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Paukenschlag bei Pharmariesen
Die wichtigsten Punkte zum Roche-Novartis-Milliardendeal

Roche will die zugekauften Aktien vernichten: Sitz von Roche Diagnostics International AG in Rotkreuz ZG.
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Es ist eine grosse Überraschung: Nach mehr als 20 Jahren verkauft Novartis die Roche-Beteiligung. Den Anteil von Novartis – immerhin ein Drittel am Konkurrenten aus der gleichen Stadt – übernimmt Roche gleich selber. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Deal.

Warum verkauft Novartis den Anteil?

Der Pharmakonzern Novartis verdient mit dem Schritt erst mal richtig viel Geld. Über 20 Milliarden Franken zahlt Roche für den Anteil. Es sei nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Beteiligung zu monetisieren, lässt sich Novartis-CEO Vas Narasimhan in einer Mitteilung vom Donnerstag zitieren. Die Beteiligung sei immer als ein reines Finanzinstrument gesehen worden. Nachdem der Kurs der Inhaberaktien zuletzt auf historischen Höchstständen notiert habe, sei die Gelegenheit günstig gewesen, um auszusteigen.

Die Megatransaktion geht auf eine Initiative von Novartis zurück. Im September hielt die Konzernführung ihre jährliche Strategietagung ab. Dabei wurde beschlossen, Roche das Aktienpaket anzudienen. Novartis bezieht aus dem Paket zwar jedes Jahr eine dreistellige Millionensumme an Dividenden, aber strategisch macht das Paket keinen Sinn. Dass derzeit die Roche-Aktie auf hohem Niveau notiert, hat die Verkaufsbereitschaft weiter gefördert.

Der Blockverkauf an Roche hat für Novartis handfeste Vorteile. Andernfalls hätte Novartis das Paket zerstückeln und mithilfe von Investmentbanken scheibchenweise an den Markt bringen müssen. Wäre das an die Öffentlichkeit gedrungen, hätte der laufende Verkauf den Wert der Roche-Aktie sicher belastet, und Novartis hätte sich mit dem Verkauf am Ende selbst geschädigt. Dank des Blockverkaufs kann Novartis nun einen satten Buchgewinn von nicht weniger als 14 Milliarden Franken einstreichen – und das in einem Streich.

Was macht Novartis nun mit den 19 Milliarden Franken aus dem Beteiligungsverkauf?

Offiziell lautet die Antwort, dass das Geld «gemäss dem Kapitalallokationsplan eingesetzt werden soll, um Mehrwert für Aktionäre zu schaffen». Ins Deutsche übersetzt heisst das: Novartis will mit dem Milliardensegen nun neue Zukäufe tätigen. Gelingt dies nicht in nützlicher Frist, wird Novartis mit dem Geld aus dem Roche-Verkauf eigene Aktien zurückkaufen.

Novartis-Chef Vasant Narasimhan, hier mit Vorgänger Joe Jimenez (l.) 2018, will durch Zukäufe neue Technologien und Wirkstoffe in den Konzern holen.

Branchenkenner vermuten, dass Novartis sich bis zu zwei Jahre Zeit lassen dürfte, um einen oder mehrere geeignete Zukaufziele ausfindig zu machen. Derzeit scheint aber noch nichts spruchreif zu sein.

Die Strategie von Konzernchef Narasimhan beruht unter anderem darauf, durch Zukäufe neue Technologien und Wirkstoffe in den Konzern zu holen. So hatte er 2018 für 8,7 Milliarden Dollar das Biotechunternehmen Avexis gekauft, das die Gentherapie Zolgensma entwickelt hat.

Seit wann hielt Novartis Roche-Anteile?

Am Ursprung der langjährigen Geschichte stand der heutige Helvetic-Besitzer und umtriebige Investor Martin Ebner. Er verkaufte seinen Roche-Anteil von 20 Prozent an Novartis. In der Folge steigerte Novartis seinen Anteil an Roche kontinuierlich.

Als der Deal bekannt wurde, gab es sofort Spekulationen darüber, ob die beiden Pharmariesen nun fusionieren wollen. Selbst Beteuerungen von Novartis-Chef Daniel Vasella und von Roche-Chef Franz Humer konnten die Spekulationen dazu nicht bremsen. In ersten Reaktionen zeigten sich Gewerkschaften damals alarmiert. Sie fürchteten einen Personalabbau.

Novartis war seit Mai 2001 Aktionär von Roche und hält derzeit 53,3 Millionen der Inhaberaktien, was etwa einem Drittel der insgesamt ausstehenden Inhaberaktien entspricht. Den Anteil hatte Novartis zwischen 2001 und 2003 für einen Gesamtbetrag von rund 5 Milliarden Dollar erworben. Mit dem Verkauf der Roche-Aktien verabschiedet sich Novartis endgültig vom Erbe des ehemaligen starken Manns Vasella. Er hatte massgeblich die Fusion aus Sandoz und Ciba Geigy vor 25 Jahren vorangetrieben und den Novartis-Konzern geprägt.

Was passiert nun mit den Aktien?

Wie Roche in einer separaten Mitteilung schreibt, wurde der geplante Rückkauf der Aktien vom Verwaltungsrat genehmigt und wird mit Fremdmitteln finanziert. Als Ergebnis der Transaktion finde eine Gewinnverdichtung für alle Aktionäre und Genussscheininhaber von Roche statt.

Die Aktien werden von Roche zu einem Preis von 356.93 Franken pro Stück zurückgekauft.

Verwaltungsratspräsident Christoph Franz (l.) und CEO Severin Schwan am 125-Jahr-Jubiläum von Roche in diesem Herbst. 

Gleichzeitig plant Roche für den 26. November eine ausserordentliche Generalversammlung. Sie soll eine Kapitalherabsetzung genehmigen, in deren Zuge man die von Novartis zurückgekauften Aktien vernichtet, wie Roche weiter mitteilte.

Was bringt der Deal für die Roche-Familie?

Der Milliardendeal macht für Roche Sinn. Denn mit dem Novartis-Paket im Nacken hätte immer die Gefahr bestanden, dass Novartis seine Stimmrechte einmal einsetzen könnte, um Roche in irgendeiner Form auszubremsen.

Zudem profitieren die Eignerfamilien Hoffmann und Oeri von der Transaktion. Denn Roche will die zugekauften Aktien vernichten. Damit steigt der Anteil der Roche-Erben von derzeit knapp über 50 Prozent weiter an, auf 67,5 Prozent.

Sprich: Dank der Novartis-Transaktion muss Erbenvertreter André Hoffmann nicht fürchten, dass die Familie die Kontrolle bei Roche verliert, sollte eines Tages ein Familienerbe mit seinem Anteil aussteigen wollen. Dank des gestiegenen Anteils der Familie hat der Erbenpool in diesem Punkt nun etwas Luft.

Mit Material von Keystone-SDA