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Kulturgeschichte des Schwerts
Als Waffe längst ausgedient – die Faszination ist ungebrochen

High contrast image of Excalibur, sword in the stone with light rays and dust specs in a dark cave

Es steckt im Stein und ist das wohl bekannteste Schwert der westlichen Kulturgeschichte: Excalibur gehörte dem legendären König Artus im frühmittelalterlichen Britannien. Schwerter gibt es seit Jahrtausenden, als Waffen haben sie längst ausgedient. Trotzdem sind sie noch heute ein Symbol von Macht und Status und haben in der Populärkultur einen festen Platz. Woher diese Faszination kommt, damit beschäftigt sich das neue Buch des britischen Historikers Robert W. Jones.

Bronzezeit, Kelten und Römer

Zu einer beliebten Waffe wurden die Schwerter in der Bronzezeit. «Es war die erste Waffe, die Menschen nur für den Kampf entwickelten und um sich gegenseitig zu töten», sagt Historiker Jones. Das gab dem Schwert eine besondere Stellung. Speere, Äxte, Messer oder Bögen dienten auch als Jagdinstrumente oder Werkzeuge, nicht so das Schwert. Obwohl es im Mittelalter einige Todesmutige gegeben habe, die versucht hätten, mit Schwertern Wildschweine zu erlegen.

In der Bronzezeit und vor allem in der Eisenzeit ab 800 vor Christus wurden die Menschen immer geschickter in der Metallverarbeitung. Schwerter zu giessen und zu schmieden, erforderte hohe handwerkliche Kunst. Der Schwerpunkt der Klinge muss an der richtigen Stelle liegen, Klinge und Griff müssen eine Einheit bilden.

Die ältesten bisher entdeckten Schwerter stammen aus dem vierten vorchristlichen Jahrtausend. Archäologen fanden sie in der Siedlung Arslantepe (heutige Türkei). Sie sind aus arsenhaltigem Kupfer gegossen.

From Arslantepe mound, 7th period, 3000-2750 BC. These artifacts found collectively in one layer are made of bronze, are arsenic alloyed and some are silver inlaid. Because of the period, their forms, inlays and arsenic alloy give these works a unique place in the archaeological literature. The text (in 2005) claimed these were the oldest swords ever found, near remains of a palace that also was claimed to be the oldest ever found. This may have changed since.
Ausgestellt im Malatya Museum
https://arkeonews.net/the-worlds-oldest-and-first-swords-ever-discovered/

Die Länge der Schwerter variierte im Lauf der Geschichte. In der jüngeren Eisenzeit, auch Latènezeit genannt (480–30 v. Chr.), waren sie zu Beginn eher kurz. Die Kelten kämpften im ersten vorchristlichen Jahrhundert dann mit langen Klingen und aus dem Sattel.

Von den keltischen Reiterkriegern kopierten die Römer ihr Langschwert, auch Spatha genannt. Fast bekannter noch aber war das römische Kurzschwert, das der Geschichtsschreiber Tacitus (58 –120 n. Chr.) Gladius nannte und das auch den Gladiatoren ihren Namen gab. Die Klinge des Gladius mass 40 bis 55 Zentimeter.

Das mystische Schwert

Es gibt viele alte Funde von Schwertern aus der vorchristlichen Zeit und aus dem ersten Jahrtausend. Das hat mit einer besonderen Praxis zu tun, die in Teilen Europas erst mit der Christianisierung verschwand: Häufig deponierten Menschen Schwerter in Gewässern oder Mooren. Und es sind dies nicht nur Waffen, die zufällig beim Überqueren eines Sees oder eines Flusses verloren gingen.

In der Schweiz gibt es mehrere Funde aus Gewässern, beispielsweise am Neuenburgersee oder in Bern-Tiefenau, die aus der jüngeren Eisenzeit (Latènezeit) stammen. In den spät christianisierten Gebieten im Norden Europas existierte diese Praxis noch bis ins neunte oder zehnte Jahrhundert. So gibt es auch Funde von Wikingerschwertern im Wasser.

Wikingerschwerter im Museum of Cultural History in Oslo.

Doch warum legten Menschen wertvolle Waffen in Gewässern ab? Gerade im Frühmittelalter konnte sich nicht jeder, der das wollte, ein Schwert leisten. «Das Wasser galt als Grenze zwischen der realen und der spirituellen Welt», sagt Jones. Weil es durchsichtig und endlos scheint und man sich darin spiegeln kann, nahmen es die Menschen als Übergang zwischen den Welten wahr. So wie der Himmel als Sitz von Göttern und Göttinnen gelten konnte, war auch das Wasser eine magische Sphäre.

Wer einen wertvollen Gegenstand in einen tiefen See versenkte oder ihn einem reissenden Fluss anvertraute, der zeigte zudem, dass sein Opfer endgültig war. Manchmal wurden die Waffen auch unbrauchbar gemacht, die Schwerter verbogen.

Möglicherweise sollte das Schwert über das Wasser auch den Weg ins Jenseits zu einem verstorbenen Krieger finden. «Es fällt auf, dass sich die Deponierung von Schwertern in Gräbern und Gewässern zu bestimmten Zeiten gegenseitig ausschliesst», schreibt Kurator Thomas Hoppe im Ausstellungsband «Faszination Schwert» des Landesmuseums Württemberg.

