Chipmangel bremst ProduktionKurzarbeit bei Schweizer Autozulieferern
Bei den grossen Autobauern harzt die Produktion, bis zu elf Millionen Fahrzeuge können nicht hergestellt werden. In der Schweiz reagieren die ersten Zulieferer mit Gegenmassnahmen.
Der Versorgungsengpass bei Computerchips bremst weltweit die Autoproduktion aus. Die Autobauer VW, BMW oder Daimler produzieren daher viel weniger Fahrzeuge als üblich. Die Krise hat Folgen für die Schweizer Autozulieferer: So erklärte Autoneum auf Anfrage, mit der «Reduktion von Leiharbeitskräften, dem Abbau von Urlaub und Gleitzeitguthaben oder Kurzarbeit» auf die aktuelle Marktentwicklung zu reagieren. «Die 260 Mitarbeitenden am Schweizer Produktionsstandort Sevelen SG befinden sich seit Oktober in Kurzarbeit», so eine Sprecherin.
Autoneum fertigt unter anderem Dämmmatten und Motorenabdeckungen für die Autohersteller und ist damit unmittelbar von den Produktionskürzungen bei den grossen Herstellern betroffen. Wegen des anhaltenden Chipmangels rechnet die Strategieberatung Boston Consulting Group damit, dass allein in diesem Jahr bis zu elf Millionen Autos weniger gebaut werden. Eigentlich hatte die Branche nach dem Corona-Jahr 2020 in diesem Jahr wieder mit höheren Umsätzen gerechnet. Das wird nun zunehmend fraglich.
«Es kann sein, dass die Hersteller kurzfristig eine Bestellung stornieren oder zeitlich nach hinten verschieben.»
«Die Situation ist kritisch», sagt auch Markus Henzi, der bei Swissmem die Industriegruppe Automotive leitet. Bei vielen Schweizer Autozulieferern sei zwar der Auftragsbestand gut gefüllt. «Doch es kann sein, dass die Hersteller kurzfristig eine Bestellung stornieren oder zeitlich nach hinten verschieben», erklärt er.
Hat ein Autohersteller Chips bekommen, werde produziert. Ohne Chips stehen die Bänder still. Daher sei es für die Zulieferer derzeit schwer, die Fertigung zu planen. Laut Henzi gäbe es andere Schweizer Zulieferfirmen, die wegen dieser Problematik ebenfalls Kurzarbeit erwägen. Namen will er keine nennen.
Die Zulieferer sind dabei ganz unterschiedlich stark betroffen: Der mittelständische Getriebehersteller Balance Drive AG zum Beispiel spürt von der Krise nach eigenen Angaben derzeit nichts. Zum einen weil die Autoindustrie nur eine von verschiedenen Kundengruppen sei, zum anderen weil das Unternehmen primär Entwicklungsarbeit leistet und Prototypen baut, heisst es vom Unternehmen. Die meisten Schweizer Zulieferer beliefern auch andere Kundschaft neben der Autoindustrie – da die Wirtschaft boomt, schafft diese Nachfrage einen Ausgleich.
Pleitewelle droht
So dramatisch wie in Deutschland scheint die Lage in der Schweiz bisher nicht zu sein. Beim nördlichen Nachbarn warnt die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie bereits vor einer Insolvenzwelle. Die ersten Anbieter wie die Bolta-Werke aus Franken oder der westfälische Zulieferer Heinze haben Insolvenz angemeldet. Und grosse Zulieferer wie Hella und Faurecia haben ihre Gewinnziele für das Jahr gekappt.
Neben der stark schwankenden Nachfrage wegen der Chipkrise kommt erschwerend hinzu, dass die Preise für Rohstoffe steigen. «Stahl wird zum Beispiel im nächsten Jahr um 40 Prozent teurer», sagt Zuliefervertreter Henzi. «Das Geschäft wird hart.»
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