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Milliardendeal des Pharmariesen
Kritik am Mega-Aktienrückkauf von Novartis

Novartis-Chef Vas Narasimhan spricht bei der Generalversammlung des Konzerns, rechts neben ihm sitzt Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt. Die Konzernführung versucht nun, mit teuren Aktienrückkäufen dem Novartis-Kurs neues Leben einzuhauchen.
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Auf einmal geht es schnell: Vor gut zwei Wochen erklärte Novartis-Chef Vas Narasimhan in der «Finanz und Wirtschaft», dass der Pharmariese «in den nächsten Monaten für Klarheit» sorgen wolle, was er mit dem Milliardensegen aus dem Verkauf des Roche-Aktienpakets vorhat.

Nun schafft Narasimhan Fakten: Von den rund 19 Milliarden Franken aus dem Verkauf der 53,3 Millionen Roche-Aktien will Novartis bis zu 15 Milliarden Franken in eigene Aktien investieren. Der Rückkauf soll sich bis Ende 2023 hinziehen.

Gewinn muss weniger geteilt werden

Die Börse und Analysten jubelten angesichts des Milliardensegens. Rein mechanisch steigt damit der Gewinn je Aktie, was den Kurs treibt: Denn die aufgekauften Papiere werden vernichtet. Damit sinkt die Zahl der Novartis-Aktien, und die Jahresausschüttung muss auf weniger Aktien aufgeteilt werden.

Diese Art der Kurspflege stösst indes auch auf Kritik: «Aktienrückkäufe bedienen kurzfristig denkende Aktionäre», moniert Vincent Kaufmann, Geschäftsführer des Stimmrechtsberaters Ethos. «Operativ hat die Firma nichts davon, denn die Zukunftsaussichten verbessern sich durch diese pure Finanztransaktion nicht.»

Kurseffekt dürfte verpuffen

Vontobel-Analyst Stefan Schneider entgegnet, dass angesichts des sehr tiefen Kursniveaus der Novartis-Aktie der Kauf der eigenen Aktie ein gutes Investment sei. Aber auch er meint: «Der Rückkauf wird nicht dazu führen, dass Investoren eine Neubewertung der Novartis vornehmen werden.» Zu Deutsch: Der Kurseffekt dürfte schnell verpuffen.

Roche-Insider waren seinerzeit vollkommen überrascht, als Novartis im Herbst auf einmal das Aktienpaket seinem Lokalrivalen zum Kauf anbot. Noch überraschter zeigten sich Roche-Kreise, als klar wurde, dass der Konzern offenbar keinen blassen Schimmer hatte, was er mit dem vielen Geld eigentlich anstellen sollte.

Nun verfeuert Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt das Geld grösstenteils eilig in Aktienrückkäufe. «Es ist zu vermuten, dass diese Pressemitteilung aufgrund des Drucks von Investoren erfolgt, die wegen der mangelnden Visibilität bei der Kapital-Allokation nach dem Verkauf des Roche-Pakets besorgt sind», kommentierte Laurent Flamme, Analyst der Zürcher Kantonalbank.

Sprich, Anleger sorgten sich, Novartis könne mit dem Milliardensegen aus dem Roche-Verkauf auf teure Einkaufstour gehen. Die Konzernführung dementierte zwar immer, grössere Deals ins Auge fassen zu wollen, doch das konnte die Gemüter nicht beruhigen.

«Sie werden kein anderes Unternehmen finden, bei dem ich im Verwaltungsrat bin, das einen Aktienrückkauf durchgeführt hat.»

Christoph Franz, Verwaltungsratspräsident von Roche

«Nun aber scheint mir der Verwaltungsrat ins andere Extrem zu verfallen, denn gerade der grösste Teil des Verkaufserlöses soll nun einfach ausgeschüttet werden», bemängelt Ethos-Chef Kaufmann.

Interessant: Roche-Präsident Christoph Franz hält nichts von Rückkäufen. «Sie werden kein anderes Unternehmen finden, bei dem ich im Verwaltungsrat bin, das einen Aktienrückkauf durchgeführt hat», sagte er jüngst dieser Zeitung. «Denn wenn uns Aktionäre ihr Geld anvertrauen, dann haben wir die Verpflichtung, dieses Geld im Sinne des Geschäftszwecks des Unternehmens einzusetzen.» Der Rückkauf des Aktienpakets von Novartis durch Roche sei eine «einmalige» Ausnahme, versicherte Franz.

Pipeline wird skeptisch gesehen

Kommt dazu: Das Grundproblem lösen Reinhardt und sein CEO mit dem Milliardengeschenk an die Aktionäre nicht: «Novartis leidet daran, dass viele Anleger die Pipeline skeptisch beurteilen. Auch die bisher getätigten Zukäufe haben nicht immer das geliefert, was eingangs versprochen wurde», sagt Vontobel-Experte Schneider. Daher ist die Novartis-Aktie derzeit viel tiefer bewertet als jene von Roche.

Gebetsmühlenartig wiederholt die Novartis-Führung, dass die Wachstumschancen intakt seien. Am Donnerstag bekräftigte Novartis erneut seine Prognose, dass der Umsatz pro Jahr bis 2026 im Schnitt um vier Prozent wachsen solle dank 20 aussichtsreicher Produktkandidaten. Aber irgendwie scheint die Nachricht nicht durchzudringen.

Vor diesem Hintergrund scheinen Zukäufe eigentlich ein probates Mittel zu sein, um aussichtsreiche Wirkstoffkandidaten ins Haus zu holen. Aber auch hier ist das Misstrauen gegenüber Novartis offenbar gross. Analysten verweisen in dem Kontext auf den Kauf von The Medicines Company vom Herbst 2019 für fast zehn Milliarden Dollar.

Kritik an teuren Zukäufen

Novartis bekam damit einen einzigen Wirkstoff, den Cholesterinsenker Leqvio. Wegen Problemen in einem Produktionswerk ist das Mittel aber immer noch nicht im wichtigen US-Markt zugelassen. Und die Kritik wird lauter, dass Novartis zu viel für The Medicines Company bezahlt habe.

Doch Novartis nimmt jedes Jahr Milliarden ein und hat bei der Verschuldung noch Luft. Zudem kann die Generika-Tochter Sandoz ebenfalls zu Geld gemacht werden. Der Konzern hat finanziell also trotz Aktienrückkauf noch Spielraum, in die eigene Forschung zu investieren und Ergänzungszukäufe zu tätigen. Wenn er denn gute findet.