzen. Am Ende habe Sweetworks Produkte der Migros-Tochter Frey unter dem Herstellungspreis verscherbelt.

2020 musste Frey in der Folge einen Verlust von 12 Millionen Franken ausweisen. «Niemand hat das grosse Ganze gesehen», sagt ein ehemaliger Sweetworks-Mitarbeiter. Die Migros-Manager hätten den Betrieb lediglich ein- bis zweimal pro Jahr besucht und sich zu wenig um das Geschäft gekümmert.

Dieses Auslandabenteuer fügt sich in eine Reihe ein, die bis heute – etwa mit der deutschen Supermarktkette Tegut – fortgesetzt wird.

Fehlinvestitionen in Logistikzentrale

Neuigkeiten auch zum Logistikzentrum Schönbühl der Genossenschaft Aare (der grössten Migros-Region): Beim 2024 eröffneten Verteilzentrum wurde mit viel zu grosser Kelle angerichtet. Ein Drittel der Anlage für die gekühlte Kommissionierung stehe leer. Die nötig gewordene Wertberichtigung der Anlage wird in der Dok mit 100 Millionen Franken veranschlagt. Mitverantwortlich sei der damalige «Regionalfürst», Migros-Aare-Chef Anton Gäumann, der 2021 gehen musste.

Er habe die Genossenschaften Neuenburg und Basel erst nach Beginn des Bauprojekts dazu aufgefordert, ihre Logistik über Schönbühl auszuführen. Was diese ablehnen, angeblich, um Entlassungen zu verhindern, wohl auch um keine Macht abgeben zu müssen.

Innenansicht der neuen Migros Aare Logistikplattform mit automatisierten Anlagen, Förderbändern und einem Arbeiter in orangefarbenem Overall.

Ein Insider berichtet in der Dok anonym: Man habe zuerst etwas aufstellen und erst danach die anderen Genossenschaften informieren wollen. Sonst hätten diese zu fest mitreden wollen: «Aber wer weiss, vielleicht kommen sie ja doch noch», so der Insider.

Die Migros schreibt zur Darstellung des Sachverhalts im Film: «Die Logistikplattform 2030 wurde bewusst weitsichtig konzipiert.» Zum Start sei sie noch nicht voll ausgelastet gewesen. «Das hat zu einer einmaligen Wertberichtigung geführt, die im Jahresbericht 2023 entsprechend ausgewiesen wurde», so eine Migros-Sprecherin. Mittel- und langfristig werde sie von weiteren Bereichen der Migros-Gruppe genutzt werden und voll ausgelastet sein. Das sei schon länger bekannt gewesen: «Diese Informationen wurden auch bei der Eröffnung der Logistikplattform 2030 transparent kommuniziert.»

«Elfspurigkeiten» machen die Migros schwerfällig

Ein weiteres Thema der Dok sind die Mehrspurigkeiten im täglichen Betrieb, der durch die Struktur mit elf Regionalgenossenschaften verursacht wird. Viele Filialen der Migros-Fachmärkte seien deshalb in den letzten Jahren unrentabel gewesen.

Grund sei die überkomplexe Struktur mit einer Zentrale, die Ware für alle Fachmärkte eingekauft hat, und den Regionen, die die Läden betrieben haben. Dadurch seien allein 2022 Verluste von 100 Millionen eingefahren worden.

Statt die Strukturen zu vereinfachen, seien die Fachmärkte von den Regionalgenossenschaften teilweise quersubventioniert worden.

In der Dok nimmt der neue Verwaltungsratspräsident Guido Rast ausführlich zur Kritik Stellung. Auch der frühere Migros-Chef Jules Kyburz, heute 93 Jahre alt, kommt zu Wort und übernimmt einen Teil der Verantwortung, etwa für den Kauf der Globus-Warenhauskette. Diese wurde von der Migros 2020 an den österreichischen Immobilienhai René Benko verkauft – der Preis lag 20 Prozent tiefer, als der Detailhändler dafür bezahlt hatte.