Die Ritter und das Kreuz

Das Schwert ist ein fester Bestandteil der Ritterkultur. «Obwohl wir uns das Schwert im Mittelalter, auch wegen der Artus-Sage, als magisches Objekt vorstellen, war es das ab dem Hochmittelalter nicht mehr», sagt Jones. Mit der Christianisierung und der höfischen Kultur verlor das Schwert seine mystischen Bezüge. «Die Vorstellung, dass Objekte irgendeine Art von Macht besitzen, machte die christliche Kirche nervös.» Man habe sich nun vielmehr vorgestellt, dass Gott durch die Waffe wirke, die Waffe selbst aber keine Macht besitze.

Seine Symbolkraft verlor das Schwert trotzdem nicht. Auch weil es in der Form einem Kreuz ähnelt, obwohl das Schwert viel älter als das Christentum ist. Im Hochmittelalter gab es sogar Schwerter, die sich in ihren Proportionen an den Prinzipien der gotischen Kathedralen-Architektur orientierten.

In der Bibel kommt das Schwert schon im Alten Testament vor, wenn Engel mit flammenden Schwertern auftreten. Auch in der Anfangszeit des Christentums wurde ihm eine wichtige symbolische Rolle zugeschrieben. Zu tun habe das mit seiner «weltlichen Bedeutung zur Zeit der ersten Christen», wie die Kuratorin Ingrid-Sybille Hoffmann im Ausstellungsband «Faszination Schwert» schreibt.

«Trotzdem findet man den Bezug zwischen Kreuz und Schwert im Hochmittelalter seltener, als wir annehmen würden», sagt Jones. Auch wenn es Darstellungen gebe von Rittern, die das Schwert an jener Stelle küssen, wo Klinge und Griff sich treffen.

Auch Jon Snows Schwert in der TV-Serie  «Game of Thrones» trägt einen Namen: Longclaw.

«Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz gab es im Spätmittelalter keine höfische Kultur, aber trotzdem reiche Bürger oder Patrizier, die an Ritterturnieren teilnahmen», sagt der Mittelalter-Historiker Daniel Jaquet vom Labor für experimentelle Museologie der ETH Lausanne. Zudem waren die Bürger in den spätmittelalterlichen Schweizer Städten dazu verpflichtet, ihre Städte mit Waffen zu verteidigen. Jaquet forscht zu Fechthandbüchern im Spätmittelalter und testet den Gebrauch von Waffen und Rüstungen.

Wer kämpfte mit den Schwertern?

Nicht nur auf dem Gebiet der heutigen Schweiz sollten Bürger im Spätmittelalter ihre Städte mit Waffen verteidigen können. Auch in anderen europäischen Städten galt diese Regel. So gab es im Florenz des 13. Jahrhunderts beispielsweise eine lange Liste mit all den Waffen, die ein Bürger besitzen musste. Das führte im Hoch- und vor allem dem Spätmittelalter auch zu einer Demokratisierung. Immer mehr Handwerker, Händler oder Studenten besassen ebenfalls Schwerter.

Und was sagen die Experten zur Debatte der letzten Jahre, ob es in der Vergangenheit Kämpferinnen gab? «Physisch ist eine Frau genauso dazu in der Lage, mit einem Schwert zu kämpfen wie ein Mann», sagt Jaquet. Er habe Sparringspartnerinnen, die schneller seien als er selbst. «Es ist keine Frage, dass Frauen körperlich zum Schwertkampf in der Lage sind», sagt auch Jones. Entscheidend seien vielmehr die sozialen Regeln der jeweiligen Gesellschaft, in der sie lebten.

Warum sind Schwerter noch heute populär?

Schwerter sind tödliche Waffen. Unzählige Menschen sind durch sie gestorben. Und doch ist die Faszination für sie ungebrochen. In der Populärkultur sind sie in den letzten Jahrzehnten noch beliebter geworden. Zu tun hat das einerseits mit dem Fantasyboom, der schon länger anhält. «Aber die Faszination für diese symbolträchtige Waffe war eigentlich über die verschiedensten Zeitepochen immer da», sagt Jaquet. Jeder wisse, was ein Schwert sei, auch Menschen, die sich nicht für Waffen interessierten.

Ihre Bedeutung als Machtsymbol haben die Schwerter bis heute nicht verloren. Sie sind noch immer Teil von Krönungszeremonien. Auch wenn der englische König jemanden aus der Unterhaltungsindustrie oder der Sportwelt zum Ritter schlägt, kommen sie zum Einsatz.

Schwerter haben in Büchern, Filmen und TV-Serien Namen wie Excalibur. Aragorns Schwert in Tolkiens «Lord of the Rings»-Epos heisst Anduril, Jon Snows Waffe in «Game of Thrones» trägt den Namen Longclaw. Das geht zurück auf eine Zeit, als den Waffen magische Kräfte zugeschrieben wurden. Und sogar in Science-Fiction-Sagas spielen sie eine Rolle. Wenn es brenzlig wird, ziehen die Jedi in «Star Wars» ihre Lichtschwerter.